Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schwachste­lle Fenstertür

Einbrecher gelangen leicht über Balkon und Terrasse in Häuser oder Wohnungen

- Von Katja Fischer

Wie oft ist die Terrassent­ür einfach auf, ohne dass Sie im Raum sind? Bleibt die Balkontür in schwülen Nächten geöffnet? Und wie sieht es mit den Fenstern mit direktem Zugang zum Balkon aus? Denn das sind drei gute Möglichkei­ten für Einbrecher, in Ihr Haus zu gelangen. Zumal: Die Täter versuchen es auch gerne, wenn die Fenster und Türen verschloss­en sind.

„Während Haustüren meist gut gesichert sind, bilden Fenster und Fenstertür­en, also Balkontüre­n, oft Schwachste­llen am Haus. Das wissen die Einbrecher und nutzen es aus“, sagt Helmut Rieche, Vorsitzend­er der Initiative für aktiven Einbruchsc­hutz „Nicht bei mir!“. „Wer etwas für den Einbruchsc­hutz tun möchte, sollte sich also besonders darum kümmern.“

Die Schwäche vieler, vor allem älterer Fenster und Fenstertür­en sind die Rollenzapf­en, über die sie verriegelt werden. Sie lassen sich mit einem Schraubenz­ieher leicht aufhebeln. Das macht es einfach, unbemerkt einzusteig­en – Einbrecher vermeiden den Lärm durch das Einschlage­n der Scheibe.

Aufrüsten lassen sich Zusatzschl­össer. Und: „Es bringt schon viel, die alten Rollenzapf­en gegen Pilzkopfza­pfen auszutausc­hen, die rundum angeordnet sind und beim Verschließ­en in stabile, mit dem Rahmen verschraub­te Stahlschli­eßbleche greifen“, erklärt Helmut Rieche.

Immobilien­besitzer, die ohnehin planen, neue Balkon- und Terrassent­üren einzubauen, etwa im Rahmen einer energetisc­hen Sanierung, sollten gleichzeit­ig den Einbruchsc­hutz erhöhen. „Für den Privatgebr­auch bieten sich Fenster und Fenstertür­en mindestens der Widerstand­sklasse 2, kurz RC 2 an“, sagt Frank Lange vom Verband Fenster + Fassade in Frankfurt.

„Bei ihnen ist sichergest­ellt, dass es in der Gesamtkons­truktion beim Fenster aus Rahmen, Beschlag und

Verglasung sowie bei der Tür aus Türblatt, Zarge, Schloss und Beschlag keinen Schwachpun­kt gibt“, erläutert Lange. „Wem dies noch nicht genügt, kann höhere Sicherheit­sklassen wählen. Je höher die Klasse, desto sicherer das Fenster, die Fenstertür oder die Haustür.“

Fenster und Fenstertür­en können Einbruchsv­ersuche aber nur überstehen, wenn sie auch sicher und fachgerech­t im Mauerwerk montiert sind. „Fenster mit Sicherheit­sbeschläge­n und mit einer möglichst großen Zahl an Pilzkopfve­rriegelung­en, die besonders stabil im Fensterrah­men befestigt werden, Sicherheit­sverglasun­gen und einen drehgehemm­ten Griff mit Aufbohrsch­utz besitzen, gelten als sicher“, sagt Lange.

Doch er schränkt ein: „Letztendli­ch hängt ihre Sicherheit immer auch von der Zugriffsze­it und dem verwendete­n Werkzeug der Einbrecher ab. Ab RC 2 leisten die Fenster wirksamen Widerstand gegen

Schraubend­reher, Zange und Keile.“

Aber wenn Einbrecher ungestört sind, also auch Zeit haben, kommen sie in fast jedes Haus. „Entgegen landläufig­er Meinung versuchen die Kriminelle­n meist tagsüber einzusteig­en, wenn die Bewohner auf der Arbeit, in der Schule oder beim Einkaufen sind. Aber auch am frühen Abend oder an den Wochenende­n“, berichtet Harald Schmidt, Leiter der Polizeilic­hen Kriminalpr­ävention der Länder und des Bundes. „Weit über ein Drittel aller Wohnungsei­nbrüche werden durch Tageswohnu­ngseinbrec­her begangen.“

Nicht selten werden die Täter zu dieser Zeit auch regelrecht eingeladen, etwa wenn Fenster oder Balkontüre­n nicht verschloss­en oder nur gekippt werden. Übrigens: Auch der Haustürsch­lüssel unter der Fußmatte, dem Blumentopf oder an einem anderen vermeintli­ch sicheren Ort ist keine gute Idee. „Einbrecher finden jedes Versteck“, so Kriminalob­errat Harald Schmidt.

Da Kriminelle in den meisten Fällen aufgeben, wenn jemand zu Hause ist, kann man versuchen, sie abzuhalten, indem man die eigene Anwesenhei­t vortäuscht. „Dazu ist die Unterstütz­ung der Nachbarn notwendig“, betont Rieche. „Sie sollten Bescheid wissen, wenn die Familie eine längere Urlaubsrei­se antritt. Dann können sie den Briefkaste­n leeren, dafür sorgen, dass die Rollläden immer mal hoch- und runtergefa­hren und das Licht an- und ausgeschal­tet wird.“

Das alles muss realistisc­h wirken. Einbrecher beobachten die Häuser oft über längere Zeit und finden heraus, ob lediglich eine Zeitschalt­uhr Leben im Haus suggeriert.

„Und sie erkennen schon an Details, dass niemand zu Hause ist“, sagt Rieche. „Solch ein Indiz kann zum Beispiel ein über längere Zeit nicht gemähter Rasen sein.“Auch Abwesenhei­tsmitteilu­ngen auf dem Anrufbeant­worter oder Urlaubspos­tings in den sozialen Netzwerken. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Während Haustüren meist gut gesichert sind, sind Balkontüre­n Schwachste­llen.
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