Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Orte der Illusion und Inszenierung neu entdecken
Beim Tag des offenen Denkmals soll es einen Mix aus digitalen Formaten und Live-erlebnissen geben
(KNA) - Zum zweiten Mal in Folge muss Deutschlands größte Kulturveranstaltung, der Tag des offenen Denkmals, am Sonntag im Corona-modus stattfinden. Dabei hat die Pandemie den Denkmalfreunden zu einer steilen Lernkurve verholfen. Fand die Veranstaltung im vergangenen Jahr fast komplett digital statt, so erwartet die Deutsche Stiftung Denkmalschutz als Veranstalter in diesem Jahr eine gute Mischung aus Denkmalveranstaltungen vor Ort und digitalen Formaten.
Der weitgehend virtuelle Denkmaltag 2020 war aus Sicht der Veranstalter zu einem Überraschungserfolg geworden. Über 1200 Beiträge – von virtuellen Rundgängen über Fotocollagen bis zu Audiobeiträgen – hatten kreative Denkmalfreunde aus dem gesamten Bundesgebiet damals auf der Veranstaltungsplattform platziert. In diesem Jahr lassen sich fast 4000 historische Bauwerke und Veranstaltungen bundesweit entdecken – an Ort und Stelle und per Mausklick im Internet. Das ist zwar deutlich weniger als die vor der Corona-zeit üblichen 8000 zugänglichen Denkmäler. „Doch nach einem ersten zögerlichen Start haben viele private und öffentliche Veranstalter nach einer verlängerten Anmeldefrist im Sommer Mut gefasst, historische Bauwerke, Gartendenkmale und archäologische Stätten in diesem Jahr wieder für Besucher zu öffnen“, freuen sich die Veranstalter.
Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, will auf den Erfahrungen des vergangenen Jahres aufbauen: „Indem wir digitale Denkmalformate fest in das Programm integrieren, machen wir Denkmale und damit Kulturerlebnisse barrierefrei.“Interessierte können Denkmäler vor Ort live erleben, aber auch vom Sofa aus digital erkunden. Fahrradtouren, Stadtrundgänge oder Audioguide-führungen über das eigene Handy erlauben coronagerechten Kulturgenuss.
Der Denkmaltag 2021 steht unter dem Motto „Sein & Schein – in Geschichte, Architektur und Denkmalpflege“. Die Veranstalter rücken damit Mythen und Legenden sowie Handwerkskünste in den Fokus, die das menschliche Auge hinters Licht führen – ob illusionistische Malerei des Barock, Nachahmungen der Natur, Materialimitate oder die Wiedererrichtung von Bauwerken wie dem Berliner Schloss, die aus früheren Zeiten zu stammen scheinen. Theaterbauten mit aufwendig gefertigten Requisiten, Lichtspieltheater oder Bahnhofkinos vereint ebenfalls die Eigenschaft, Orte der Illusion und Inszenierung zu sein. Das Gleiche gilt für Schlossparks oder Kirchenräume. Die Stiftung hat auch zu einer Fotoaktion aufgerufen. Gesucht werden Denkmal-schnappschüsse, die das Motto „Sein & Schein“aufgreifen. Die Gewinnerfotos werden in der November-ausgabe der Zeitschrift „Monumente“veröffentlicht.
Wie für 2020 zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit geplant, soll der Denkmaltag in Wittenberg bundesweit eröffnet werden. „In Wittenbergs Altstadt finden wir nicht nur großartige Zeugnisse für den sorgsamen Erhalt originaler Denkmalsubstanz, sondern auch gute Lösungen für deren denkmalgerechte Nutzung in der Gegenwart“, begründet Steffen Skudelny die Wahl. „Die Wertschätzung und sanfte Nutzung der historischen Bauten ist wegweisend für die moderne Denkmalpflege.“