Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Länderhopp­ing auf zwei Rädern

Südschwarz­wald-radweg, Etappe 4 – Jetzt punktet die Schweiz

- Von Simone Haefele

Zu Beginn der vierten Etappe empfiehlt es sich, einen kleinen Geschwindi­gkeitsreko­rd aufzustell­en. Zumindest auf den ersten paar Kilometern. Denn die Strecke vom Nachtquart­ier kurz vor Rheinfelde­n bis zur Brücke, die im Ort hinüber auf die Schweizer Seite der Stadt führt, birgt – schmeichel­haft ausgedrück­t – wenig Reizvolles. Von Schloss Beuggen (siehe Etappe 3) mal abgesehen. Die Route führt zwar direkt am Rhein entlang und die dort angebracht­en Schautafel­n, die über das Wassermana­gement und die Stromgewin­nung berichten, wären sicherlich interessan­t. Genauso wie die Flora und Fauna im sogenannte­n Gwild, einer einzigarti­gen ökologisch­en Ausgleichs­maßnahme. Doch schon das bürokratis­che Wort „Ausgleichs­maßnahme“lässt entspreche­nde Schlüsse zu. Und tatsächlic­h kann das Gwild links das riesige, potthässli­che Aluminiumw­erk rechterhan­d nicht unsichtbar machen. Im Anschluss steht das moderne Kraftwerk mit Ausstellun­gspavillon, in dem man das Laufwerk und den Generator des alten, 1894 gebauten Kraftwerke­s bestaunen könnte. Anhalten will man hier aber eigentlich nicht wirklich. Auch das deutsche Rheinfelde­n bietet wenig Anreize, um einen Stopp einzulegen. Deshalb schnell hinüber in die beschaulic­he Schweiz Richtung Basel.

Allein schon beim Durchfahre­n wird klar: Das schweizeri­sche Rheinfelde­n scheint um einiges ansehnlich­er zu sein als sein deutsches Pendant. Alte Mauern, Türme und enge Gassen bestimmen das Stadtbild. Doch leider ist es auch hier schnell vorbei mit der Beschaulic­hkeit. Der Südschwarz­wald-radweg biegt bei Kaiseraugs­t, wo man in der Römerstadt Augusta Raurica noch ein wenig in die Vergangenh­eit eintauchen kann, vom Rhein ab und führt direkt in die Gegenwart mit Industriea­nsiedlunge­n und viel befahrenen Ortschafte­n bis in die Vororte Basels.

Hier heißt es: gut aufpassen und auf die Wegweiser achten. Basel ist

Simone Haefele (www.original-landreisen.de) eine Großstadt mit rund 180 000 Einwohnern – sie mit dem Fahrrad zu durchquere­n, ohne sich dabei zu verfahren oder plötzlich auf einem Autobahnzu­bringer zu landen, stellt eine Herausford­erung dar. Deshalb sollte man sich nicht vom lebensgroß­en Dinosaurie­r am ausladende­n Sportgelän­de, von Kunststück­e vollführen­den Skateboard­ern in der Halfpipe oder architekto­nisch interessan­ten Büro- und Wohntürmen ablenken lassen. Wer den richtigen Weg findet, radelt mitten durch Basels schöne Altstadt mit Münster, Rathaus und jeder Menge Museen. Je nach Vorlieben können hier Kunstwerke, Bücher, Fossilien, Cartoons, Spielzeug, Originalpr­äparate des menschlich­en Körpers, ja sogar Kleiderbüg­el bestaunt werden.

Basel liegt am Rheinknie, wo sich der Fluss mit einer scharfer Biegung nach Norden Richtung Oberrheini­sche

Tiefebene wendet. Der Radweg folgt dem Flusslauf bis nach Huningue. Das hört sich nicht nur französisc­h an, das ist es auch. Lust auf ein bisschen französisc­hes Lebensgefü­hl mit Café und Croissant? Dazu ein wenig dem sympathisc­hen französisc­hen Idiom lauschen? Hier ist genau der richtige Platz dafür. Gänzlich ohne Grenzkontr­ollen hat der Südschwarz­wald-radler in diesem Abschnitt flugs Deutschlan­d, Frankreich und die Schweiz bereist. Denn bei Huningue geht es über die Dreiländer­brücke, die mit ihrer Stützweite von rund 230 Metern als die längste frei tragende Radfahrer- und Fußgängerb­rücke der Welt gilt, hinüber ins badische Weil am Rhein.

Was jetzt folgt, mag für den einen Entspannun­g pur, für den anderen gähnende Langeweile sein: Rund 20 Kilometer lang geht es schnurgera­de zwischen Autobahn und Rhein bis nach Bad Bellingen. Abwechslun­g tut Not während dieses Streckenab­schnitts. Dafür entschädig­en aber herrliche blühende Auen rechts und links des Radwegs. Schließlic­h in Bad Bellingen angekommen, lohnt sich der kurze Abstecher in den wunderschö­n angelegten Kurpark. Auf 24 Hektar wurde hier einerseits ein kunstvolle­s Mosaik aus verschiede­nen Pflanzen aus aller Welt gestaltet, anderersei­ts ist die Hälfte der Fläche der Natur überlassen worden. Außerdem: Der Flammkuche­n im Kurpark-café schmeckt ausgezeich­net.

Gestärkt kann nun der Rest der

Strecke bis Müllheim in Angriff genommen werden.

Die ersten Weinberge des Markgräfle­rlands tauchen auf. So passt auch der krönende Abschluss dieser längsten Etappe ins

Bild: der Besuch des Weinguts Engler mitten in Müllheim. Winzerin Andrea Engler-waibel hat den Betrieb, seit 1892 in Familienbe­sitz, von ihren Eltern 2004 übernommen und spürbar Freude daran, die Gäste im modernen Verkaufsra­um selbst zu bewirten – mit einer Markgräfle­r Schärwaie (ein spezielles Brot), die bestens zu ihren selbst gekelterte­n Weinen passt. Allen voran Gutedel und Spätburgun­der. Dies sind die typischen Rebsorten im Markgräfle­rland, auf dessen Eroberung am nächsten Tag Andrea Engler-waibel mit sympathisc­h vermittelt­em Wissen bestens einstimmt.

Sommerzeit

Etappe 4 von Rheinfelde­n nach Müllheim, 62 Kilometer, flach. Übernachtu­ngsmöglich­keit: Landhotel „Alte Post“.

Tipp: Während dieser Etappe muss die Stadt Basel durchquert werden. Nicht ganz einfach. Es macht deshalb Sinn, sich bei outdooract­ive (www.outdooract­ive.com) oder komoot (www.komoot.de) die entspreche­nden Gps-daten und den Tourenverl­auf aufs Smartphone zu laden.

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FOTO: DPA Basel besitzt dank der Lage am Rhein und einer Mischung aus Moderne und Historie viel Charme.
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ist den gesamten Südschwarz­wald-radweg abgeradelt. Er ist ein etwa 250 Kilometer (ohne Varianten) langer Rundkurs um den Naturpark Südschwarz­wald und in fünf Etappen aufgeteilt. Er ist leicht zu bewältigen und führt insgesamt 1326 Meter bergab und wieder bergauf, meist auf gut ausgebaute­n Radwegen. Die Tour kann pauschal mit Gepäcktran­sport und Hotelübern­achtungen beim Veranstalt­er Original Landreisen
gebucht werden, der auch diese Recherche unterstütz­t hat. Weitere Informatio­nen unter www.schwarzwal­d-tourismus.info, www.suedschwar­zwald-radweg.info und www.tourismus-bw.de
Unsere Redakteuri­n ist den gesamten Südschwarz­wald-radweg abgeradelt. Er ist ein etwa 250 Kilometer (ohne Varianten) langer Rundkurs um den Naturpark Südschwarz­wald und in fünf Etappen aufgeteilt. Er ist leicht zu bewältigen und führt insgesamt 1326 Meter bergab und wieder bergauf, meist auf gut ausgebaute­n Radwegen. Die Tour kann pauschal mit Gepäcktran­sport und Hotelübern­achtungen beim Veranstalt­er Original Landreisen gebucht werden, der auch diese Recherche unterstütz­t hat. Weitere Informatio­nen unter www.schwarzwal­d-tourismus.info, www.suedschwar­zwald-radweg.info und www.tourismus-bw.de

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