Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ab in den Süden mit einem Hippie
Beim Abstauben seines Bücherregals stieß Klaus Modick hinter der Hamburger Goetheausgabe zwischen fetten Staubmäusen auf ein Bändchen von Joseph von Eichendorffs „Aus dem Leben eines Taugenichts“. Das zerfledderte Heftchen stammte noch aus seiner Hamburger Studienzeit in den
1970ern, in denen linke Splittergruppen die Seminare sprengten, um über Mao zu diskutieren. Auf die Seitenränder hatte Modick damals mit ein paar Worten den Entwurf für eine moderne Version des „Taugenichts“gekritzelt. Beim Blättern in dem Büchlein fielen ihm Tabakkrümel entgegen und er fand sich sofort wieder in jenem von Zigarettenrauch durchwaberten Seminar.
Fast ein halbes Jahrhundert später hat der 1951 in Oldenburg geborene Modick die damals skizzierte Geschichte jetzt aufgeschrieben. In „Fahrtwind“verlegt er Eichendorffs Novelle in die Hippie-zeit. Weil er nicht als „& Sohn“in den Sanitärund Heizungsbaubetrieb des Vaters einsteigen und lieber seinen „Neigungen zur Brotlosigkeit“nachgehen will, macht sich der Ich-erzähler mit seiner Gitarre auf den Weg nach Italien. Während er bei Eichendorff in einer Kutsche von zwei Damen mitgenommen wird, steigt er bei Modick als Anhalter in einen Roadster und findet sich in einem Märchen wieder. Als Troubadour in einem Batik-shirt soll er Hotelgäste bespaßen und kriegt auch noch Geld dafür. Bald aber macht der Musikus sich auf den Weg nach Rom, wird von Bikern mitgenommen und findet sich in rätselhafte Machenschaften verstrickt.
Durch Modicks Roman weht ein Hauch von Rosmarin, Thymian und Jugend. Was ihm ausgezeichnet gelingt: eine märchenhafte Atmosphäre zu erzeugen. An seine wunderbaren Künstlerromane über Heinrich Vogeler („Konzert ohne Dichter“, 2015) und Eduard von Keyserling („Keyserlings Geheimnis“, 2018) kommt die Eichendorff-adaption zwar nicht heran. Kurzweilig erzählt aber ist sie ein Plädoyer für die Kunst und das Leben. Die ideale Sommerlektüre.
Klaus Modick: Fahrtwind, Kiwi Verlag, 208 Seiten, 20 Euro.