Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Gute Kinounterhaltung an lauen Sommerabenden
Der Riedlinger Kinoverein hatte mit der Filmauswahl den Geschmack des Publikums getroffen
- Ein●besseres Wochenende als das vergangene hätte der Kinoverein gar nicht auswählen können für seine jährliche Open Air Veranstaltung. Sowohl am Freitag- wie auch am Samstagabend war es schön warm und sämtliche mitgebrachten Decken und Jacken konnten im Rucksack bleiben. Damit die Coronaabstände gut eingehalten werden konnten, waren zwischen den Stühlen immer wieder kleine quadratische Tische aufgestellt. Eine gute Idee, denn so konnten die Besucher ihre Getränke abstellen, und mit Sicherheit gingen viel weniger Gläser und Flaschen zu Bruch. Mit der Filmauswahl hat das Team des Kinovereins ebenfalls eine glückliche Hand bewiesen, und zwei Filme mit wunderschönen Landschaftsaufnahmen sind über die große Leinwand, die quer über die Lange Straße gespannt war, geflimmert. Dies war aber die einzige Gemeinsamkeit der beiden Kinofilme.
Am Freitagabend war mit „Mein Liebhaber, der Esel und ich“eine reizende französische Komödie zu sehen, im Übrigen der Publikumsliebling des Sommers. Die Lehrerin Antoinette möchte ein paar romantische Tage mit ihrem heimlichen Liebhaber Vladimir, dem Vater einer ihrer Schülerinnen verbringen. Als der sie schnöde sitzen lässt und mit seiner Familie zum Wandern in die Cevennen fährt, reist Antoinette (gespielt von Laure Calamy) ihm hinterher. Spontan bucht sie eine Trekkingtour mit einem Esel.
Na ja und es ist bekannt, wie störrisch Esel sind und so kommt es zu vielen netten und komischen Episoden, wenn Antoinette versucht, das Tier in Bewegung zu setzen oder auch seinen wilden Lauf zu stoppen. Natürlich bleibt eine Begegnung mit ihrem Liebhaber und dessen Familie nicht aus, was wiederum für Verwicklungen sorgt. Spaß gemacht haben die Landschaftsaufnahmen der Cevennen, und man möchte sich am liebsten nach Frankreich zum Wandern aufmachen, aber vielleicht nicht unbedingt mit einem Esel. „Es war einfach eine gute Sommerunterhaltung“, meinte eine Zuschauerin, die das Wochenende in der Stadt sichtlich genießt und die Gelegenheit wahrgenommen hat, beide Filme zu sehen.
Am Samstagabend war ein spannender Western angekündigt: „Neues aus der Welt“, ein Film der um 1870 in den Südstaaten spielt, mit Tom Hanks und der zwölfjährigen deutschen Schauspielerin Helena Zengel in der Hauptrollen. Diese wurde bekannt durch den deutschen Film „Systemsprenger“, der 2019 auf der Berlinale gezeigt wurde und in dem sie die neunjährige Benni verkörpert. Der anwesende Regisseur Paul Greengrass entdeckte sie und wählte sie wegen ihrer „großen sprechenden Augen“aus, an der Seite von Tom Hanks zu spielen.
Hier verkörpert sie die die deutschstämmige Johanna Leonberger, die ihre Familie vor vielen Jahren bei einem Überfall durch die Indianer verloren hat. Sie fand eine neue Heimat in diesem Stamm, der aber von der Armee geräumt wurde, und Johanna soll nun zurück zu ihren Verwandten. Der ehemalige Armeeangehörige Captain Jefferson Kidd, traumatisiert vom Krieg und vom Tod seiner Frau, erklärt sich bereit, das völlig verstörte Kind mitzunehmen. Die kleine Johanna versteht kein Englisch, spricht einen Indianerdialekt und ganz langsam gelingt eine Annäherung an „Captain Kidd“, wie sie ihren Beschützer nennt. Mit einem Planwagen müssen sie durch die Prärie, die Steppe und durch Wüstenland nach San Antonio, und auf diesem langen Weg durchleben sie einige Abenteuer.
Hier wird das Genre Western deutlich: es gibt böse Banditen, die das Kind wollen, der Planwagen rutscht einen Geröllabhang hinunter, sie treffen auf fanatische Südstaatler und natürlich bleiben auch Naturereignisse wie Sandstürme und starke Regengüsse nicht aus. Doch gemeinsam bestehen sie diese Abenteuer und nähern sich dadurch an; das Mädchen gewinnt Vertrauen zu Captain Kidd, der ruhelos umherzieht und sein Geld verdient mit dem Vorlesen von Zeitungsnachrichten in Kirchen, Kneipen oder unter freiem Himmel gegen ein kleines Entgelt. So ist es kein gewöhnlicher
Western, sondern ein mit viel Tiefgang und wenigen Worten auskommender Film über zwischenmenschliches Verhalten und auch den Wert von Büchern und Nachrichten.
An beiden Abenden waren die Vorstellungen fast ausverkauft und die Veranstalter waren sehr zufrieden mit der Publikumsresonanz und natürlich mit dem schönen Wetter.