Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Neuer Teva-chef: Das passiert in Ulm
Andreas Burkhardt leitet die Ratiopharm-mutter in Deutschland interimsweise
- Seit 15 Jahren arbeitet Andreas Burkhardt für den Arzneimittelkonzern Teva, bis auf ein Jahr in der Europa-zentrale in Amsterdam war er immer in Ulm beschäftigt. Nun ist der 45-Jährige interimistisch als Geschäftsführer für Deutschland und Österreich verantwortlich. Burkhardt ist also auch Chef von Ratiopharm, der Ulmer Teva-tochter. Er sieht eine zentrale Frage, für die eine bessere Lösung gefunden werden müsse. In Ulm gibt es indes Fortschritte bei der größten Investition der Konzerngeschichte.
Für ihn sei wichtig, dass der deutsche Standort weiter eine große Rolle in dem israelischen Konzern spiele, sagt Burkhardt. „Ratiopharm ist die beliebteste Arzneimittelmarke in Deutschland. Diesen Stellenwert wollen wir erhalten, aber wir müssen uns modernisieren“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler, der zuvor seit 2018 Geschäftsführer Generika bei Teva war. Seine jetzige Aufgabe als Nachfolger von Christoph Stoller, der den Konzern nach 13 Jahren verlassen hat, übernimmt er zunächst übergangsweise. Wie es danach weitergeht? „Ich habe genügend Aufgaben zu erledigen, ich mache mir darüber keinen Kopf“, sagt Burkhardt. Die Geschäftsführung sei extrem spannend und reizvoll, er sei gerne bereit, sie auch längerfristig auszufüllen. Aber es gebe auch andere interessierte und geeignete Kandidatinnen und Kandidaten. Der Auswahlprozess für eine so wichtige Aufgabe laufe streng formell ab.
Burkhardt bekennt sich zu Ulm: Er lebe seit 20 Jahren abwechselnd in Ulm und Neu-ulm. Der Standort sei ihm auch persönlich wichtig und spiele eine wichtige Rolle für das Unternehmen. Das zeigt auch eine 500Millionen-euro-investition: Der Innenausbau der Genesis genannten neuen Biotech-anlage ist bereits fertig. Dort sollen künftig mit riesigen „Bioreaktoren“mehrere 100 Kilo Wirkstoff in kurzer Zeit hergestellt werden. Verkürzt heißt das: Statt nachgeahmter Medikamente können spezielle Antikörper hergestellt werden, was weit aufwendiger ist. Der Einsatz dieser Antikörper in der Therapie akuter Infektionskrankheiten,
für die noch keine wirksamen Antibiotika existieren, könnte die Behandlungsmöglichkeiten revolutionieren.
Es ist das teuerste Einzelprojekt der Konzerngeschichte, künftig sollen 300 Menschen hier arbeiten. Die ersten 100 fangen noch in diesem Jahr ab. Denn im vierten Quartal 2021 sollen nach Auskunft von Firmensprecherin Ulrike Krieger-ballhausen erste Probeläufe beginnen. Wann die kommerzielle Produktion beginne, sei noch unklar. Zuvor müssten Abnahmen durch Behörden erfolgen.
Burkhardt denkt auch an politische Fragen. Die Tagestherapiekosten für Generika, also für Nachahmerpräparate, liegt bei durchschnittlich sechs Cent. Teva ist der weltgrößte Hersteller nachgeahmter Arzneimittel. Es müsse sich auch lohnen, Medikamente herzustellen, sagt Burkhardt. Zuletzt sei bei Generika verstärkt nach Asien geschaut worden. Es sei an der Zeit, die gesundheitspolitische Weichen zu stellen. Entsprechende Gespräche liefen bereits. Der Interimschef verweist auch auf die Corona-pandemie, die das Thema ins Bewusstsein gerückt habe: „Wir waren es ja, die die Krankenhäuser versorgt haben“, sagt er. „Man hat gesehen, wie wichtig es ist, die Versorgung hier in Deutschland zu haben.“