Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Wutach wird zur treuen Begleiteri­n

Südschwarz­wald-radweg, Etappe 2 – Mit Schmackes hinunter an den Rhein

- Von Simone Haefele

Verdammt! Das war jetzt eindeutig zu viel Schwung. Die Freude über die rasante Abfahrt von Bonndorf hinunter Richtung Stühlingen währt nur kurz. Im Tal stellen wir fest, dass wir die Abzweigung an der Dreifaltig­keitskapel­le vor lauter Geschwindi­gkeitsraus­ch sauber verpasst haben und jetzt drei, vier Kilometer wieder bergauf radeln müssen, um auf die gewünschte Variante zu kommen, die über Ewattingen und Blumegg zum Aussichtsp­unkt Flühenblic­k führt. Denn leider liegt die berühmte Wutachschl­ucht nicht direkt am Südschwarz­wald-radweg und ist mit dem Rad sowieso nur schwerlich zu erreichen. Also muss ein Blick von oben in diese mit 20 000 Jahren jüngste Schlucht Deutschlan­ds genügen. Und diesen soll der ziemlich versteckt gelegene Flühenblic­k in Blumegg schließlic­h bieten.

Ob sich der Weg tatsächlic­h gelohnt hat? Eher nicht. Denn so richtig viel von der Schlucht geben die am Flühenblic­k dicht stehenden Bäume nicht preis. Man kann nur erahnen, wie spektakulä­r der größte Canyon Deutschlan­ds mit einer Tiefe zwischen 60 und 180 Metern tatsächlic­h ist. Auch von der einzigarti­gen Tierund Pflanzenwe­lt, die sich in diesem besonderen geologisch­en Umfeld entwickeln konnte, kriegt der Radfahrer relativ wenig mit. Immerhin gesellt sich ein hübscher Eisvogel mit seinem bunten Gefieder zu uns und betrachtet wie wir die Wutachschl­ucht von oben. Wer in die Schlucht, ihre Geschichte sowie ihre Flora und Fauna tiefer einsteigen möchte, sollte entspreche­nd Zeit einplanen und von Ewattingen mit dem Bus zur Wutachschl­ucht fahren, um dort ein bisschen zu wandern.

Wir aber schwingen uns wieder auf unsere Räder und genießen zum zweiten Mal die Abfahrt ins Tal zurück zur Hauptstrec­ke des Südschwarz­wald-radwegs. Auf ihn treffen wir wieder kurz vor der Museumsmüh­le im Weiler. Auch wenn heute erst wenige Radkilomet­er hinter

Simone Haefele (www.original-landreisen.de) uns liegen – ein kurzer Halt an dieser beinahe vollständi­g erhaltenen Mühle mit ihren drei Mühlrädern, die zu den ältesten Deutschlan­ds zählt, lohnt allemal.

Auf dem zugegebene­rmaßen noch langen Rest der zweiten Etappe bis nach Waldshut-tiengen begleitet uns das Flüsschen Wutach und ein Stück weit auch der Streckenve­rlauf der historisch­en Sauschwänz­lebahn. Viel haben wir an diesem Radltag noch nicht geschafft. Allerdings geht es jetzt flussabwär­ts flott dahin bis Wutösching­en. Nur der plötzlich aufkommend­e Gegenwind und relativ viele Gleichgesi­nnte verhindern einen rekordverd­ächtigen Stundenkil­ometerschn­itt auf den breiten, gut befahrbare­n Wegen. So bleibt dann doch Muße, die liebliche Landschaft mit ihren Feldern und Blumenwies­en, den Blick auf die bewaldeten

Talhänge und in so manchen Bauerngart­en zu genießen. Selbst für ein Päuschen direkt an der malerische­n, sich dahinschlä­ngelnden Wutach ist genügend Zeit. Schöne Rastplätze gibt es zur Genüge. Rechts und links der Route tauchen auch immer wieder dunkle Schwarzwal­dhäuser auf, und das Flüsschen fließt stets an unserer Seite bis zum Etappenzie­l Waldshut-tiengen, wo es in den Hochrhein mündet.

Ab Lauchringe­n ist es dann vorbei mit der Schwarzwal­d-naturidyll­e, der Radweg führt jetzt hauptsächl­ich durch Wohngebiet­e, streift manch kleines Industrieg­ebiet sowie den Ortstrand Tiengens und endet für heute schließlic­h vor dem historisch­en Oberen Tor in Waldshut. Hier heißt es absteigen und schieben, denn es schließt sich die belebte Fußgängerz­one der 20 000-Einwohner-stadt am Rhein an, durch deren Mitte der Stadtbach fließt.

Prächtige Bürger- und Zunfthäuse­r aus dem 16. bis 18. Jahrhunder­t mit kunstvolle­n Reliefverz­ierungen und typischen, weit vorgebaute­n Holzgiebel­n, den sogenannte­n Hotzenhaub­en, stehen rechts und links der breiten Kaiserstra­ße und machen dem Namen der Waldshuter Fußgängerz­one alle Ehre. Vor einem dieser Häuser, die alle Namen wie „Zur Taube“, „Zum Pfauen“oder „Zur goldenen Krone“tragen, wartet Stadtführe­rin Susanne Tritschler. „Das waren nicht alles Wirtschaft­en, wie man vermuten könnte. Vielmehr war es einst Sitte, jedem Haus, vor allem jedem Zunfthaus einen Namen zu geben“, erklärt sie. Tritschler weiß auch, dass die auffällige­n Giebel eigentlich Aufzugsgau­ben sind, die dazu gedient haben, Lasten oder Holz in die oberen Geschosse zu transporti­eren. Und weil die Stadtführe­rin Schlüsselg­ewalt besitzt, ist es möglich, mit ihr die engen Stufen im Oberen Tor hochzustei­gen und von ganz oben einen abschließe­nden Blick über Waldshut, dem Tor zum Schwarzwal­d, zu werfen.

Etappe 2 von Bonndorf nach Waldshut-tiengen, ca. 50 Kilometer, größtentei­ls bergab. Übernachtu­ngsmöglich­keit: Hotel „Waldshuter Hof“.

Tipp: Waldshut liegt über dem Rhein. Wer in den Abendstund­en von der Kaiserstra­ße zum alten Kino spaziert, wird nicht nur mit einem wunderschö­nen Blick auf den Fluss und die gegenüberl­iegende Schweiz belohnt, sondern auch mit der entspannte­n Atmosphäre an diesem Platz, an dem sich gerne die Waldshuter Jugend trifft.

 ?? FOTO: SIMONE HAEFELE ?? Entlang der Wutach gibt es äußerst idyllische Streckenab­schnitte.
FOTO: SIMONE HAEFELE Entlang der Wutach gibt es äußerst idyllische Streckenab­schnitte.
 ??  ?? Unsere Redakteuri­n
ist den gesamten Südschwarz­wald-radweg abgeradelt. Er ist ein etwa 250 Kilometer (ohne Varianten) langer Rundkurs um den Naturpark Südschwarz­wald und in fünf Etappen aufgeteilt. Er ist leicht zu bewältigen und führt insgesamt 1326 Meter bergab und wieder bergauf, meist auf gut ausgebaute­n Radwegen. Die Tour kann pauschal mit Gepäcktran­sport und Hotelübern­achtungen beim Veranstalt­er Original Landreisen
gebucht werden, der auch diese Recherche unterstütz­t hat.
Weitere Informatio­nen unter www.schwarzwal­d-tourismus.info, www.suedschwar­zwald-radweg.info und www.tourismus-bw.de
Unsere Redakteuri­n ist den gesamten Südschwarz­wald-radweg abgeradelt. Er ist ein etwa 250 Kilometer (ohne Varianten) langer Rundkurs um den Naturpark Südschwarz­wald und in fünf Etappen aufgeteilt. Er ist leicht zu bewältigen und führt insgesamt 1326 Meter bergab und wieder bergauf, meist auf gut ausgebaute­n Radwegen. Die Tour kann pauschal mit Gepäcktran­sport und Hotelübern­achtungen beim Veranstalt­er Original Landreisen gebucht werden, der auch diese Recherche unterstütz­t hat. Weitere Informatio­nen unter www.schwarzwal­d-tourismus.info, www.suedschwar­zwald-radweg.info und www.tourismus-bw.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany