Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Keine Person, die in Form eines Straßennamens geehrt werden soll“
Zur Berichterstattung über Infotafeln an der Hindenburgstraße in der SZ in Riedlingen und Biberach ging folgender Leserbrief ein:
In Biberach wird darüber diskutiert, ob die Straßenschilder der Hindenburgstraße durch Infotafeln ergänzt werden sollen. Hierbei muss zunächst geklärt werden, ob Paul von Hindenburg als ein würdiger Namensgeber einer Straße dienen kann.
Zwar hat Hindenburg als Oberbefehlshaber im 1. Weltkrieg 1914/ 15 in Ostpreußen den russischen Vormarsch erfolgreich zurückgeschlagen. Aber später als Mitglied der Obersten Heeresleitung (OHL) hat er ab 1916 die Kriegslage falsch eingeschätzt und es versäumt, auf Friedensverhandlungen hinzuarbeiten. Besonders fatal war die von ihm zu verantwortende Frühjahrsoffensive 1918, bei der circa 240.000 deutsche Soldaten gefallen sind und die schließlich zum Zusammenbruch der Westfront führte. Im Untersuchungsausschuss des Reichstags, welcher die Ursachen der Niederlage klären sollte, lenkte Hindenburg 1919 alle Schuld von sich auf Sozialisten und Politiker mit ihren Friedensbemühungen, indem er die „Dolchstoßlegende“erfand. Vor allem für die Parteien der extremen Rechten waren Hindenburgs Aussagen die Grundlage für hasserfüllte Angriffe bis hin zu Morden an Politikern und zur Destabilisierung der Weimarer Republik.
Der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht, Professor Di Fabio, bezeichnet das politische Handeln von Paul Hindenburg als mitentscheidenden Grund für das Scheitern der Weimarer Republik. Hindenburg habe als Reichspräsident
durch das Regieren mithilfe von Notverordnungen und durch die Lahmlegung des Reichstags die Stützen der Weimarer Demokratie demontiert. Hindenburg sei nie ein überzeugter Demokrat gewesen. Sein Ziel sei die Errichtung einer autoritären Regierung unter Leitung der damaligen Eliten (Adel und Militär) gewesen. Als dies nicht gelang, beförderte er Hitler zum Reichskanzler, wohl wissend, dass dieser die noch in Teilen bestehende demokratische Ordnung radikal verändern würde.
Damit ist klar, dass Hindenburg keine Person ist, die der Nachwelt in ehrendem Gedächtnis bleiben und in Form eines Straßennamens geehrt werden soll.
Derzeit finden an vielen Orten Demonstrationen statt, mit der Forderung, die Grundwerte der Demokratie zu verteidigen. Wie scheinheilig ist aber so eine Veranstaltung, wenn nebenan eine Straße zu Ehren von Paul Hindenburg benannt ist? Und selbst mithilfe von Infotafeln kann aus Hindenburg kein würdiger Namensgeber für eine Straße gemacht werden.