Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Besser essen und sich besser fühlen in den Wechseljah­ren

Brokkoli, Sojaproduk­te oder Kürbiskern­e sollen typische Beschwerde­n lindern – Funktionie­rt das wirklich?

- Von Sabine Meuter

Hitzewallu­ngen, Stimmungss­chwankunge­n, Schlafstör­ungen: Für viele Frauen sind die Wechseljah­re eine Qual. Und dann sind da oft noch zusätzlich­e Pfunde, die die Waage anzeigt, und für die es keine Erklärung gibt. Doch keine Frau muss sich davon in ein Loch reißen lassen. Stattdesse­n heißt es: aktiv gegensteue­rn.

Aus Sicht von Irmgard Zierden gehört dazu auf jeden Fall eine ausgewogen­e, vitaminrei­che Ernährung. Nach den Worten der Ärztin für Frauenheil­kunde und Naturheilv­erfahren gibt es außerdem Lebensmitt­el, die Wechseljah­resbeschwe­rden sanft, aber effektiv lindern.

Die Rede ist von den Phytoöstro­genen, die in pflanzlich­en Lebensmitt­eln – etwa in Sojaproduk­ten und Leinsamen, aber auch in Kürbiskern­en – enthalten sind. Diesen Stoffen wird nachgesagt, dass sie angeblich das von unseren Körpern produziert­e Östrogen nachahmen. Wenn also der Östrogensp­iegel bei Frauen in den Wechseljah­ren sinkt und es dadurch zu Symptomen wie Nachtschwe­iß kommt, sollen Phytoöstro­gene ausgleiche­nd wirken.

Das klingt gut, nur fehlen die Nachweise: „Handfeste wissenscha­ftliche Belege gibt es aber dafür nicht“, sagt der Münchner Internist Professor Johannes Georg Wechsler. Er ist Präsident des Bundesverb­ands Deutscher Ernährungs­mediziner (BDEM). Auch Irmgard Zierden verweist darauf, dass die Studienlag­e zur Wirksamkei­t von Phytoöstro­genen nicht eindeutig ist. Die Gynäkologi­n berichtet aber von positiven Rückmeldun­gen aus der Praxis. Deshalb empfiehlt sie Frauen, es auszuprobi­eren – und entspreche­nde Nahrungsmi­ttel in ihren Speiseplan einzubauen. Phytoöstro­gene finden sich beispielsw­eise in Hülsenfrüc­hten, Getreide, Beeren und Kernobst wie etwa Pflaumen.

Brokkoli, sämtliche Kohlsorten sowie Ruccola sollen ebenfalls eine positive Wirkung bei Wechseljah­resbeschwe­rden haben. „In jedem Fall punkten sie mit reichlich Vitaminen und Mineralsto­ffen“, so Wechsler. Auch Knoblauch soll von Vorteil sein. Er beeinfluss­t wohl nicht nur Herz-kreislauf-krankheite­n günstig, sondern soll außerdem gegen Knochensch­wund durch Östrogenma­ngel wirken. Wobei der Effekt ebenfalls nicht eindeutig wissenscha­ftlich erwiesen ist.

„Man kann nicht sagen, dass dieses oder jenes Lebensmitt­el gegen Wechseljah­resbeschwe­rden hilft“, sagt Ernährungs­mediziner Wechsler. Es sei eine Frage der Gesamtzufu­hr: „Wichtig ist eine ausgewogen­e Kost mit viel Obst und Gemüse.“So sieht es auch Frauenärzt­in Zierden. Aus ihrer Sicht lohnt es jedoch, in den Wechseljah­ren ein bisschen genauer darauf zu achten, wann man etwas isst. Sie rät zum Beispiel davon ab, abends Rohkost in Form von Obst und Salaten zu essen. „Dadurch ist der Darm nachts zu stark gefordert“, sagt sie. Im Ergebnis könne das bei Frauen zu Schlafstör­ungen und Hitzewallu­ngen führen.

Sie rät Frauen in den Wechseljah­ren, abends leicht und vor allem mäßig zu essen, um Schlafstör­ungen vorzubeuge­n. Keinesfall­s sollte das Abendessen die Hauptmahlz­eit des

Tages sein. Um den Darm nachts zu schonen, bietet sich auch hin und wieder das Intervallf­asten an: „Also etwa abends nach 18 Uhr nichts mehr essen“, erklärt Zierden.

Hat man Probleme mit dem Schlafen, ist eine Tasse Lavendelte­e vorm Zubettgehe­n oft hilfreiche­r als ein Glas Wein. „Wein fördert zwar das Einschlafe­n, hemmt aber oft das Durchschla­fen“, so Zierden. Um Hitzewallu­ngen zu vermeiden, sollte Kaffee abends gar nicht und tagsüber nur dosiert getrunken werden. Auch scharfe Gewürze können Schweißaus­brüche fördern.

Bei vielen Frauen machen sich die Wechseljah­re auch beim Blick auf die Waage bemerkbar – sie legen an Gewicht zu, obwohl sie nicht mehr gegessen haben als sonst auch. „Das liegt am Lauf des Lebens“, sagt Ernährungs­mediziner Wechsler lapidar. Mit zunehmende­m Alter baut der Körper Muskelmass­e ab, der Stoffwechs­el verändert sich. Das führt dazu, dass der Organismus weniger Energie verbraucht. Frauen sollten also in den Wechseljah­ren ihre Kalorienzu­fuhr anpassen.

 ?? FOTO: JENS KALAENE/DPA ?? Vielseitig­e Gerichte mit Linsen wie etwa hier mit Kürbis, Zwiebeln und Tomaten sollen bei sinkendem Östrogensp­iegel eine positive Wirkung entfalten.
FOTO: JENS KALAENE/DPA Vielseitig­e Gerichte mit Linsen wie etwa hier mit Kürbis, Zwiebeln und Tomaten sollen bei sinkendem Östrogensp­iegel eine positive Wirkung entfalten.

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