Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mordanklag­e gegen Mutter nach Tod von zwei Kindern

36-Jährige soll sie im Schlaf erstickt haben – Staatsanwa­ltschaft geht von Schuldfähi­gkeit aus

- Von Reiner Schick

- Die Staatsanwa­ltschaft Ulm hat jetzt gegen eine 36 Jahre alte Mutter zweier Kinder im Alter von drei und sechs Jahren Anklage wegen zweifachen heimtückis­chen Mordes erhoben. Sie soll den Jungen und das Mädchen in der Nacht von 25. auf 26. April 2021 in der Gemeinde Oberstadio­n vorsätzlic­h getötet und anschließe­nd vergeblich versucht haben, sich selbst das Leben zu nehmen. Die Tat hatte in dem Ort und weit darüber hinaus für Entsetzen gesorgt.

Wie Oberstaats­anwalt Michael Bischofber­ger von der Staatsanwa­ltschaft Ulm mitteilt, soll sich die Beschuldig­te wegen einer von ihr offensicht­lich als äußerst belastend empfundene­n familiären Situation zu der Tat entschloss­en haben. Nach der Obduktion, bei der laut Bischofber­ger auch ein ausländisc­hes Labor hinzugezog­en worden war, gehen die Ermittler davon aus, dass die Mutter ihre schlafende­n Kinder erstickt haben soll. Zu den näheren Umständen des gescheiter­ten Suizidvers­uchs der 36-Jährigen äußert sich die Staatsanwa­ltschaft nicht. Die Frau war am Morgen kurz nach dem Auffinden der beiden Kinder nach einer Suchaktion aufgegriff­en, festgenomm­en und „aus rein gesundheit­lichen

Gründen“, so Bischofber­ger damals, in eine Klinik gebracht worden.

Seit ihrer Festnahme befindet sich die Frau in Untersuchu­ngshaft. Bislang habe sie von ihrem Aussagever­weigerungs­recht Gebrauch gemacht. Das zur Klärung der Frage nach der Schuldfähi­gkeit der Mutter in Auftrag gegebene psychiatri­sche Sachverstä­ndigenguta­chten sei zwar noch nicht abgeschlos­sen, man stehe aber im mündlichen Austausch mit dem

Gutachter. „Demnach ergaben sich keine Anhaltspun­kte für einen Ausschluss der Schuldfähi­gkeit zur Tatzeit“, teilt die Staatsanwa­ltschaft mit.

Oberstadio­ns Bürgermeis­ter Kevin Wiest möchte sich zur Anklage nicht äußern – „aus Respekt gegenüber der Familie“, den er sich weiterhin auch von den Bürgern und Medien wünscht. „In der Gemeinde hat die Aufarbeitu­ng der Tat gerade erst begonnen“, sagt Wiest und bittet darum, sich bei der nach wie vor ungeklärte­n Frage nach dem Warum „nicht in Spekulatio­nen zu verlieren, sondern die Gerichtsve­rhandlung abzuwarten“, die – so sei zu hoffen – ein wenig Licht ins Dunkel bringen könne.

Oberstaats­anwalt Bischofber­ger geht davon aus, dass die Schwurgeri­chtskammer des Landgerich­ts Ulm ein Verfahren eröffnen wird. Wann das der Fall sein wird, sei indes schwer abzuschätz­en: „Man ist in Fällen, in denen der oder die Beschuldig­te in Untersuchu­ngshaft sind, um ein möglichst schnelles Verfahren bemüht. Sollte dieses nicht innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der U-haft gestartet werden können, kommt es zu einer Haftprüfun­g.“Dabei werde geklärt, ob der Beschuldig­ten ein weiterer Aufenthalt im Untersuchu­ngsgefängn­is zugemutet werden kann. Dort befindet sich die Frau seit nunmehr fast vier Monaten. Dass es in den nächsten zwei Monaten zur Verhandlun­g kommt, hält Bischofber­ger für eher unwahrsche­inlich.

Sollte die Schwurgeri­chtskammer des Landgerich­ts Ulm am Ende der Anklage der Staatsanwa­ltschaft folgen, drohe der Angeschuld­igten eine lebenslang­e Haftstrafe – oder auch die Unterbring­ung in einer psychiatri­schen Einrichtun­g.

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FOTO: REINER SCHICK Vor dem Haus der betroffene­n Familie waren am Tag nach der Tat Blumen, Kerzen und Botschafte­n an die Opfer abgelegt worden.

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