Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ulmer Abgeordneter hilft zu retten, wer zu retten ist
Afghanistan-drama: Bei Alexander Kulitz (FDP) laufen Drähte heiß – Er hilft, eine Familie zusammenzuführen
- Es sei ein „Wahnsinn“, ein „Drama“, welches sich derzeit rund um den Flughafen in Kabul abspiele. Der Ulmer Bundestagsabgeordnete Alexander Kulitz (FDP) ist Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und berichtet aus erster Hand von Menschen, die verzweifelt versuchen, einen der Plätze in Flugzeugen zu ergattern, die sie vor den Taliban in Sicherheit bringen. Familien würden auseinander gerissen. Einer solchen Familie versuche er gerade zu helfen.
Das Handy von Alexander Kulitz steht derzeit kaum still. Auch wenn er sich in Deutschland aufhält (er kam gerade aus Berlin, nahm teil an einer Sondersitzung), nimmt er direkt Anteil an den chaotischen Zuständen, die sich aktuell am Flughafen von Kabul abspielen.
Viele Tausend Menschen versuchen verzweifelt, das Land zu verlassen. Durch die Machtergreifung der
Taliban fürchten sie um Leib und Leben; um ihr eigenes, aber auch um das ihrer Familie (Fotos zeigen, wie Afghanen Soldaten sogar ihre Babys reichen, damit wenigstens diese in Sicherheit sind).
Kulitz berichtet von einer Familie, mit der er im telefonischen Kontakt stehe. Der Mann ist Belgier, hat eine Frau mit afghanischem Pass. Die beiden hätten es gerade noch geschafft in den gesicherten Bereich des Flughafens. Doch in dem Chaos vor dem Flughafen wurden die Eltern von ihrem 14-jährigen Sohn getrennt, weswegen sich dieser nun auf sich allein gestellt irgendwo vor den Stacheldrahtbarrieren befinde.
Er setze derzeit alle Hebel in Bewegung, tausche sich deshalb sogar mit einem Berater des kalifornischen Gouverneurs aus, damit Us-soldaten den Jugendlichen doch noch aufs Flughafengelände lassen. Der Ausgang der Geschichte: offen.
Kulitz findet vernichtende Worte für das Krisenmanagement der deutschen Regierung rund um den Abzug der Truppen und der afghanischen Ortskräfte. Zu spät agiert, falsch agiert – und nun müssten Menschen, die den Deutschen in den vergangenen Jahren mit Rat und Tat zur Seite gestanden hätten, büßen und um ihr Leben fürchten. „Verheerend“, sei dies, so Kulitz.
Die Situation sei jetzt so dramatisch wie sie vermeidbar gewesen wäre. Ein Problem aus Kulitz’ Sicht: Da die Taliban die Menschen vor Ort kontrollieren würden, würden sich ehemalige Ortskräfte ihrer Pässe und Ausweise entledigen. „Die verbrennen die.“Doch ohne die Dokumente, so Kulitz, seien die Chancen gering, auf den gesicherten Flughafen-bereich gelassen zu werden.
Es sei eine Tragödie. Sie hätte verhindert werden können, wenn die deutsche Regierung nicht so kurzsichtig und stümperhaft, ja „planlos“, vorgegangen wäre.