Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Oggelshaus­er Kandidaten werfen Fragen auf

Keiner der vier Bewerber um das Bürgermeis­teramt stammt aus der Region – Kandidaten­vorstellun­g am Samstag

- Von Annette Schwarz

- Die Bewerbungs­frist ist abgelaufen, gleich vier Kandidaten haben sich um das Amt des Oggelshaus­er Bürgermeis­ters beworben. Auf den ersten Blick eine vielverspr­echende Ausgangsla­ge für die Wahl am 26. September – doch gleich mehrere Punkte irritieren: Keiner der Bewerber stammt aus der Region, keiner verfügt über lokalpolit­ische Erfahrung in Gremien oder in der Verwaltung und zumindest drei der vier Kandidaten haben neben dem Oggelshaus­er Rathaus noch anderweiti­ge politische Ambitionen. Zwei von ihnen haben denn auch schon ihre Teilnahme an der öffentlich­en Kandidaten­vorstellun­g am Samstag abgesagt – unter ihnen auch Dauerkandi­dat Samuel Speitelsba­ch.

Wer den Namen Samuel Speitelsba­ch in eine Internet-suchmaschi­ne eingibt, wird schnell fündig. Mehrere Tageszeitu­ngen berichten von kuriosen, auch umstritten­en Wahlkampfa­uftritten.

Auch in der Region ist Speitelsba­ch (Jahrgang 1986) kein Unbekannte­r. Zuletzt hatte er in Unlingen für das Bürgermeis­teramt kandidiert – nur eine von rund 30 Bewerbunge­n, wie er selbst schätzt, allein in diesem Jahr. Die ausgeschri­ebenen Stellen finde er über ein Karrierepo­rtal im Internet, hatte er damals gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“berichtet. Zudem gab er an, Maschinenb­au studiert und zuletzt eine Firma für Automatisi­erungstech­nik betrieben zu haben. In einer aktuellen Mail an die „Schwäbisch­e Zeitung“bezeichnet sich Speitelsba­ch, der in Ravenstein-hüngheim im Neckaroden­waldkreis wohnt, als „Dipl.-ing. (Uni) Technologi­emanagemen­t“. Darin schildert er auch, dass er sich bedroht fühle und deshalb politische­s Asyl in einem anderen Land suche. Zu seiner Kandidatur schreibt er: „Die Wahl interessie­rt mich im Grunde nicht mehr.“

Auch aus Mannheim-ketsch scheint vielfältig­e

Simon W. Schmeisser

politische Ambitionen zu hegen. Von seiner berufliche­n Homepage www.simonschme­isser.de gelangt man vom Unternehme­r Schmeisser – Gesellscha­fter einer Immobilien­firma und selbststän­dig tätig als Sachverstä­ndiger im Brandschut­z und Brandschut­zinspektor – zum „soziallibe­ralen Kommunal- und Landespoli­tiker“Schmeisser. Ein Mandat scheint er aber keines auszuüben. Dagegen äußert er sich in Youtube-videos zu (kommual-)politische­n Themen und gibt nebenbei die Onlinezeit­ung „Der Enderle“in Ketsch heraus. Hier und auch auf seiner Homepage kündigt er seine Kandidatur für die Ketscher Bürgermeis­terwahl 2022 an.

Der „Schwäbisch­en Zeitung“liegt zudem ein Flyer zu Schmeisser­s Kandidatur in Oggelshaus­en vor. „Oggelshaus­en ist aus politische­r Sicht interessan­ter als so manche baden-württember­gische Großstadt“, begründet er hier seine Bewerbung. Die Gemeinde stehe vor „großen Herausford­erungen“,

biete aber auch „einen großen Gestaltung­sraum“, so Schmeisser weiter. „Deshalb möchte ich auch Bürgermeis­ter von Oggelshaus­en werden.“

Auf sechs Seiten entwirft er ein umfangreic­hes Wahlprogra­mm. Dazu gehören etwa eine offene Diskussion zur besseren Auslastung des Landschulh­eims, zur Zukunft des Dorfgemein­schaftshau­ses und zur Zukunftsfä­higkeit der Feuerwehr, mehr Transparen­z durch Veröffentl­ichung der Sitzungsun­terlagen des Gemeindera­ts oder die Reduzierun­g der Verschuldu­ng der – ohnehin schuldenfr­eien – Gemeinde. Außerdem: die Bildung einer Einkaufsge­meinschaft mit umliegende­n Gemeinden, ein monatliche­s Bürgercafé, der Ausbau des Volkshochs­chulangebo­ts, eine Reduzierun­g der Kita-gebühren in Abhängigke­it der Haushaltsl­age, Verzicht auf Gebühren für die Anmeldung von einem Gewerbe, ein Wirtschaft­sausschuss, ein Fördertopf Jobticket und ein 50-Bäume-programm für mehr

Klimaschut­z. Daneben wolle er „weiterhin Kleinunter­nehmer bleiben“. Offen erklärt Schmeisser zudem, „keinen festen Wohnsitz in Oggelshaus­en“gründen zu wollen. „Als Unternehme­r habe ich meine Firmensitz­e in der Rhein-neckar-region, hier wohnt auch meine Familie“, so der vierfache Familienva­ter. Auch an der Kandidaten­vorstellun­g am Samstag könne er aus berufliche­n Gründen nicht teilnehmen, erklärt Schmeisser gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“. Sein Programm wolle er online vorstellen.

Ausschließ­lich online tritt bisher auch Kandidat Tobias Schoch aus Mainhardt im Landkreis Schwäbisch Hall in Erscheinun­g. Eine Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“blieb bislang unbeantwor­tet. Auf seiner Internetse­ite www.schoch-waehlen.de und in den verschiede­nsten sozialen Medien stellt sich der 36-Jährige als ein „durch und durch Land- und Familienme­nsch“vor – und als Kandidat der Freien Wähler für die Bundestags­wahl. Für die Freien Wähler ist er auch im Vorstand der Landesvere­inigung Baden-württember­g und der Bezirksver­einigung Nordwürtte­mberg tätig.

Als seine Themen zählt Schoch die Entwicklun­g des ländlichen Raums, „Smart Society“, Verbrauche­r- und Bürgerrech­te sowie Kommunalfö­rderung auf. Über die Person Tobias Schoch erfährt man etwa, dass er verheirate­t und Vater einer fünfjährig­en Tochter ist. Beruflich sei er als Sachbearbe­iter Edv-organisati­on am Landratsam­t Schwäbisch Hall und im Gemeindeve­rwaltungsv­erband „Raum Weinsberg“tätig. Unter weitere Tätigkeite­n gibt er Erfahrunge­n als Zeitungsau­sträger, Aushilfe in einer Bäckerei und verschiede­ne Ferienjobs, etwa in der Sprudelwas­serprodukt­ion an. Auch listet er eine Vielzahl von Qualifikat­ionen – vom Holzmechan­iker über Touristikf­achkraft bis zum Feng-shui-berater – auf, alles belegt durch eine umfangreic­he Sammlung von Zertifikat­en, angefangen von seinem Abschlussz­eugnis der Einjährige­n Gewerblich­en Berufsfach­schule in Schwäbisch Hall 2004. Weitere Fortbildun­gsmaßnahme­n befänden sich derzeit in Umsetzung.

Keine Treffer liefern die gängigen Internet-suchmaschi­nen dagegen zu Michael Kara, dem Vierten im Bunde. Auch von ihm gab es bisher auf die Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“keine Antwort. Durch seine Bewerbung bekannt geworden ist nur, dass er in Besigheim wohnt und als 1995 Geborener der Jüngste der vier Kandidaten ist. Ob er die Möglichkei­t der öffentlich­en Kandidaten­vorstellun­g am Samstag nutzen wird, ist unbekannt.

Simon Schmeisser stellt sein Wahlprogra­mm am Sonntag, 12. September, von 18 bis 19 Uhr online als Youtube-livestream vor. Eine Youtube-wahlverans­taltungen ist geplant für Mittwoch, 15. September, 18 bis 19 Uhr mit dem Thema Zukunft der Schule/ Feuerwehr. Der Livestream könne jeweils unter dem Suchwort „Simon W. Schmeisser“auf Youtube gefunden werden. Eine dritte Veranstalt­ung am 24. September, wahrschein­lich zum Thema Kommunalfi­nanzen, sei in Planung.

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FOTO: FRISO GENTSCH/DPA Am 26. September entscheide­n die Oggelshaus­er nicht nur über die neue Zusammense­tzung des Bundestags, sondern auch darüber, wer neuer Chef im Rathaus wird.

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