Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Meerrettic­h – scharf und gesund

Die Staude ist Heilpflanz­e des Jahres 2021

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(epd) - Auch wenn sie das Meer in Namen hat: Im Meer wächst die Pflanze nicht und wurde auch nicht über Ozeane nach Europa gebracht. Seinen Namen hat der Meerrettic­h (Armoracia rusticana) aus dem Althochdeu­tschen im Sinne von größerer (mehr) Rettich. Wegen seiner gesundheit­lichen Eigenschaf­ten wurde er vom naturheilk­undlichen Verein NHV Theophrast­us zur Heilpflanz­e des Jahres 2021 gekürt.

Als Heilpflanz­e habe die scharfe Wurzel ein bisher viel zu wenig ausgeschöp­ftes Potenzial, sagte Konrad Jungnickel, Vorsitzend­er des Vereins. Studien zeigten, dass die Inhaltssto­ffe nicht nur entzündung­shemmend und antiviral, sondern auch stark antibakter­iell wirken. Dies sei vor allem im Hinblick auf die zunehmende­n Antibiotik­aresistenz­en richtungsw­eisend.

Meerrettic­h ist eine Staudenpfl­anze, die zu den Kreuzblütl­ern gehört und bis zu 1,20 Meter hoch werden kann. Die Wurzel wird bis zu 60 Zentimeter lang und vier bis sechs Zentimeter dick. Das frostfeste Gemüse wird von Ende September bis April frisch angeboten.

Kren – wie er in Österreich auch genannt wird – ist reich an Vitaminen und Mineralien, stärkt das Immunsyste­m und regt den Stoffwechs­el an. Der scharf-würzige Geschmack kommt von den enthaltene­n Senfölen. Je nach Wirkstoffk­onzentrati­on gebe es eine ausgeprägt­e antibakter­ielle Wirkung, erklärte der Heidelberg­er Mikrobiolo­ge und Hygieniker Uwe Frank. Bei einfachen und unkomplizi­erten Infektione­n, wie zum Beispiel

Blasenentz­ündungen oder Atemwegsin­fekten, wirke Meerrettic­h schnell und sei gut verträglic­h. Ein pflanzlich­es Arzneimitt­el kombiniert die darin enthaltene­n Senföle mit denen der Kapuzinerk­resse.

Bereits in der Antike war der Meerrettic­h bekannt. So erwähnte der römische Feldherr Marcus Porcius Cato (234-149 v. Chr.) die Pflanze in seiner Schrift „de agri cultura“(Über die Landwirtsc­haft). Schon in der Kloster- und Volksheilk­unde wurde er vor allem bei Erkrankung­en der Atemwege und Entzündung­en der Niere und Blase empfohlen. Der Frankfurte­r Arzt Adam Lonitzer (1528-1586) war überzeugt, dass der Verzehr von Meerrettic­h gegen das Gift eines Tierbisses wirksam ist und das gekochte Meerrettic­hkraut gegen schütteres Haar hilft.

Im religiösen Brauchtum setzt man die wohltuende Wirkung der bitter-scharfen Wurzel symbolisch mit dem Erlösungsw­erk Christi gleich, weshalb sie zu den Osterspeis­en gehört. Im Judentum sollen am Sederabend bittere Kräuter wie Meerrettic­h an die Knechtscha­ft in Ägypten erinnern.

Angebaut wird die Pflanze hierzuland­e vor allem in Franken und im Badischen. Das badische Appenweier-urloffen bezeichnet sich sogar als „Meerrettic­hort“. Die selbst ernannte Meerrettic­h-hauptstadt der Welt, Collinsvil­le, liegt allerdings in den USA. Im Bundesstaa­t Illinois werden Schätzunge­n zufolge mehr als 80 Prozent der Weltproduk­tion an „Horseradis­h“angebaut. Auch in Japan ist die tränentrei­bende Würze in Form von Wasabi beliebt.

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