Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Wieder eine verpasste Chance mehr“
Zum Bericht „Vorerst behält die Hindenburgstraße ihren Namen“(SZ vom 24. Januar) ging folgende Zuschrift ein:
Der Steigbügelhalter der deutschen Nationalsozialisten behält in Riedlingen seinen „Ehrennamen“. Was 1934 nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg auf Vorschlag der Riedlinger Nazischergen auf den Weg gebracht wurde, nämlich die Umbenennung der Bahnhofstraße in „Hindenburgstraße“, hätte nun ein für alle Mal beendet werden können.
Die im selben Zug vorgenommene Umbenennung zum Adolf-hitler-platz und der dazugehörige Adolf-hitler-brunnen wurden wieder abgeschafft, die übermalten Gemälde des Richard Holy (die Nazis bezeichneten seine Werke als „entartete Kunst“) im Alten Gymnasium sind teilweise wieder freigelegt, nur die Hindenburgstraße blieb. Und das, obwohl Paul von Hindenburg bereits 1932 das vom Reichskanzler Brüning erlassene Verbot von SS und SA aufgehoben hat.
Nur ein Straßenname? Es ist mehr als das. Ein bloßer Qr-code und/oder eine einzige Tafel an dieser beinahe einen Kilometer langen Straße entledigen die Riedlinger Gemeinderäte samt Bürgermeister von ihrer Aufgabe, Demokratie zu stärken. Der Bürgerwille wird wieder einmal in Frage gestellt. Eine öffentliche
Diskussion findet nicht statt. Und dass Bürgermeister Schafft diesen „Verwaltungsakt“in seinen Ausführungen auch noch auf dieselbe Ebene bringt wie die Namensgebung der Ludwig-walzstraße (ein Gerechter unter den Völkern) und die Stolpersteine zum Gedenken an die vertriebenen und ermordeten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger (was im Übrigen auf Initiative von Stadtrat Jörg Bossler zustande kam) erscheint mir eher ein Ausdruck perfiden Denkens. Angesichts der fortschreitenden rechten Gesinnungseuphorie hätte es dem Stadtrat gut zu Gesicht gestanden, hier ein eindeutiges Zeichen zu setzen. Wieder eine verpasste Chance mehr.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Ihre Meinung ist uns wichtig. Je öfter Sie Ihre Ansicht sagen, desto interessanter werden die öffentliche Diskussion und unsere Zeitung. Deshalb freuen wir uns über Ihre Briefe. Bitte vermerken Sie immer Ihren vollen Namen, Ihre Adresse, am besten auch Ihre Telefonnummer, und unterschreiben Sie den Brief. Anonyme Zuschriften werden nicht veröffentlicht. Sie können uns Leserbriefe auch elektronisch schicken und zwar an die Mailadresse: