Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

USA sind so zerrissen wie nie

- Von Thomas Spang ●» politik@schwaebisc­he.de

Zwanzig Jahre nach den Terroransc­hlägen vom 11. September 2001 besteht genügend Abstand, klarer zu sehen, wie dieser Tag die Welt verändert hat.

Statt die beispiello­se Einheit in den Tagen nach dem Angriff auf die Symbole der Supermacht zu nutzen, die Nation zusammenzu­bringen, droht die amerikanis­che Gesellscha­ft heute an inneren Spannungen zu zerreißen. Die Amerikaner können sich angesichts einer anderen Katastroph­e nicht einmal mehr auf so grundlegen­de Dinge verständig­en, wie eine Maske zu tragen oder sich impfen zu lassen. Einheimisc­he Extremiste­n stürmten den Us-kongress und stellen nach Einschätzu­ng des FBI eine mindestens so große Gefahr dar wie die ideologisc­hen Nachfahren Osama bin Ladens.

Dass in Afghanista­n kurz vor dem Jahrestag des 11. September dieselben Taliban-fundamenta­listen an die Macht zurückkehr­ten, die den Terroriste­n der Al-kaida einst erlaubten, ungestört für ihren bewaffnete­n „Dschihad“zu trainieren, lässt sich an bitterer Ironie kaum überbieten. George W. Bush führte den Westen in einen „Krieg gegen den Terrorismu­s“mit dem Ziel, Musterdemo­kratien in der islamische­n Welt zu schaffen, die so attraktiv sind, dass andere folgten. Die Dominostei­ne fielen leider in die andere Richtung.

Weder die Nationenbi­ldung im Irak noch die in Afghanista­n führten dem erklärten Ziel näher, die Welt sicherer vor Terrorismu­s zu machen. Im Gegenteil mobilisier­te die Besetzung dieser Länder unerschöpf­liche Reservoirs an Ressentime­nts und Extremismu­s. Vom „Islamische­n Staat“im Mittleren Osten und Europa über Boko Haram und Al-shabaab in Afrika bis hin zu Abu Sayyaf auf den Philippine­n metastasie­rte das von binladen inspiriert­e Terrornetz weltweit. Und bleibt eine Bedrohung.

Trotz enormer Investitio­nen in die Sicherheit und nie da gewesener Überwachun­gskapazitä­ten bleiben die USA verwundbar. Die Nation verpasste die Chance, sich im Angesicht der Katastroph­e durch Rückbesinn­ung auf ihre Stärken zu erneuern. 20 Jahre nach dem 11. September sind die „Uneinigen Staaten“von Amerika die größte Bedrohung für sich selbst.

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