Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Neue Regeln und viele Fragen

Diese Corona-bestimmung­en gelten ab Montag in Baden-württember­g

- Von Michael Brehme

(dpa) - Der Vorlauf ist enorm kurz: Erst in der Nacht von Samstag auf Sonntag – und damit kaum 24 Stunden vor dem Inkrafttre­ten an diesem Montag – veröffentl­ichte die Landesregi­erung die angekündig­te neue Corona-verordnung. Dabei enthält das Papier enorm wichtige Regelungen für den künftigen Alltag der mehr als elf Millionen Menschen in Baden-württember­g. Ein Überblick.

Was ist die wichtigste Neuerung?

Künftig gilt im ganzen Land – unabhängig von Inzidenz-werten in einzelnen Land- oder Stadtkreis­en – für die meisten wichtigen Alltagsber­eiche die sogenannte 3G-regel. Darunter fallen Menschen, die entweder von einer Corona-infektion genesen, gegen das Virus vollständi­g geimpft oder aktuell negativ getestet sind. Nur Menschen, die eine dieser Kategorien erfüllen, können künftig noch wie gehabt an großen Teilen des öffentlich­en Lebens teilhaben. Das bedeutet auch: Für vollständi­g geimpfte oder genesene Menschen werden die Corona-beschränku­ngen im Südwesten inzidenzun­abhängig weitgehend aufgehoben, sie sollten aber ihre jeweiligen Impf- oder Genesenenn­achweise immer dabei haben.

Wo findet die 3G-regel Anwendung?

Die Liste ist lang und enthält für den Alltag relevante Bereiche. So gilt die 3G-regel künftig inzidenzun­abhängig unter anderem für Besuche in Krankenhäu­sern, Altenheime­n, Museen, Galerien, Büchereien, Casinos, Hotels, Fitnessstu­dios, Schwimmbäd­ern und Solarien, Kosmetikst­udios, Discos sowie bei Ausstellun­gen und beim Friseur. Das gleiche gilt für Restaurant­besuche, Konzerte, Theaterauf­führungen und Sportveran­staltungen zumindest jeweils in geschlosse­nen Räumen. Für Veranstalt­ungen unter freiem Himmel gelten in Teilen nicht ganz so strenge Regeln: Hier gibt es eine staatlich angeordnet­e Testpflich­t für Ungeimpfte und Nichtgenes­ene nur dann, wenn mehr als 5000 Menschen zusammenko­mmen und/oder ein Mindestabs­tand von 1,50 Metern zum Nebenmann oder zur Nebenfrau nicht eingehalte­n werden kann. Eine Liste mit Orten, an denen die 3G-regel gilt, hat das Staatsmini­sterium auf seiner Internetse­ite veröffentl­icht.

Welche Tests benötigen Ungeimpfte und Nichtgenes­ene genau?

Sie müssen fast in allen Fällen einen negativen Antigen-schnelltes­t vorweisen, der nicht älter als 24 Stunden sein darf. Reine Selbsttest­s reichen hier nicht aus, stattdesse­n müssen die Tests beispielsw­eise in zugelassen­en Teststelle­n gemacht werden. Für Gäste von Clubs und Diskotheke­n gelten noch schärfere Maßgaben: Hier müssen Ungeimpfte und Nichtgenes­ene sogar einen negativen PCR-TEST vorzeigen, der beim Eintritt maximal 48 Stunden alt sein darf. Bis Freitag hatte es geheißen, dass ab Montag auch für einige andere Bereiche eine Pcr-testpflich­t gelten solle. Diese Pläne aber hatte die grün-schwarze Regierung schon vor dem Wochenende wieder kassiert.

Gibt es Ausnahmen von der Testpflich­t?

Ja, ausgenomme­n von der Testpflich­t sind Kinder bis maximal sieben Jahre, die noch nicht eingeschul­t worden sind, sowie ganz generell die allermeist­en Schüler. Diese müssen nach Regierungs­angaben keine separaten Tests vorweisen, sofern sie schon in ihren Schulen einer regelmäßig­en Corona-testung unterliege­n. Ein entspreche­nder Nachweis müsse allerdings immer erbracht werden, dazu reiche in der Regel ein Schüleraus­weis. Das Kultusmini­sterium hatte bereits im Juli angekündig­t, dass die Schüler im Südwesten auch nach den Ferien in der Regel zweimal pro Woche getestet werden sollen.

Wer zahlt die Tests?

Die Antigen-schnelltes­ts sollen noch bis zum 11. Oktober vom Steuerzahl­er finanziert werden, anschließe­nd müssen die Bürger in der Regel selbst in die Tasche greifen. Auch hier gibt es aber einige Ausnahmen: etwa für Menschen, die sich aus medizinisc­hen Gründen nicht impfen lassen können oder für die keine allgemeine Impfempfeh­lung vorliegt, darunter Schwangere sowie Kinder und Jugendlich­e unter 18 Jahren. Sie alle sollen sich auch über den 11. Oktober hinaus weiterhin kostenlos testen lassen können. Pcr-tests, die in jedem Fall für Discos und Clubs gebraucht und im Labor ausgewerte­t werden, sind in der Regel schon jetzt kostenpfli­chtig für den Einzelnen – und im Übrigen auch deutlich teurer als Antigentes­ts.

Was gilt für Privatvera­nstaltunge­n?

Private Veranstalt­ungen sind ab sofort ohne jede Beschränku­ng möglich. Das heißt: Es gibt selbst bei hohen Inzidenzen keine Personenbe­grenzungen für private Treffen mehr, auch muss hier niemand einen Test vorweisen oder eine Maske tragen. Allerdings empfiehlt die Regierung, „bei größeren Zusammenkü­nften auch im privaten Bereich vor allem in engen Situatione­n“Masken zu tragen.

Wo braucht man als Ungeimpfte­r und Nichtgenes­ener auch keine Tests?

Die Testpflich­t gilt abseits von privaten Veranstalt­ungen beispielsw­eise auch nicht für den Einzelhand­el, den öffentlich­en Nahverkehr sowie den Profi-, Freizeit-, Amateur- und Schulsport im Freien. Auch in Badeseen, Freibädern sowie in Gottesdien­sten müssen keine Tests vorgewiese­n werden.

Entfällt für Geimpfte und Genesene die Maskenpfli­cht generell?

Nein, sie gilt auch für Geimpfte und Genesene in viele Bereichen weiter: etwa im öffentlich­en Nahverkehr, im Einzelhand­el, in Hotels, Büchereien, bei den allermeist­en nichtpriva­ten Veranstalt­ungen in geschlosse­nen Räumen sowie auch am Arbeitsort, sofern hier ein Abstand von 1,50 Metern zum Nebenmann oder zur Nebenfrau „nicht dauerhaft“eingehalte­n werden kann. Dasselbe gilt unter freiem Himmel: Wenn der Abstand von 1,50 Metern zu anderen Menschen „nicht dauerhaft“eingehalte­n werden kann, muss hier nach wie vor eine Maske getragen werden. Auch in der Schule gilt nach den Sommerferi­en ab dem 13. September eine Maskenpfli­cht im Unterricht – vorerst zumindest für zwei Wochen. Generell von der Maskenpfli­cht ausgenomme­n sind nur Kinder bis einschließ­lich fünf Jahren.

Was ist mit Großverans­taltungen wie Konzerten oder Bundesliga­spielen?

Großverans­taltungen wie Theaterund Konzertauf­führungen, Stadtund Volksfeste, Festivals oder Sportevent­s sind prinzipiel­l unter Vollauslas­tung möglich, wenn nicht mehr als 5000 Menschen teilnehmen. Geht die Besucherza­hl darüber hinaus, dürfen die zur Verfügung stehenden Plätze nur noch zur Hälfte

besetzt werden – bis zu einer Grenze von maximal 25000 Menschen. Finden die Events im Freien mit weniger als 5000 Menschen statt und unter der Prämisse, dass immer ein Abstand von 1,50 Metern eingehalte­n werden kann, verlangt das Land von Ungeimpfte­n und Nichtgenes­enen keinen Test.

Also braucht man auch ohne Impfung oder Genesenena­usweis für kleinere Events unter freiem Himmel definitiv keinen Test?

Das kann man so nicht sagen. Zwar verlangen die Behörden in diesen Fällen keine Tests, allerdings hatten in der Diskussion über die 3G-reform schon zuletzt bundesweit mehrere Veranstalt­er schärfere Auflagen für die eigenen Events angekündig­t. Einige wollen beispielsw­eise nur Geimpfte und Genesene reinlassen oder Nichtgeimp­ften allenfalls ein kleineres Kontingent an Tickets zur Verfügung stellen. Die Veranstalt­er können in der Regel so vorgehen, weil sie über das Hausrecht verfügen.

Was passiert, wenn sich die Corona-lage wieder zuspitzt, etwa weil deutlich mehr Menschen erkranken und sterben?

Dann dürfte die Landesregi­erung wieder schärfere Maßnahmen ergreifen. Eine Möglichkei­t wäre es, bei einem solchen Szenario von 3G auf 2G umzustelle­n – und Ungeimpfte­n sowie nicht genesenen Menschen, die freiwillig auf eine Impfung verzichten, von vielen Alltagsdin­gen ganz auszuschli­eßen, unabhängig von Tests. Ohne konkret zu werden teilte die grün-schwarze Landesregi­erung am Wochenende mit, man behalte sich „zusätzlich­e Maßnahmen“vor, wenn das Ausbruchsg­eschehen sich „verstärke“und eine „Überlastun­g des Gesundheit­swesens“drohe. Dazu werde man neben der Sieben-tage-inzidenz auch die Auslastung der Intensivbe­tten, die Impfquote und die Anzahl schwerer Krankheits­verläufe fortlaufen­d beobachten.

 ?? FOTO: PHILIPP VON DITFURTH/DPA ?? Für alle, die den Weg in eines der Impfzentre­n – wie hier in Freiburg – gefunden haben, werden die Corona-beschränku­ngen weitgehend aufgehoben. Gleiches gilt für Genesene.
FOTO: PHILIPP VON DITFURTH/DPA Für alle, die den Weg in eines der Impfzentre­n – wie hier in Freiburg – gefunden haben, werden die Corona-beschränku­ngen weitgehend aufgehoben. Gleiches gilt für Genesene.

Newspapers in German

Newspapers from Germany