Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mit Rammstein und einem Wunderkind
Bundespräsident Steinmeier verabschiedet Team D zu den Paralympics in Tokio
(dpa/sid) - Das „German Wunderkind“durfte als Erstes zu Bundespräsident Frank-walter Steinmeier, doch es war ihr fast ein bisschen unangenehm. Verbandspräsident Friedhelm Julius Beucher bekniete die seit Donnerstag 17-jährige Merle Menje regelrecht, zu dem prominenten Gast auf die Bühne zu kommen. Dort gratulierte ihr der Bundespräsident herzlich.
Nachher lächelte die aus Singen am Bodensee stammende Rollstuhlsprinterin über das ganze Gesicht. „Es war das schönste Geburtstagsgeschenk, das ich mir vorstellen konnte“, sagte sie. Vor zwei Monaten war für den Teenager noch nicht an eine Paralympics-teilnahme zu denken, nach je zwei Gold- und zwei Silbermedaillen bei der EM im Juni ist sie plötzlich dabei. Das Internationale Paralympische Komitee feierte sie als „Wunderkind“.
Dass Steinmeier am Donnerstag die mit 55 Athleten und Betreuern größte aller deutschen Delegationen am Frankfurter Flughafen, untermalt mit Musik von Rammstein, verabschiedete und dass er sich sogar ausreichend Zeit für Small Talk nahm, empfanden die Sportler als große Ehre. „Ich weiß das sehr zu schätzen“, sagte Weitsprung-weltrekordler Markus Rehm: „Das zeigt, welchen Stellenwert der paralympische viele Deutsche zu Hause vor den Bildschirmen mit Ihnen mitfiebern, ganz egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Wir sind dabei, wir fiebern mit, wir drücken Ihnen die Daumen!“, betonte Steinmeier.
Beucher erblickte unter den Athleten trotz der Umstände ausschließlich fröhliche Gesichter. „Wir standen in der letzten Wochen, wenn nicht ein ganzes Jahr seit der Verschiebung, unter Hochspannung“, sagte der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes: „Nach dem Einchecken ist bei vielen eine Last abgefallen.“Er fliege jetzt „mit dem guten Gewissen, alles gemacht zu haben, was wir machen konnten. Wir haben eine unwahrscheinliche Impfquote von über 97 Prozent. Das macht mich stolz und zeigt, dass wir um den Ernst der Lage wissen.“Dennoch seien die Athleten „so was von heiß. Ich habe keinen einzigen getroffen, der mit einem flauen Gefühl einsteigt. Sie zählen Minuten und Stunden, bis es losgeht.“
Insgesamt sind für Deutschland in Japan 134 Athleten und drei Guides am Start. Die gesamte Delegation umfasst 275 Personen. An 18 der 22 Sportarten ist der Deutsche Behindertensportverband beteiligt, nur im Blinden-fußball, Gewichtheben, Taekwondo und Rollstuhl-rugby sind keine Deutschen am Start.