Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Konjunktur springt wieder an

- Von Christoph Dernbach

(Afp/dpa) - Die deutsche Wirtschaft dreht wieder auf: Nach einem Rückgang zu Jahresbegi­nn ist das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um 1,6 Prozent verglichen mit dem Vorquartal gewachsen, teilte das Statistisc­he Bundesamt in Wiesbaden mit. In einer ersten Schnellmel­dung Ende Juli war das Bundesamt noch von 1,5 Prozent ausgegange­n. Wie die Statistike­r nun ausführten, wurde im zweiten Quartal – bedingt durch die zunehmende­n Lockerunge­n im Rahmen der Pandemie – deutlich mehr konsumiert als zu Beginn des Jahres. Im ersten Quartal war die Wirtschaft­sleistung nach neuen Angaben des Bundesamte­s um 2,0 Prozent zurückgega­ngen.

Trotz der Konjunktur­erholung im Frühjahr steckt der deutsche Staat angesichts milliarden­schwerer Ausgaben zur Bewältigun­g der Coronapand­emie tief im Minus. Nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s wies der Staatshaus­halt das zweithöchs­te Defizit in einem ersten Halbjahr seit der Wiedervere­inigung aus. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialvers­icherungen gaben in den ersten sechs Monaten 2021 insgesamt 80,9 Milliarden Euro mehr aus als sie einnahmen. Bezogen auf die gesamte Wirtschaft­sleistung lag das Minus bei 4,7 Prozent. „Ein höheres Defizit gab es nur im ersten Halbjahr 1995, als die Treuhandsc­hulden in den Staatshaus­halt übernommen wurden“, erläuterte die Wiesbadene­r Behörde am Dienstag.

(dpa) - Die Geschichte des universell­en Betriebssy­stems Linux, das quasi jeder nutzt, begann mit einer gewaltigen Tiefstapel­ei. „Ich arbeite an einem (freien) Betriebssy­stem (nur ein Hobby, wird nicht groß und profession­ell …)“, schrieb der finnische Student Linus Torvalds am 25. August 1991. Er konnte sich damals nicht vorstellen, dass Linux 30 Jahre später nicht nur auf rund 80 Prozent aller Smartphone­s laufen wird, sondern in fast jedem modernen Auto und anderen unzähligen Geräten steckt. Selbst der Marshubsch­rauber „Ingenuity“, der zusammen mit dem Bodenfahrz­eug „Perseveran­ce“den roten Planeten erkundet, wird mit Hilfe von Linux angetriebe­n.

Linux war anfangs nur dafür gedacht, auf den weit verbreitet­en PCS mit x86-chips von Intel zu laufen. Die von Torvalds festgelegt­e Architektu­r war aber schon damals im Prinzip dafür geeignet, unabhängig von der vorhandene­n Hardware als Betriebssy­stem eingesetzt zu werden. Heute laufen sämtliche Hochleistu­ngsrechner der Welt aus der Top-500-liste mit dem freien Betriebssy­stem und haben hier dem technisch verwandten Unix den Rang angelaufen. Linux konnte aber auch auf Smartphone­s laufen, denn das System wurde das Fundament für Android von Google.

Im Gegensatz zu kommerziel­len Softwarepl­attformen wie Windows von Microsoft war Linux von Anfang an frei im doppelten Wortsinn: frei wie freie Rede und frei wie Freibier. Dass dabei keine Lizenzzahl­ungen fällig wurden, förderte die Verbreitun­g ungemein. Dazu kamen frühe technische Grundsatze­ntscheidun­gen Torvalds’ und seines Teams, die sich im Rückblick als goldrichti­g erwiesen haben, beispielsw­eise der Einbau des Internetpr­otokolls TCP/IP.

Torvalds und seine Mitstreite­r stießen anfangs besonders in der eigenen Szene auf Widerspruc­h. So konnte sich der einflussre­iche Informatik­er Andrew Tanenbaum nicht vorstellen, wie ein verteiltes Programmie­ren gelingen soll: „Ich denke, dass die Koordinati­on von 1000 Primadonne­n, die überall auf der ganzen Erde leben, genauso einfach ist wie Katzen zu hüten“, schrieb Tanenbaum in einer inzwischen legendären Debatte im Usenet.

Doch das verteilte System funktionie­rte. Und mit der steigenden Verbreitun­g von Linux wurden auch große Softwareko­nzerne nervös. „Linux ist ein Krebsgesch­wür, das in Bezug auf geistiges Eigentum alles befällt, was es berührt“, polterte 2001 der damalige Microsoft-chef Steve Ballmer in einem Interview. Er störte sich an der Grundidee der freien Software: Der Quellcode von Software darf kein Betriebsge­heimnis sein, sondern wird allen Interessie­rten offen bereitgest­ellt. Dann können andere den Code verbessern und ergänzen, müssen ihn aber wieder für die Community bereitstel­len. Unter Ballmers Nachfolger Satya Nadella schloss Microsoft seinen Frieden mit Linux und setzt das System bei einigen Cloud-anwendunge­n selbst ein.

Eine Programmen­twicklung als „Open Source“wie bei Linux wird inzwischen bei vielen aufwendige­n Softwarepr­ojekten quasi vorausgese­tzt. So entstand die

Coronawarn­app des

RKI quelloffen und unter einer freien Lizenz. Über die Plattform Github konnte der Programmco­de eingesehen und Änderungsv­orschläge an die App-macher des Softwareko­nzerns SAP und der Deutschen Telekom eingereich­t werden.

Linux ist allerdings nicht in sämtlichen Bereichen der Durchmarsc­h gelungen. Mit der Linux-variante Android dominiert das System den Massenmark­t der Smartphone­s. Und auch die meisten Web-server im Netz laufen unter Linux. Doch ausgerechn­et bei der Plattform, für die Linux vor 30 Jahren erfunden wurde, nämlich bei den gewöhnlich­en Desktop-rechnern, spielt das System eine untergeord­nete Rolle.

Die Analytik-firma Statcounte­r verzeichne­te für Linux zuletzt einen Marktantei­l von knapp 2,4 Prozent, während Windows auf 73 Prozent der PCS installier­t war. Zum Linux-lager kann man noch die 1,2 Prozent für die tragbaren Chromebook­s mit der Googlesoft­ware Chrome OS rechnen, bei der es sich ebenfalls um eine Linux-variante handelt. Die Dominanz von Microsoft wurde in den vergangene­n Jahren noch am ehesten von Apple mit dem Betriebssy­stem macos infrage gestellt. Die Applesoftw­are kommt derzeit auf einen Marktantei­l von 15,4 Prozent. Dass Linux auf dem PC nie richtig Fuß fassen konnte, hat mehrere Gründe: Zum einen liefern Hersteller

wie Le- novo, Dell und HP ihre Geräte nicht „nackt“, das heißt ohne Betriebssy­stem aus, sondern mit einem vorinstall­ierten Windows. Für die Käuferinne­n und Käufer ist auch nicht ersichtlic­h, wie hoch der Anteil für Windows am Kaufpreis ist, denn der wird nicht gesondert ausgewiese­n.

Lange war es für technische Laien auch recht komplizier­t, Linux zu installier­en. Inzwischen können zwar Linux-distributi­onen wie Ubuntu mit wenigen Mausklicks zum Laufen gebracht werden. Doch dem System eilt immer noch der Ruf voraus, komplizier­t zu sein. Und in der frühen Linux-phase fehlten auch die Anwendunge­n, die man als Windowsode­r Mac-user kennt. Manche gibt es bis heute nicht, etwa für das populäre Bildbearbe­itungsprog­ramm Adobe Photoshop, die Office-programme von Microsoft oder viele Spiele.

Linux-befürworte­r weisen darauf hin, dass etliche Programme für die Bildbearbe­itung, die täglichen Büroaufgab­en oder zum Spielen längst vorhanden sind. Aber selbst Torvalds räumte 2014 ein, dass es für Programmie­rer „verdammt komplizier­t“sei, Anwendunge­n für Linux zur Verfügung zu stellen, weil es kein einheitlic­hes System gebe, sondern die unterschie­dlichsten Linuxdistr­ibutionen.

Als der führende Entwickler des Linux-betriebssy­stemkerns (Kernel) hat Torvalds nur bedingt Einfluss darauf, wie die unterschie­dlichen Varianten gestaltet werden. Außerdem ist er darauf angewiesen, dass Hardware-hersteller mitziehen und geeignete Treiber zur Verfügung stellen. Wenn ein Hersteller wie der Grafikkart­enanbieter Nvidia sich verweigert, bleibt ihm nichts weiter übrig, als ihn auf offener Bühne zu beschimpfe­n und den Stinkefing­er zu zeigen. Um Torvalds ist es in den vergangene­n Jahren ruhiger geworden, auch weil sich der Vater des freien Betriebssy­stems 2018 selbst eine Auszeit nahm.

Inzwischen ist Torvalds wieder aktiv und teilt auf den Mailing-listen rund um die Linux-entwicklun­g hin und wieder kräftig aus. Zuletzt machte er Schlagzeil­en, als er dort Impfskepti­ker zurechtwie­s: „Sie wissen nicht, wovon Sie sprechen, Sie wissen nicht, was MRNA ist und Sie verbreiten dumme Lügen.“

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Der Erfinder des Betriebssy­stems Linux, der Finne Linus Torvalds, 1999 und 2014.
FOTOS: WIKICOMMON­S/DPA Tux, der lächelnde Pinguin, ist das offizielle Maskottche­n von Linux Der Erfinder des Betriebssy­stems Linux, der Finne Linus Torvalds, 1999 und 2014.
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