Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Offroad-fahren und Wildcampen für Einsteiger

Wegen Corona ist es kaum möglich, fremde Länder mit Auto und Zelt zu erkunden – dafür gibt es Abenteuer zum Üben

- Von Fabian Hoberg

Das Holz knistert heimelig, ein paar Vögel zwitschern in der Nacht. Beim Blick in die Glut können Camper sich in eine ferne Wildnis träumen: Namibia, Botsuana vielleicht Schottland oder Irland – auf jeden Fall weit weg. Doch dieses Outdoor-camp befindet sich mitten in Deutschlan­d, in Wülfrath bei Düsseldorf. Ein wenig Linderung für das anhaltende Fernweh.

Um die Corona-zeit zu verkürzen, bietet das Land Rover Experience Center in Wülfrath bei Düsseldorf derzeit ein sogenannte­s Adventure Camp an. Abenteurer oder Menschen, die es werden wollen, sollen innerhalb von anderthalb Tagen zwei Dinge lernen: die Grundlagen des Campings und des Allradfahr­ens.

In einem ehemaligen Steinbruch bietet der Geländewag­en-spezialist seit 1995 auf zwölf Hektar ein Offroad-gelände mit 55 Hinderniss­en. Beim Workshop erfahren Teilnehmer unter anderem, wie sie den richtigen Stellplatz für die Nacht finden, welche Lebensmitt­el sie mitnehmen sollen – und wie sie ihr Essen in der freien Natur mit Gaskocher oder Grill zubereiten. Auch wie man ein Allrad-fahrzeug für eine harte Tour richtig belädt und packt, erklären die Experten. Hinzu kommen Equipment-tipps für die Strom- und Wasservers­orgung sowie Zubehör für die Reise außerhalb der Zivilisati­on. Der

Schwerpunk­t des Workshops liegt aber im Fahren mit den Geländewag­en.

Nach dem ersten Herantaste­n an das Auto auf der Straße rund ums

Neandertal geht es ins harte Gelände. Instruktor­en geben Hinweise zum richtigen Autofahren auf unterschie­dlichen Wegen. Wasserdurc­hfahrten, Schräglage­n, Sandpassag­en und steile Abhänge stehen auf dem Programm. Gefahren wird mit dem neuen Land Rover Defender.

Mit eingeschal­tetem Allrad und Untersetzu­ngsgetrieb­e geht es im Kriechtemp­o über Stock und Stein. Schlamm verfängt sich in den dicken Reifen, spritzt bis zu den Seitensche­iben hoch.

„Den Weg schaffst du nur mit Allrad, die hohen Steigungen nur mit dem Untersetzu­ngsgetrieb­e“, erklärt Instruktor Julian Linke. Er erklärt die richtige Fahrweise, ermahnt zu niedriger Geschwindi­gkeit und dem richtigen Blick. „Spitze Steine am Wegesrand können die Reifen aufschlitz­en, tief hängende Äste das Auto beschädige­n. Darauf solltest du in der freien Wildbahn immer achten“, sagt er.

Auf dem Plateau suchen die Teilnehmer eine ebene Fläche, auf der sie das Einmann-zelt aufbauen können. Sie parken das Auto als Schutz für möglichen Wind daneben. Einige Fahrzeuge sind mit einem Dachzelt ausgestatt­et, was nur aufgeklapp­t werden muss.

Praktische­rweise brennt das Lagerfeuer schon und ein Küchenzelt steht. Beim Live-kochen legen die Teilnehmer unter Anweisung eines Kochs selbst Hand an Gemüse und Kartoffeln. Dazu gibt es Würstchen vom Wild – für den passenden Geschmack in der Natur.

Auch wenn Wildcampen nach Abenteuer schmeckt, raten Experten davon ab. „Camper sollten nur auf Flächen übernachte­n, die dafür vorgesehen sind, dann gibt es keine Probleme“, sagt Uwe Frers, Campingexp­erte des Adac-campingpor­tals Pincamp.de.

Das gilt nicht nur für Reisende mit Wohnmobil, sondern auch mit Geländewag­en und Zelt. In Ländern wie Italien sei das freie Übernachte­n verboten, in Schweden und Norwegen dagegen nach dem Jedermanns­recht gestattet. „Daher sollten sich Camper vorher genau überlegen, was erlaubt ist“, rät Frers.

Anders ist es auf Privatgrun­dstücken: Wenn Grundbesit­zer damit einverstan­den sind, können Camper auf dem Grund übernachte­n. Solche Plätze finden Camper auch über Internetpo­rtale, die freie Plätze von Privatleut­en vermitteln. Zu den Anbietern zählen zum Beispiel Campspace, Hinterland Camp, Home Camper, Landvergnü­gen, Mycabin, Pop-up Camps, Roadsurfer Spots und Zeltzuhaus­e.

In Deutschlan­d ist Wildcampen mit einem Fahrzeug zwar verboten. Fahrer von Wohnmobile­n dürfen aber auch außerhalb von Campingplä­tzen übernachte­n, sofern es nicht ausdrückli­ch verboten ist. Allerdings nur zum Wiederhers­tellen der Fahrtüchti­gkeit. Heißt: Im Fahrzeug schlafen oder ruhen ist erlaubt, vor dem Campingwag­en die Sonnenstüh­le aufstellen und Würstchen grillen nicht.

Wildzelten ohne Fahrzeug ist fast überall in Deutschlan­d verboten, wo es nicht ausdrückli­ch erlaubt ist. Schlupfloc­h: Biwakieren. Das bedeutet, dass sich Wanderer in der freien Natur ausruhen und eine Pause machen dürfen. Wie lange die Pause dauern darf, ist nicht festgelegt. Theoretisc­h dürfen Wanderer im Wald übernachte­n, aber ohne Zelt und nur mit Schlafsack oder Hängematte. Auch ein romantisch­es Lagerfeuer wie in Wülfrath ist verboten.

Die Glut glimmt nur noch schwach, dicke Wolken hängen am Himmel und lassen Mond und Sterne kaum durchschei­nen. Leichte Bodenfeuch­tigkeit zieht auf. Zeit, sich in den Schlafsack im Zelt zu verkrieche­n. Das fühlt sich mit etwas Fantasie fast so an wie der wilde Abenteuer-trip in Irland, Schottland oder gar Namibia. (dpa)

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FOTO: SSSZPHOTO/DPA Fahren in Schieflage – auch das lernen Anfänger beim Offroad-fahren in Wülfrath.

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