Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wahlschein möglichst schnell beantragen
Die Bedeutung der Briefwahl nimmt zu – Was Bürger dabei beachten müssen
(dpa/sz) - Bei der Bundestagswahl 2017 lag der Anteil der Briefwählerinnen und -wähler bei knapp 29 Prozent. Wegen der Corona-pandemie könnten dieses Mal sogar noch mehr Menschen postalisch abstimmen. Bis zum 15. August müssen die Listen erstellt werden, wer wahlberechtigt ist. Also könnte es – theoretisch – am 16. mit dem Versand der Briefwahl-unterlagen losgehen. Tatsächlich ist dies von den Behörden vor Ort abhängig. Praktisch funktioniert das Ganze so:
Wer kann per Briefwahl abstimmen?
Grundsätzlich alle Wahlberechtigten, „ohne Vorliegen eines besonderen Grundes“, erläutert der Bundeswahlleiter. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte 2013 diese allgemeine Freigabe der Briefwahl als verfassungsgemäß: Die Zulassung der Briefwahl diene dem Ziel, eine möglichst umfassende Wahlbeteiligung zu erreichen und damit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl Rechnung zu tragen.
Wie kommt man an die Unterlagen?
Auf keinen Fall, indem man sie beim Bundeswahlleiter beantragt – so steht es extra farblich hervorgehoben auf dessen Internetseite. Man erhält die Unterlagen bei der Gemeindebehörde seines Hauptwohnsitzes.
Ein Vordruck fürs Beantragen des Wahlscheins, den man benötigt, liegt der Wahlbenachrichtigung bei. Diese soll bis Anfang September bei den Wahlberechtigten ankommen. Allerdings muss man nicht darauf warten. Der Bundeswahlleiter rät vielmehr, den Antrag auf einen Wahlschein „so frühzeitig wie möglich“zu stellen. Grundsätzlich ist der Freitag um 18 Uhr vor dem Wahltermin die Frist dafür.
Der Antrag der Briefwahl ist online möglich. So kann ein Online-antrag in Biberach beispielsweise ab kommendem Donnerstag auf der Website der Stadt ausgefüllt werden. Die Anträge können aber auch formlos per E-mail, per Post oder persönlich gestellt werden. Wer die Briefwahl persönlich auf dem Amt beantragen möchte, kann das ebenfalls tun – in Ulm beispielsweise ab diesem Montag, in Tuttlingen ab dem 25. August.
Was muss man beim Ausfüllen beachten?
Wahlschein, Stimmzettel, Stimmzettelumschlag in Blau, Wahlbriefumschlag in Rot plus Infoblatt – das alles kommt bei einem an. Das Infoblatt erklärt, wie die Briefwahl funktioniert: Erst- und Zweitstimme persönlich und unbeobachtet auf dem Stimmzettel ankreuzen. Falten. In den blauen Umschlag stecken und zukleben. Die Versicherung an Eides statt auf dem Wahlschein datieren und – ganz wichtig – unterschreiben. Blauen Umschlag plus Wahlschein in den roten Umschlag stecken, zukleben und unfrankiert in den Briefkasten werfen. Oder man bringt ihn zu der Stelle, die auf dem Umschlag angegeben ist.
Muss man den Stimmzettel selbst ebenfalls unterschreiben?
Nein, im Gegenteil: Eine Stimme ist ungültig, wenn der Stimmzettel „einen Zusatz oder Vorbehalt enthält“, so das Bundeswahlgesetz. Eine Unterschrift wäre ein solcher Zusatz. Auf den Stimmzettel gehören bei der Bundestagswahl nur die beiden Kreuze für Erst- und Zweitstimme.
Kann man sicher sein, dass die Stimme auch ankommt?
Ja. Durch die rote Farbe der Umschläge fallen diese auf und können leicht erkannt werden. Mit der Deutschen Post sei vereinbart, dass selbst Wahlbriefe, die am Tag vor der Wahl in den Briefkasten geworfen wurden, noch am Wahlsonntag zugestellt würden, so der Bundeswahlleiter. Sollte das mit dem Einwerfen nicht rechtzeitig geklappt haben, kann man den roten Umschlag am Wahltag bei der auf diesem angegebenen Stelle abgeben – oder abgeben lassen.
Was hat es mit gelochten Stimmzetteln oder solchen mit abgeschnittener Ecke auf sich?
Das Loch im Stimmzettel – oder die abgeschnittene Ecke – sorgt dafür, dass blinde und sehbehinderte Menschen selbstständig wählen können. „Zur Verwendung von Stimmzettelschablonen wird die rechte obere Ecke des Stimmzettels gelocht oder abgeschnitten“, heißt es in der Bundeswahlordnung. Damit niemand nachvollziehen kann, wer wie abgestimmt hat, sind alle Stimmzettel so beschaffen. Durch die Markierung könne das Blatt richtig herum in eine Schablone gelegt werden, „mit deren Hilfe Blinde eigenständig den Wahlzettel ausfüllen können“, erklärt der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband. Die Behauptung, gelochte Stimmzettel oder solche mit abgeschnittener Ecke seien ungültig, ist falsch. Die Falschmeldung wird von Menschen verbreitet, die das Vertrauen in die Wahl erschüttern wollen.
Sind mehr Briefwahl- als Urnenstimmen ungültig?
Nein. Bei der letzten Bundestagswahl waren 0,9 Prozent der Erststimmen ungültig, die per Brief abgegeben wurden – gegenüber 1,4 Prozent der am Wahltag abgegebenen. Von den Zweitstimmen waren es sogar nur 0,5 Prozent (Brief) gegenüber 1,2 (Urne).
Wie viele Menschen stimmen überhaupt per Briefwahl ab?
Seit 1957 stieg der Anteil der Briefwählerinnen und -wähler von knapp fünf auf fast 29 Prozent bei der letzten Bundestagswahl. Dieses Mal könnten es wegen der Corona-pandemie noch einmal mehr sein.