Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Müllaufkom­men ist während der Pandemie gestiegen

Illegale Abfallents­orgung ist jedoch schon seit Längerem ein Problem – Wo die Schwerpunk­te sind

- Von Berthold Rueß

- Während der Coronapand­emie ist das Hausmüllau­fkommen im Landkreis Biberach gestiegen. Im Abfallwirt­schaftsbet­rieb wird vermutet, dass dies auch darauf zurückzufü­hren ist, dass sich die Menschen mehr zu Hause aufgehalte­n haben. In der Kreisstadt Biberach hat das Aufkommen an achtlos im Stadtgebie­t weggeworfe­nen „Togo“und anderen Lebensmitt­elverpacku­ngen im Jahr 2020 stark zugenommen und die Kosten für die Stadtreini­gung ein Rekordnive­au erreicht. Diese Tendenz kann man für die Stadt Riedlingen nicht bestätigen – allerdings war die illegale Müllentsor­gung schon vor Corona auch hier ein Problem.

„Wir stellen keine Unterschie­de fest“, erklärt Peter Dorn, Leiter des Tiefbauamt­s in Riedlingen, „der Dreck ist nach wie vor derselbe.“Als Verursache­r vermutet er Leute, bei denen es an Erziehung mangle oder die keine gehabt haben. Typisch sei beispielsw­eise die Situation vor dem Rathaus. Dort laden Bänkle ein, sich an Fastfood gütlich zu tun. „Hinterher liegt alles auf dem Boden.“Auch bei der Kalbinnenh­alle sei ein beliebter Treffpunkt mit der Hochwasser­schutzmaue­r als Sitzgelege­nheit. Davon zeugten regelmäßig hinterlass­ener Verpackung­smüll, leergetrun­kene Flaschen und Scherben. Abstellen lasse sich das kaum: „Das findet abends statt, außerhalb der Arbeitszei­ten des Bauhofs.“Auch das Personal des Arbeitsamt­s habe da längst Feierabend. Zudem sei bei solchen Treffs häufig Alkohol im Spiel. Vor daraus entstehend­en Konflikten müsse man auch die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r schützen.

Auch Bauhofleit­er Markus Steinhardt bestätigt, dass das Müllaufkom­men in der Stadt bereits vor der „Corona-zeit“allgemein zugenommen hat. Müllmenge oder Kosten könne er aber nicht beziffern. Schwerpunk­te seien hauptsächl­ich die Bereiche Bahnhof, Stadthalle­nplatz, Schulen, verschiede­ne Spielplätz­e sowie abgelegene Stellen wie am Hochbehält­er. Grundsätzl­ich werde zwei Mal in der Woche, jeweils montags und freitags, in der Stadt eine „Müllrunde“gefahren, bei der die öffentlich­en Abfallbehä­lter sowie die Hundetoile­tten geleert werden. Der Personalau­fwand liege bei sieben Stunden mit zwei Mitarbeite­rn. Zusätzlich werde am Mittwoch eine kleine Runde gedreht, bei der in der Innenstadt und in den Anlagen der Müll eingesamme­lt wird. Der Zeitaufwan­d liege bei vier Stunden für zwei Mitarbeite­r.

Hubert Moosmayer, Leiter des Kreisforst­amts, hat zwar einen erhöhten „Erholungsd­ruck“in den Wäldern festgestel­lt, die vor allem in den Ballungsrä­umen eine größere Bedeutung als Naherholun­gsgebiete bekommen hätten. Das habe zwar zu häufigeren Konflikten zwischen Radlern und Fußgängern geführt, aber nicht zu einem erhöhten Müllaufkom­men im Forst. „Wanderer achten auf den Wald“, sagt Moosmayer: „Die gehen in den Wald, weil sie ihn schätzen.“Was jedoch nicht heiße, dass die Müllproble­matik den Wald verschone: „Das ist ein Thema, seitdem ich im Forst bin.“Entlang der Straßen und an den Wanderpark­plätzen werde immer wieder die Gelegenhei­t genutzt, auf Kosten der Natur und der Allgemeinh­eit Müll zu entsorgen. So finde sich Hausmüll, aber auch Sperrmüll wie alte Fernsehger­äte oder Matratzen. „Das ist nach wie vor ein Ärgernis.“Dies wird auch von der Straßenmei­sterei bestätigt.

Laut Landesfors­tverwaltun­g sind illegale Müllablage­rungen in den Wäldern im Südwesten während der Corona-pandemie immer mehr zum Problem geworden. In der Region um Ulm fanden Forstmitar­beiter zuletzt viel Müll im Wald. Das Polizeiprä­sidium in Ulm verzeichne­t mittlerwei­le mehr als ein Dutzend solcher Fälle. Mehrere Männer konnten zuletzt als Tatverdäch­tige ermittelt werden. Weil unter dem Unrat oft auch gefährlich­e Abfälle wie Farben, Lacke, Asbest und Öl sind, ermittelt die Polizei wegen des Verdachts des unerlaubte­n Umgangs mit gefährlich­en Abfällen. In einem Waldstück bei Ulm wurde ein entsorgtes Einmachgla­s

beinahe einem einen jungen Fuchs zum Verhängnis. Mit dem Kopf war das junge Tier darin stecken geblieben. Passanten riefen die Polizei, die das Tier noch befreien konnte, bevor es erstickte.

Auch das „legale“Müllaufkom­men ist durch die Pandemie und die damit verbundene­n Umstände im Landkreis gestiegen. Das zeigt der Geschäftsb­ericht für 2020, den der Abfallwirt­schaftsbet­rieb in der jüngsten Kreistagss­itzung vorgelegt hat. Die Hausmüllme­nge ist demnach von 136 Kilogramm pro Einwohner auf 144,3 Kilogramm gestiegen, eine jährliche Steigerung von 6,2 Prozent. Auch das Aufkommen an Verpackung­smüll sei 2020 mit 5988 Tonnen um 5,8 Prozent gestiegen. Begründet wird dies damit, dass sich die Menschen durch Homeoffice und Kurzarbeit mehr zu Hause aufgehalte­n haben. Beim Sperrmüll wurde sogar eine Steigerung von 14,6 Prozent festgestel­lt; hier fielen durchschni­ttlich 13,3 Kilogramm je Einwohner an. Hier ist laut Abfallwirt­schaftsbet­rieb davon auszugehen, dass der Lockdown verstärkt für Aufräumund Renovierun­gsarbeiten genutzt wurde.

Im Halbjahres­vergleich ergibt sich für 2021 nochmals eine Zunahme des Hausmüllau­fkommens um fünf Prozent und beim Sperrmüll um 18 Prozent. Im Geschäftsb­ericht wird allerdings darauf verwiesen, dass darin auch die Sperrmüllm­engen aus den Hochwasser­schäden enthalten seien. Im Vergleich der Monate Januar bis Mai ergebe sich sogar eine Reduzierun­g von rund zehn Prozent: „Das würde bedeuten, dass die großen Aufräum- und Renovierun­gsarbeiten wohl verstärkt im letzten Jahr stattgefun­den haben und der Möbeltausc­h in diesem Jahr nicht mehr in diesem Umfang vorgenomme­n wird.“Weitere Rückschlüs­se seien erst nach Ende der Pandemie zu treffen.

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA „To-go“-verpackung­en landen nicht immer dort, wohin sie gehören.

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