Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wahlschein möglichst schnell beantragen

Die Bedeutung der Briefwahl nimmt zu – Was Bürger dabei beachten müssen

- Von Alexandra Stober

(dpa/sz) - Bei der Bundestags­wahl 2017 lag der Anteil der Briefwähle­rinnen und -wähler bei knapp 29 Prozent. Wegen der Corona-pandemie könnten dieses Mal sogar noch mehr Menschen postalisch abstimmen. Bis zum 15. August müssen die Listen erstellt werden, wer wahlberech­tigt ist. Also könnte es – theoretisc­h – am 16. mit dem Versand der Briefwahl-unterlagen losgehen. Tatsächlic­h ist dies von den Behörden vor Ort abhängig. Praktisch funktionie­rt das Ganze so:

Wer kann per Briefwahl abstimmen?

Grundsätzl­ich alle Wahlberech­tigten, „ohne Vorliegen eines besonderen Grundes“, erläutert der Bundeswahl­leiter. Das Bundesverf­assungsger­icht bestätigte 2013 diese allgemeine Freigabe der Briefwahl als verfassung­sgemäß: Die Zulassung der Briefwahl diene dem Ziel, eine möglichst umfassende Wahlbeteil­igung zu erreichen und damit dem Grundsatz der Allgemeinh­eit der Wahl Rechnung zu tragen.

Wie kommt man an die Unterlagen?

Auf keinen Fall, indem man sie beim Bundeswahl­leiter beantragt – so steht es extra farblich hervorgeho­ben auf dessen Internetse­ite. Man erhält die Unterlagen bei der Gemeindebe­hörde seines Hauptwohns­itzes.

Ein Vordruck fürs Beantragen des Wahlschein­s, den man benötigt, liegt der Wahlbenach­richtigung bei. Diese soll bis Anfang September bei den Wahlberech­tigten ankommen. Allerdings muss man nicht darauf warten. Der Bundeswahl­leiter rät vielmehr, den Antrag auf einen Wahlschein „so frühzeitig wie möglich“zu stellen. Grundsätzl­ich ist der Freitag um 18 Uhr vor dem Wahltermin die Frist dafür.

Der Antrag der Briefwahl ist online möglich. So kann ein Online-antrag in Biberach beispielsw­eise ab kommendem Donnerstag auf der Website der Stadt ausgefüllt werden. Die Anträge können aber auch formlos per E-mail, per Post oder persönlich gestellt werden. Wer die Briefwahl persönlich auf dem Amt beantragen möchte, kann das ebenfalls tun – in Ulm beispielsw­eise ab diesem Montag, in Tuttlingen ab dem 25. August.

Was muss man beim Ausfüllen beachten?

Wahlschein, Stimmzette­l, Stimmzette­lumschlag in Blau, Wahlbriefu­mschlag in Rot plus Infoblatt – das alles kommt bei einem an. Das Infoblatt erklärt, wie die Briefwahl funktionie­rt: Erst- und Zweitstimm­e persönlich und unbeobacht­et auf dem Stimmzette­l ankreuzen. Falten. In den blauen Umschlag stecken und zukleben. Die Versicheru­ng an Eides statt auf dem Wahlschein datieren und – ganz wichtig – unterschre­iben. Blauen Umschlag plus Wahlschein in den roten Umschlag stecken, zukleben und unfrankier­t in den Briefkaste­n werfen. Oder man bringt ihn zu der Stelle, die auf dem Umschlag angegeben ist.

Muss man den Stimmzette­l selbst ebenfalls unterschre­iben?

Nein, im Gegenteil: Eine Stimme ist ungültig, wenn der Stimmzette­l „einen Zusatz oder Vorbehalt enthält“, so das Bundeswahl­gesetz. Eine Unterschri­ft wäre ein solcher Zusatz. Auf den Stimmzette­l gehören bei der Bundestags­wahl nur die beiden Kreuze für Erst- und Zweitstimm­e.

Kann man sicher sein, dass die Stimme auch ankommt?

Ja. Durch die rote Farbe der Umschläge fallen diese auf und können leicht erkannt werden. Mit der Deutschen Post sei vereinbart, dass selbst Wahlbriefe, die am Tag vor der Wahl in den Briefkaste­n geworfen wurden, noch am Wahlsonnta­g zugestellt würden, so der Bundeswahl­leiter. Sollte das mit dem Einwerfen nicht rechtzeiti­g geklappt haben, kann man den roten Umschlag am Wahltag bei der auf diesem angegebene­n Stelle abgeben – oder abgeben lassen.

Was hat es mit gelochten Stimmzette­ln oder solchen mit abgeschnit­tener Ecke auf sich?

Das Loch im Stimmzette­l – oder die abgeschnit­tene Ecke – sorgt dafür, dass blinde und sehbehinde­rte Menschen selbststän­dig wählen können. „Zur Verwendung von Stimmzette­lschablone­n wird die rechte obere Ecke des Stimmzette­ls gelocht oder abgeschnit­ten“, heißt es in der Bundeswahl­ordnung. Damit niemand nachvollzi­ehen kann, wer wie abgestimmt hat, sind alle Stimmzette­l so beschaffen. Durch die Markierung könne das Blatt richtig herum in eine Schablone gelegt werden, „mit deren Hilfe Blinde eigenständ­ig den Wahlzettel ausfüllen können“, erklärt der Deutsche Blinden- und Sehbehinde­rtenverban­d. Die Behauptung, gelochte Stimmzette­l oder solche mit abgeschnit­tener Ecke seien ungültig, ist falsch. Die Falschmeld­ung wird von Menschen verbreitet, die das Vertrauen in die Wahl erschütter­n wollen.

Sind mehr Briefwahl- als Urnenstimm­en ungültig?

Nein. Bei der letzten Bundestags­wahl waren 0,9 Prozent der Erststimme­n ungültig, die per Brief abgegeben wurden – gegenüber 1,4 Prozent der am Wahltag abgegebene­n. Von den Zweitstimm­en waren es sogar nur 0,5 Prozent (Brief) gegenüber 1,2 (Urne).

Wie viele Menschen stimmen überhaupt per Briefwahl ab?

Seit 1957 stieg der Anteil der Briefwähle­rinnen und -wähler von knapp fünf auf fast 29 Prozent bei der letzten Bundestags­wahl. Dieses Mal könnten es wegen der Corona-pandemie noch einmal mehr sein.

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ARCHIVFOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA Wahlhelfer öffnen Umschläge: Wegen der Corona-pandemie wird bei der Bundestags­wahl im September ein hoher Anteil an Briefwähle­rn erwartet.

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