Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Historisch­es und Persönlich­es

- Von Antje Merke

Ein neues Blau“heißt das neue Buch von Tom Saller, der mit seinem Debüt „Wenn Martha tanzt“zum Alltag am Bauhaus vor drei Jahren gleich einen Bestseller landete. Es ist wieder ein Roman, in dem Historisch­es und Persönlich­es, Gegenwart und Vergangenh­eit geschickt miteinande­r verwoben werden.

Und darum geht’s: Zur Hälfte Jüdin, zur anderen Christin und ein bisschen japanisch, so wächst Lili im Berlin der Weimarer Republik auf. Nach dem Tod der Mutter lebt sie mit ihrem Vater, einem jüdischen Teehändler, und dessen engstem Vertrauten, einem Japaner, zusammen. Ans Anderssein gewöhnt, geht Lili auch beruflich ihren eigenen Weg. Sie findet als Porzellanm­alerin ihre Berufung. Doch immer wieder überfällt die junge Frau ein Gefühl von Schuld, über das sie mit niemandem sprechen kann. Lili hat es im Gepäck, als sie vor den Nazis in die USA flieht, und sie nimmt es später mit zurück nach Berlin. Erst als sie die 18jährige Anja kennenlern­t, die sie bespaßen soll, kann die inzwischen alte Dame sich langsam öffnen.

Tom Saller, im Erstberuf Mediziner und Psychother­apeut, erzählt einfühlsam eine spannende Lebensgesc­hichte, die sich durch die verschiede­nen Zeitebenen, gepaart mit historisch­em Hintergrun­d, wohltuend von anderen Romanen dieser Art abhebt. Der Leser wechselt von Kapitel zu Kapitel von der Gegenwart in die Vergangenh­eit und wieder zurück, bis sich die einzelnen Teile zu einem großen Ganzen verbinden. Schade ist nur, dass die Zeit nach dem Tod des Vaters vergleichs­weise wenige Seiten einnimmt, obwohl hier die Schuldfrag­e eine große Rolle spielt. Dennoch ist „Ein neues Blau“ein wunderbare­s Buch, das noch lange nachhallt. Eine leichte Lektüre, aber keine seichte. Also ideal für den Spätsommer.

Tom Saller: Ein neues Blau, Ullstein Taschenbuc­h Verlag, 416 Seiten, 11,99 Euro.

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