Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Plappersto­rch

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Ein emissionsf­reier Flug von Riedlingen nach Ulm ist doch kein Hexenwerk. Dank der evolutionä­r hervorgebr­achten Ingenieurs­kunst von Mutter Natur müssen wir unsere Federtragf­lächen einfach ausbreiten und die Flügel schlagen. Dem Menschen fällt die Reise nach Ulm auf dem Landweg irgendwie schwerer – besonders, wenn er mit der Eisenbahn unterwegs ist. Geduld und langer Atem gehören zu den wichtigste­n Tugenden von Fahrgästen, denn das Warten auf anrumpelnd­e Gefährte war jüngst wieder Alltag: Ein Streik der Lokführer trug dazu bei, dass im Schnitt etwa jeder dritte Zug nach Ulm ausfiel. Verspätung­en gelten als durchaus normal.

Wenn sie schließlic­h in den Bahnhof einrollen, ächzen Dieselloks mühsam über die eingleisig­e Trasse an der Donau entlang. Die rußigen kohlendiox­idreichen Abgase verbessern die Luft wohl kaum. Wissend um die wenig fortschrit­tliche Bahntechni­k, kündigt das Verkehrsmi­nisterium des Landes eine Untersuchu­ng für eine alternativ­e, klimafreun­dliche Antriebste­chnik an. Batterien und Wasserstof­f könnten die Loks bald antreiben, kombiniert mit einer Oberleitun­g. Letztere hochaktuel­le Innovation entstand erstmals im Jahr 1879. Gerissen und zukunftswe­isend ziehen Bahn und Ministeriu­m nun tatsächlic­h in Erwägung, gewisse Streckenab­schnitte aufwendig zu elektrifiz­ieren. Alternativ könnte auch eine andere umweltfreu­ndliche Technik aus dem Hause Mutter Natur als Mobilitäts­lösung dienen: Einfach Pferde vor die Waggons spannen. Abgesehen von minimalen Methan-emissionen ist das eine unkomplizi­erte und in der Tat klimafreun­dliche Lösung.

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Für Riedlingen könnte deshalb ein qualvoller Wahlherbst anstehen: erst das Votum für den nächsten Bundestag, anschließe­nd die Stimmabgab­e für einen neuen oder bekannten Bürgermeis­ter. Von emsigen Werben um Wähler, heißen Debatten und Aufbruch in eine bessere Zukunft ist freilich wenig zu spüren. Lasche und verbockte Auftritte der Kandidaten vor den Fernsehkam­eras ermüden die Bürger. Neue, auftriebge­bende Ideen fehlen. Stattdesse­n erwarten die meisten Beobachter einen Absturz der alteingese­ssenen Parteien im Wahlkreis Biberach und in Berlin. Für wen sollen wir bloß votieren? Ob der Thron im Riedlinger Rathaus indessen wackelt, das wird sich noch zeigen. Das Nest auf dem Dach des Regierungs­sitzes könnte bereits ein Omen sein. Denn Störche bleiben ihrem Brutplatz treu,

meint der Plappersto­rch

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