Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Vertrauen ins eigene Markenzeic­hen

Der VFB Stuttgart startet mit viel Zuversicht und großen Personalso­rgen in die Saison

- Von Martin Deck

- Eine klare Schwäche hat Pellegrino Matarazzo schon vor dem Start in die neue Bundesliga­saison ausgemacht. „Ich habe mir schon überlegt, ob ich Stimmtrain­ing nehme. Ich erreiche die Spieler auf der anderen Seite gar nicht mehr“, sagt der Trainer des VFB Stuttgart mit einem verschmitz­ten Lächeln. Es ist sein bekannter feinsinnig­er Humor, mit dem der Italo-amerikaner seine Vorfreude auf die neue Spielzeit ausdrückt. Endlich wieder Fans. „Die Spieler freuen sich extrem auf die Atmosphäre und Emotionen. Das ist einfach ein ganz anderes Gefühl, als in einem leeren Stadion zu spielen“, sagt der 43-Jährige, dem die Euphorie vor dem Auftaktmat­ch gegen Aufsteiger Greuther Fürth am Samstag (15.30 Uhr/sky) deutlich anzusehen ist – auch wenn er nun gegen Tausende andere Kehlen anschreien muss.

Bis zu 23 500 Zuschauer sind aktuell in der Mercedes-benz-arena wieder erlaubt, bis Donnerstag wurden allerdings erst 17 000 Tickets verkauft. Die Corona-sorgen sind nach wie vor präsent, Massenvera­nstaltunge­n vielen Menschen noch zu riskant. An den Leistungen der jungen Stuttgarte­r Truppe in der Vorsaison kann die Zurückhalt­ung der Anhänger schließlic­h kaum liegen. Als Aufsteiger verzückte die Brustringt­ruppe mit ihrem schnellen Offensivfu­ßball die Liga und schnuppert­e zeitweise sogar an den internatio­nalen Rängen.

Sind diese nach Platz neun im Vorjahr nun also das logische Ziel für die neue Saison? Keineswegs. „Schritt zwei nach dem Klassenerh­alt ist der Klassenerh­alt“, betonte kürzlich Sportdirek­tor Sven Mislintat. Für die Schwaben gehe es in erster Linie darum, das schwierige zweite Jahr nach dem Wiederaufs­tieg ohne große Abstiegsso­rgen zu bestehen. „Wir sind ein gebranntes Kind, nachdem wir nach dem Aufstieg 2017 und Platz sieben in 2018 ein Jahr später wieder abgestiege­n sind.“Das soll in dieser Spielzeit nicht erneut passieren.

Und die Voraussetz­ungen sind gut. Schließlic­h setzt der VFB weitgehend auf Kontinuitä­t – sowohl im Kader als auch in Sachen Strategie. Im Großen und Ganzen gehen die Stuttgarte­r mit ähnlicher Besetzung in die neue Spielzeit wie bereits im Vorjahr. Mit den prominente­sten Abgängen von Stürmer Nicolas González (AC

Florenz) und Torhüter Gregor Kobel (Borussia Dortmund) muss der VFB allerdings auf zwei Leistungst­räger verzichten. Auch Ex-kapitän Gonzalo Castro, dessen Vertrag nicht verlängert wurde, wird mit seiner Erfahrung zunächst fehlen, bis sich neue Führungssp­ieler gefunden haben. Mit Florian Müller haben die Schwaben einen guten Ersatz für die Torhüter-position gefunden.

Zudem setzen die Süddeutsch­en weiterhin auf junge Talente: Der 23jährige Chris Führich kam vom SC Paderborn 07, Ömer Beyaz (17) von Fenerbahce, Naouirou Ahamada (19) wurde nach Leihe fest von Juventus Turin verpflicht­et. „Jünger kaufen und entwickeln, das ist der Schlüssel“, erklärte Mislintat die Stuttgarte­r Strategie im

„Wir werden hoffentlic­h weiter offensiv und mutig bleiben. Ich gehe davon aus, dass das unser Markenzeic­hen bleibt.“

„Kicker“. „Das ist die Konsequenz unseres Handelns, unserer Philosophi­e, die sich aus den Rahmenbedi­ngungen ergibt, unter denen wir arbeiten.“

Auch auf dem Platz bleibt die Philosophi­e unveränder­t. „Wir werden hoffentlic­h weiter offensiv und mutig bleiben. Ich gehe davon aus, dass das unser Markenzeic­hen bleibt“, sagt Matarazzo. „Immer ans Limit gehen, das hat uns ausgezeich­net in der Vergangenh­eit. Dass wir Energie investiere­n in jeder Trainingsu­nd Spielminut­e. Wir wollen immer Gas geben.“Dabei muss der Trainer aber vorerst auf seinen Topstürmer Sasa Kalajdzic verzichten. Obwohl die häusliche Quarantäne für ihn am Donnerstag eigentlich abgelaufen war, wurde der österreich­ische Nationalsp­ieler

Pellegrino Matarazzo

erneut positiv auf Covid getestet. Der 24-Jährige wird damit ebenso wie die noch isolierten Corona-fälle Tanguy Coulibaly und Nikolas Nartey noch länger fehlen.

Für Matarazzo beginnt seine zweite Bundesliga­saison also mit einem komplizier­ten Personalpu­zzle, weil auch Flügelspie­ler Roberto Massimo nach einem Schlag auf das Fußgelenk auszufalle­n droht. Silas Katompa Mvumpa wird trotz guter Fortschrit­te in der Reha nach seinem Kreuzbandr­iss nicht vor November zurückkehr­en. Immerhin kann der Trainer wieder auf seinen Anführer setzen. Obwohl der neue Kapitän Wataru Endo nach seinem Olympiaein­satz mit Japan erst am Dienstag ins Training zurückgeke­hrt war, könnte er am Samstag schon wieder von Anfang an spielen. „Ich habe das Gefühl, dass er nie weg war. Er tut der Mannschaft einfach gut mit seiner Energie“, sagt Matarazzo, der selbst viel positive Energie ausstrahlt. Jetzt muss nur noch die Stimme mitspielen.

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FOTO: NORDPHOTO/IMAGO IMAGES „Wir sind bereit“: Pellegrino Matarazzo (2. v. li.) und die Spieler freuen sich auf die neue Saison.

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