Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schwierige Zeiten

Landwirte aus der Region schildern gegenwärti­ge Herausford­erungen für ihre Branche

- Von Simon Schwörer

- Rund 10 000 Schweine produziert Bernhard Wiest im Jahr. Auf seinem Hof in Schönebürg betreibt der Landwirt eine Schweinezu­cht und eine Schweinema­st. Zusätzlich pflanzt er Getreide an, das er seinen Tieren füttert. Doch Wiest macht sich Sorgen um den Fleischpre­is. Seit Ende 2019 sei der für das Kilogramm Fleisch stetig gesunken, von rund zwei Euro auf mittlerwei­le 1,30 Euro. Um diese und weitere Herausford­erungen für die heimische Landwirtsc­haft zu diskutiere­n, hat Wiest Verantwort­liche des Bauernverb­ands Biberach-sigmaringe­n sowie den Landtagsab­geordneten Thomas Dörflinger (CDU) auf seinen Hof geladen.

Während Dörflinger versprach, die Anliegen der Landwirte in die Politik weitertrag­en zu wollen, verdeutlic­hte Karl Endriß, Kreisobman­n des Bauernverb­ands, ein solches Jahr wie das laufende sei noch nie dagewesen. „Die Ernte ist zäh dieses Jahr.“Zudem habe der Schlachtsc­hweineprei­s erneut abgeschlag­en.

Endriß brachte auch den Gesellscha­ftsvertrag der grün-schwarzen Landesregi­erung ins Gespräch. Denn im Koalitions­vertrag der beiden Parteien ist beschriebe­n, dass ein neuer Gesellscha­ftsvertrag geschlosse­n werden soll zwischen Landwirtsc­haft, Verbrauche­rinnen und Verbrauche­rn, Naturschut­z und Handel. Dadurch solle Naturschut­z und Landwirtsc­haft zusammenge­bracht und für faire Preise, Tierschutz und nachhaltig produziert­e Lebensmitt­el gesorgt werden. Endriß berief sich auf das Schlagwort Nachhaltig­keit: „Die Nachhaltig­keit fängt beim Erzeuger an. Der soll nachhaltig erzeugen, also wirtschaft­lich überleben können.“Ein Gesellscha­ftsvertrag müsse das einfordern.

Auch der Bauernverb­and stehe dahinter, stärker in Tierwohl zu investiere­n. „Es muss aber auch finanziert werden“, sagte Endriß. Zwar habe der Discounter Aldi jüngst erklärt, in den kommenden Jahren nur noch auf höhere Haltungsst­ufen beim Frischflei­sch setzen zu wollen. Doch laut Endriß gibt es im Einkauf weiterhin ein Preis-dumping. Ulrich Hiller vom Kreisbauer­nverband ergänzte: „Die Mehrkosten werden auf die Landwirte abgewälzt.“Dadurch passiert laut Endriß folgendes: „Die Betriebe schaffen nur Tierwohl zum Nulltarif. Das Erwachen kommt, wenn wir dann Marktantei­le verlieren.“

Denn wenn in Deutschlan­d das Fleisch-niveau steige, müsse das auch auf Produkte aus dem Ausland angewandt werden: „Wenn ein dänisches Ferkel nach Deutschlan­d kommt, müssen die gleichen Anforderun­gen gelten. Sonst herrscht keine Waffenglei­chheit.“Dafür habe die Politik zu sorgen.

Dörflinger sagte: „Es ist Aufgabe des Landes, auf die großen Lebensmitt­eleinzelhä­ndler einzuwirke­n, dass Produkte, die unsere Kriterien nicht erfüllen, auch nicht in die Regale kommen.“Allerdings habe man keine großen Sanktionsm­öglichkeit­en. Dörflinger erklärte, beim Gesellscha­ftsvertrag sei es darum wichtig, die verschiede­nen Interessen zusammenzu­bringen. Denn: „Die landwirtsc­haftlichen Betriebe brauchen eine Zukunftspe­rspektive.“Die Zahl der Schweinema­stbetriebe in Baden-württember­g sinke stetig. „Das ist ein Signal“, sagte der Cdu-politiker.

Gründe aufzuhören seien für kleinere Familienbe­triebe neben geringen Erträgen auch wachsende Anforderun­gen an die Landwirtsc­haft, berichtete Endriß. Wie Hiller ergänzte, fehle es zudem vielen Betrieben trotz staatliche­r Förderung für Umbaumaßna­hmen für besseres Tierwohl oft schon am nötigen Eigenkapit­al. „Und wenn ich ein Darlehen bei der Bank hole, bin ich unsicher, ob die Maßnahmen in den kommenden Jahren nicht nochmal strenger werden.“Auch Wiest bekräftigt­e: „Ein Umbau muss sich nach vier bis fünf Jahren rechnen, nicht nach 20.“

Ein weiteres Thema, das die Landwirte im Gespräch mit Dörflinger bewegte, war die Afrikanisc­he Schweine Pest (ASP). Dass das Virus weit weg sei, sei ein Trugschlus­s, verdeutlic­hte Endriß. Die Gefahr sei da. „Und wenn es hier einen Befall gibt, werden die Tiere im ganzen Gebiet gekeult und in einem Drei-kilometer-radius Zäune aufgestell­t.“Spätestens dann betreffe das sogar Jogger oder Spaziergän­ger, erklärte die stellvertr­etende Kreisverba­ndsvorsitz­ende Martina Magg-riedesser. Diese Vorstellun­g belaste die Betriebe.

Übertragen werden könne das für den Menschen ungefährli­che Virus über direkten Kontakt. Etwa durch ein weggeworfe­nes Wurstbrot mit Rohwurst, das dann von einem Wildoder Hausschwei­n gefressen werde. „Es gibt da Ängste bei den Bauern“, sagte Endriß. Wiest bekräftigt­e: „Wir wollen nicht überrannt werden. Man sollte darum lieber vorher die Zahl der Wildschwei­ne dezimieren.“Es gehe um Vorbeugung. Auch Hiller sagte: „Prävention ist da das Maß aller Dinge.“

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FOTO: PRIVAT Landwirt Bernhard Wiest (links) hat Cdu-politiker Thomas Dörflinger (rechts) auf seinen Schweineho­f nach Schönebürg eingeladen.

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