Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Nach Plakat-aktion ermittelt die Kripo
Judensterne mit dem Vermerk „Ungeimpft“: Stadt und Partei Die Basis erstatten Anzeige
- Plakate mit einem nachgebildeten Judenstern und dem Vermerk „Ungeimpft“sind in den vergangenen Tagen an mehreren Orten in Laupheim angebracht worden. Die Stadt Laupheim und der Kreisverband Biberach der Partei Die Basis haben Strafanzeige erstattet. Die Kriminalpolizei ermittelt gegen Unbekannt.
Mehrere Plakate mit dem gelben Stern wurden im Umfeld des Rathauses entdeckt. Oberbürgermeister Gerold Rechle hat die Aktion scharf verurteilt; sie sei „unsäglich und quasi ein Angriff auf das gute Miteinander und den Zusammenhalt unserer Stadtgesellschaft mit ihrer reichen jüdischen Geschichte“, sagte er der SZ. „Daher haben wir auch ohne Wenn und Aber Anzeige erstattet.“
Gleiches hat der Kreisverband der Basisdemokratischen Partei Deutschland getan. An der Litfaßsäule beim Jugendhaus in der Rabenstraße seien Ankündigungen für eine Wahlkampfveranstaltung der „Basis“auf dem Ulmer Münsterplatz überklebt worden, berichtet die Laupheimerin Marianne Müller, Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl auf der Landesliste Badenwürttemberg.
Die Basis, 2020 aus einer Protestpartei gegen die staatlichen Coronamaßnahmen hervorgegangen, wendet sich gegen einen Impfzwang. „Jeder muss das Recht haben, sich frei zu entscheiden. Das gilt für jede Impfung“, sagt die promovierte Medizinerin Müller. Doch egal, wofür oder wogegen man sei: „Diese Plakat-aktion geht gar nicht.“Die Verwendung des Judensterns „hat gerade in unserer Stadt ein besonderes Gewicht und ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen“, erklärte Müller gegenüber der SZ. „Dieses Zeichen ist in unserer Geschichte mit so viel Leid verbunden, dass es ein unantastbares Symbol darstellt.“
Es werde jetzt geprüft, ob der Tatbestand der Volksverhetzung vorliegt, sagte Wolfgang Jürgens, Sprecher des Polizeipräsidiums Ulm, am Mittwoch. Anhaltspunkte, wer die Plakate in Laupheim verbreitet hat, fehlten bisher. Die Judenstern-kopien mit dem Vermerk „Ungeimpft“entsprächen jenen, die Impfgegner auf Corona-demonstrationen trugen. Das hatte weithin für Entsetzen gesorgt. „Mit dem Vergleich zwischen der Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus und der angeblichen Verfolgung von Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, werden die Gräueltaten und der millionenfache Mord an den Juden verharmlost und die Opfer verhöhnt“, brachte Sabine Leutheusser-schnarrenberger, Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-westfalen und frühere Bundesjustizministerin, die empörten Reaktionen auf den Punkt.
An der Telefonzelle beim Rathaus prangte zusammen mit dem Davidstern der Nachdruck eines Plakats, mit dem Studenten im Mai 1968 die Arbeiterschaft zum Streik aufriefen, um die Verabschiedung der Notstandsgesetze durch den Deutschen Bundestag zu verhindern („Wehrt Euch jetzt ... ehe es wieder zu spät ist!“).
In der Region sei es nach seiner Kenntnis die erste Aktion dieser Art gewesen, sagt der Polizeisprecher Jürgens.