Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Comeback der Stimmung
Bayerische Regierung erlaubt 25 000 Fans in der Allianz Arena – Gedenkfeier für Gerd Müller
- Nimmt man die in die Millionen gehende absolute Zahl aller Bayern-fans weltweit, sind es doch nur einige wenige und daher umso glücklichere, die diesen Sonntag sehnsüchtig erwarten. Diesmal findet IHR Comeback statt. 25 000 Zuschauer – und damit sogar 5000 mehr als zunächst gedacht – dürfen in die 75 000 Fans fassende Allianz Arena zum ersten Heimspiel der Saison gegen den 1. FC Köln (17.30 Uhr).
So viele Fans waren seit dem 8. März 2020 nicht mehr in Fröttmaning. Das 2:0 gegen den FC Augsburg ging nicht wegen des Spielniveaus und auch nicht wegen des Ergebnisses, sondern wegen des Erlebnisses „ausverkauft“in die Historie des FC Bayern ein. Danach war Sense. Corona bremste alles aus. Nach der Geisterspielzeit von März letzten Jahres bis Mai 2021 durften im letzten Heimspiel der vergangenen Saison, wieder gegen Augsburg (5:2) immerhin 250 Zuschauer in die Arena, bei den Testspielen während der Saisonvorbereitung bis zu 10 000.
Diesen Sonntag (für die nicht glücklichen Karteninhaber: DAZN überträgt live) wird man das Organ der Mannschaft, Spielertrainer Thomas
„Radio“Müller nicht mehr so gut hören können – es gibt was auf die Ohren von den Tribünen. Endlich wieder Stimmung! Und auch einmalig, also eine einmalige Stimmung? Das war bis Freitagnachmittag zu befürchten, da die Corona-zahlen der Stadt zu mies sind. 43,1 betrug die am Freitagmittag von der Stadt München gemeldete Sieben-tage-inzidenz, am Vortag lautete sie noch 38,6 – Tendenz steigend. Also wären schon für das kommende Heimspiel am Samstag gegen Hertha BSC nur noch 1500 Fans erlaubt worden. Die gute Nachricht: Diese Gefahr ist vorerst gebannt.
Wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Freitag mitteilte, entfalle schon für dieses Wochenende der Richtwert, die Grenze der Sieben-tage-inzidenz von 35. Die bayerischen Vereine müssten lediglich eine Sondergenehmigung bei ihrer zuständigen Kreisverwaltungsbehörde erwirken. Außerdem dürfen Bayerns Sportclubs ihre Stadien und Hallen künftig bis zu einer Kapazität von 50 Prozent (bisherige Höchstgrenze 35 Prozent Auslastung) mit Zuschauern füllen – aber mit maximal 25 000 Zuschauern. Das Argument für die neue Regelung: An den Stadioneingängen erfolgt die Abfrage des sogenannten 3G-nachweises.
Eine erstaunliche Entwicklung, denn Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ist während der Coronapandemie bisher nicht gerade als Softliner aufgetreten. Das hat wohl auch den FC Bayern überrascht. Aufgrund der Kurzfristigkeit der Regeländerung wird der Club erst am Samstag endgültig entscheiden, ob die 5000 zusätzlichen Fans auch wirklich schon an diesem Sonntag möglich sind.
Klar ist aber: Es wird nicht das befürchtete Kurz-comeback der Stimmung. Der Zeitpunkt ist ohnehin genau der richtige: wegen Gerd Müller (†75). Gegen Köln soll der am vergangenen Sonntag verstorbene „Bomber der Nation“im Stadion möglichst gefühlig geehrt werden, treue Weggefährten und Familienangehörige wurden vom Verein eingeladen. Vor Anpfiff werden Präsident Herbert Hainer sowie Ex-mitspieler und Ehrenpräsident Uli Hoeneß ihren Gerd in Reden auf dem Rasen würdigen, über die Videoleinwände flimmern Bilder seiner Karriere, seines Lebens. Es gibt eine Gedenkminute, die Spieler tragen Trauerflor. Nach Abpfiff erstrahlt die Arena ein zweites Mal mit dem Schriftzug „Danke Gerd“– Weiß auf Rot.
„Wir freuen uns alle auf das Spiel, ein Heimspiel vor 20 000 Zuschauern“,
betonte Trainer Julian Nagelsmann am Freitag explizit – noch im Unwissen der Änderung. Nach dem 3:1 im Supercup hofft der 34-Jährige bei seiner Heim-pflichtspielpremiere: „Am Dienstag haben wir verdient gewonnen. Es war ein Spiel das wichtig war, um zu zeigen, dass wir da sind.“Am Sonntag dürfen die Fans zeigen, dass sie wieder da sind. Und dass sie in Gedanken bei Gerd Müller sind.
Julian Nagelsmann muss gegen den 1. FC Köln wohl ohne Nationaltorhüter Manuel Neuer auskommen. „Stand jetzt gehe ich nicht davon aus, dass er spielt“, sagte der Bayern-trainer am Freitag. Neuer zog sich in Dortmund eine Kapselverletzung am rechten Sprunggelenk zu. „Er hat eine kleine Kapselproblematik, nichts Dramatisches. Es braucht aber trotzdem Ruhe“, erklärte Nagelsmann. Wann Neuer ins Tor zurückkehren kann, ist offen. Sein neuer, alter Stellvertreter Sven Ulreich, im Juli vom Hamburger SV zu den Bayern zurückgekehrt, wird gegen Köln zum Einsatz kommen. Flügelstürmer Kingsley Coman steht aufgrund einer Einblutung im Gesäß nicht zur Verfügung.