Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Es raucht auf der Münzdorfer Kohlplatte
Zwei Meiler wurden angezündet – So wird aus Holz Kohle gemacht
- Der zweite Holzkohlenmeiler in diesem Jahr ist auf der Münzdorfer Kohlplatte angezündet worden. Seit ein paar Tagen stehen die Kohlenmeiler unter strenger Bewachung durch die beiden Köhler Max und Norbert Geiselhart. Mindestens alle zwei Stunden werden die Meiler Tag und Nacht kontrolliert, bei Bedarf abgeklopft und gegebenenfalls wieder in Ordnung gebracht.
Die Köhlerei ist eine der ältesten Handwerkstechniken der Menschheit. Seit dem Mittelalter wird Holzkohle in Meilern hergestellt. Aufgrund ihrer geschichtlichen und kulturellen Bedeutung wurden das Köhlerhandwerk und die Teerschwelerei 2014 in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Deutschland aufgenommen.
Dicht an dicht und ohne Lücke wurden die Holzscheite und -rollen aufgestellt. In der Mitte entstand der Schacht. Der ganze Mantel wurde dann mit Gras abgedeckt. Auf diese Tragschicht breiteten die Köhler die „Lösche“als Abdeckmaterial aus und trugen diese etwa zehn Zentimeter dick auf. Mit Spannung hatten die Besucher das Anheizen erwartet. Georg Geiselhart hatte zuvor in einer kurzen Ansprache die Vorgänge beim Köhlern erklärt: „Verkohlen von Holz funktioniert unter beschränkter Zufuhr
von Sauerstoff.“Ergänzend hatte Ventur Schöttle, Staatssekretät a.d. im Landwirtschaftsministerium, ein Loblied für den deutschen Wald vorgetragen.
Daraufhin waren die beiden Köhler mit fein gespaltenen und trockenen Holzstücke, eingepackt in Zeitungspapier, auf die Spitze der Kohlenmeiler gestiegen. Würdevoll legten sie ihre Vorräte ab, verteilten die Holzstücke und entzündeten diese mit dem Zeitungspapier. Rauch stieg auf und Flammen flackerten. Von den angezündeten Holzstücken ging das Feuer auf die alte Holzkohle über, die langsam aufglühte, mit der Zeit zusammensackte und immer wieder nachgefüllt wurde.
Wenn die Glutsäule steht, beginnt der Verkohlungsprozess. Das Holz kohlt von oben nach unten ab. Es bildet sich eine Glutschicht von etwa 30 Zentimeter Dicke. Diese wandert in etwa acht bis neun Tagen von oben nach unten. Der notwendige Sauerstoff kommt über den Mantel, der Rauch geht über „Pfeifen“weg. An der Farbe des Dampfes sieht der Köhler die Vorgänge im Innern: „Grauer Dampf ist ein gutes Zeichen; blauer Dampf bedeutet zu starke Glut - dann sieht der Köhler rot!“Die Oberfläche muss dann dicht gemacht werden.
Tag für Tag kommen viele Besucher. Zur Sicherheit in der Coronazeit wurde ein Hygienekonzept ausgearbeitet. In den vergangenen Jahren entwickelten sich am Kohlenmeiler immer mehr Freundschaften. Auch in diesem Jahr waren Besucher von der Ostalb, aus dem benachbarten Ehingen, dem Neckartal und sogar aus der Schweiz hier anwesend. Seit Jahren ist Bürgermeister Kevin Dorner ein treuer Besucher. In dieesem Jahr waren auch der Landtagsabgeordnete Manuel Hailfinger und der Bundestagsabgeordnete Michael Donth Gäste bei den Köhlern.
Ein besonderer Genuss waren die aus Münzdorf angelieferten Hähnchen vom Holzkohlengrill.jedes Mitglied der Familie Geiselhart hatte ein besonders Aufgabengebiet. Die Senioren sorgten für den Transport, Franz und Georg unterhielten die Besucher und beantworteten geduldig viele Fragen. Forstwirt Hermann hatte die Gesamtverantwortung. Seine
Söhne David und Basti übernahmen die Verteilung.
Stimmung kam auf, als ein Akkordeonspieler zur Unterhaltung aufspielte. An mehreren Abenden hatten sich eine Gruppe der Jagdhornbläser und eine „Lumpenkapelle“aus dem benachbarten Engstingen angemeldet. Das waren die Höhepunkte an der Kohlplatte. Bald ist der Meiler fertig durchgekohlt. Voraussichtlich am heutigen Freitag ruht er einen Tag – zum Auskühlen. Danach wird am Samstag von einer großen Helferschar die Holzkohle „ausgezogen“. Mit einem Haken werden die Kohlehaufen aufgerissen und mit einem Rechen verteilt. Glutreste werden abgelöscht. Der Spruch dazu lautet: „Wasser an der Kohle ist Gift – am Meiler ist es Gold!“
Mit Spannung wird in diesem Jahr die Qualität der Holzkohle betrachtet. Ungefähr die Hälfte der verwendeten Holzstücke wurden erst im Frühjahr und damit in der Saftzeit eingeschlagen. Es handelt sich dabei um Buchenholz. Die veränderten Feuchtigkeitsverhältnisse sind vielen Besuchern aufgefallen, weil aus einer Seite eines Meilers deutlich Wasser ablief. Beim Ausziehen wird erkennbar werden, wie sich die Holzkohle verändert hat. Zum Abschluss wird die Kohle in Säcke gefüllt und säckeweise gleich an die Abnehmer weitergegeben. Die Helfer bekommen noch ein großzügiges Vesper und dann wird es langsam ruhig auf der Kohlplatte und es heißt: „Auf ein Wiedersehen bis zum nächsten Jahr.“