Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Vision eines ökumenischen Kirchencampus
Neubau mit symbolischem Charakter: Caritas-zentrum entsteht an der Waldseer Straße
- Es ist nicht einfach irgendein Neubau, der auf dem Gelände der ehemaligen Neffschen Fahnenfabrik an der Waldseer Straße in Biberach entsteht. Es ist ein Neubau mit symbolischem Charakter, den die Caritas dort geplant hat. In unmittelbarer Nähe zum Alfons-auer-haus und dem evangelischen Martin-luther-gemeindehaus kann so mitten in Biberach ein ökumenischer Kirchencampus realisiert werden. Zumindest ist das die Vision von Peter Grundler, Leiter der Caritasregion Biberach-saulgau: „In dieser Form würde ein Unikat entstehen, das weit über die Region hinaus ein Zeichen der Ökumene setzen würde.“
Die Bauarbeiten für das neue Caritas-zentrum haben bereits Anfang Juni begonnen, im ersten Halbjahr 2023 rechnen die Verantwortlichen mit der Fertigstellung. Dann steht der Umzug aus dem benachbarten Alfons-auerhaus an. Ziel ist es, nahezu alle Dienste der Caritas im dreigeschossigen Neubau unterzubringen. Lediglich die psychologische Familien- und Lebensberatung wird weiterhin im Haus an der Kolpingstraße zu finden sein. Für das Bauprojekt waren ursprünglich Kosten von rund 4,5 Millionen Euro angesetzt. „Das war unsere Hoffnung, als wir mit den Planungen begonnen haben“, sagt Peter Grundler. „Aber in Anbetracht der Baupreisentwicklung wird es wohl teurer werden.“Wie hoch die Mehrkosten am Ende sein werden, wird sich zeigen.
Aktuell befinden sich die Dienste der Caritas zusammen mit den Einrichtungen des Katholischen Dekanats Biberach im Alfons-auer-haus. Die Räumlichkeiten reichen aber schon seit Jahren nicht mehr aus. „Eigentlich hätte der Neubau schon vor drei Jahren realisiert werden sollen“, sagt Peter Grundler.
Bereits vor vier Jahren hat das katholische Dekanat das Grundstück an der Waldseer Straße erworben. Ziel war es damals, das Alfons-auer-haus zu erweitern. Diese Planungen konnte das Dekanat nicht realisieren und es musste eine alternative Planung her. Gemeinsam wurde nun die Lösung eines Caritas-neubaus gefunden. Auf Basis des Erbbauvertrags errichtet nun der Caritasverband der Diözese Rottenburg-stuttgart mit der Caritas Biberach-saulgau ein Gebäude, das den Bürgerinnen und Bürgern künftig für Beratungen und Begegnungen zur Verfügung steht. „Es soll ein lebendiger Ort werden, an dem Beratung und Begleitung, aber auch Kulturelles möglich sein können“, sagt Peter Grundler. „Ein Ort, der einlädt und für alle Menschen offensteht.“Dies gelte für alle Ratsuchenden und die vielen ehrenamtlichen Partnerinnen und Partner.
Für den Neubau verantwortlich ist das Biberacher Architekturbüro Gurland und Seher. Auch für die Architekten ist das Bauprojekt ein besonderes: „Hier entsteht eine schöne Verbindung der beiden christlichen Kirchen“, sagt Rolf Gurland. „Das hat auch etwas mit dem Simultaneum zu tun und setzt sich an dieser Stelle in Biberach fort.“Zudem könne über den Fußweg, der sich vom Wielandpark bis zur Raustraße zieht, eine Verbindung geschaffen werden.
Im Vorfeld der Baugenehmigung befasste sich auch der Gestaltungsbeirat der Stadt Biberach mit den Planungen zum Caritas-neubau und war vom Konzept überzeugt. Auch die Verantwortlichen der evangelischen Kirchengemeinde und des evangelischen Kirchenbezirks wurden in die Planungen miteinbezogen. „Dies war und ist wichtig, da auch die evangelischen Partner selbst an der Weiterentwicklung des Standorts Martinluther-gemeindehaus dran sind“, sagt Grundler.
Ebenfalls besonders und etwas ungewöhnlich wird die Lage des Haupteingangs sein. Denn dieser soll sich nicht an der Waldseer Straße befinden, sondern in Richtung Martinluther-gemeindehaus. Der Grund dafür ist die große Bergulme, die sich an dieser Stelle befindet. „Wir haben den Baum, der im Übrigen einer von nur zwei geschützten Bäumen in Biberach ist, in unsere Planungen miteinbezogen“, so der Architekt. „Der innere Hofraum hat sich bisher im Dornröschenschlaf befunden, durch den Neubau wird er wach geküsst.“
Die Zugänge zum Neubau werden alle barrierefrei gestaltet. Für das Gebäude wird außerdem ein nachhaltiges und umweltfreundliches Energieund Klimakonzept realisiert. „Für die Heiz- und Kühltechnik werden keine fossilen Rohstoffe verbraucht, das erfolgt alles übers Grundwasser und Sonnenenergie“, sagt Rolf Gurland. Auch in Sachen Hochwasserschutz haben sich die Architekten Gedanken gemacht. Von den Starkregenereignissen im Juni war auch die Baustelle betroffen: „Die Baugrube war teilweise überflutet, der Neubau wird aber so aufgestellt sein, dass dies in Zukunft kein Thema ist.“
Im Neubau werden rund 60 Arbeitsplätze für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingerichtet, zusätzlich gibt es Gemeinschaftsräume. Zum Konzept der Caritas gehört es aber auch weiterhin, in der Fläche aktiv zu sein. „Wir haben hier quasi künftig unser Mutterschiff, verfolgen aber auch in Zukunft verstärkt unseren Ansatz der Dezentralität“, so der Caritas-regionalleiter. „Die Präsenz der Fachteams in der Fläche wird darum ausgebaut und neben Biberach die Standorte Laupheim, Riedlingen, Bad Schussenried, Ochsenhausen und Bad Saulgau gestärkt.“So könne die Caritas auch weiterhin ihren Beitrag dazu leisten, nah bei den Menschen zu sein.