Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

So geht es am Marktplatz weiter

Kompromiss im Gemeinerat Biberach für mehr Grün und weniger Parkplätze

- Von Gerd Mägerle

- Im dritten Anlauf hat sich der Biberacher Gemeindera­t auf Maßnahmen zur Aufwertung des westlichen Marktplatz­es geeinigt. Neben Baum- und Pflanzkübe­ln wird es auch weitere Fahrradbüg­el geben sowie die Möglichkei­t für Bä-cker und Metzger, einen Teil der Parkplätze für Außengastr­onomie zu nutzen, sofern sie dies wollen. Während die Mehrheit der Räte für diese Lösung stimmten, lehnte die Grünen-fraktion sie ab, weil sie die Anliegen der Bürger aus dem Beteiligun­gsprozess „Platz für alle“nicht umgesetzt sieht.

Der Weg zur jetzt erfolgten Entscheidu­ng war durchaus kurios. So hatte der Gemeindera­t den nun beschlosse­nen Punkten bereits im September 2023 in weiten Teilen zugestimmt. Offen war lediglich, ob einzelne Parkplätze als Flächen für Außengastr­onomie zur Verfügung gestellt werden sollten. Hierzu hatten sich die betroffene­n Bäcker und Metzger in einem Schreiben an die Stadt ablehnend geäußert. Das Ergebnis war im Dezember 2023 ein Abstimmung­spatt, durch das sämtliche Umgestaltu­ngsmaßnahm­en dann plötzlich wieder abgelehnt waren.

„Die Folge war, dass niemand mit dieser Beschlussl­age wirklich zufrieden und glücklich war“, sagte Oberbürger­meister Norbert Zeidler am Donnerstag im Gemeindera­t. Mit Zustimmung des Gremiums hatte man das Thema nun nochmals auf die Tagesordnu­ng gehoben, um erneut über jede einzelne Maßnahme zu entscheide­n (siehe Kasten). Mit Blick auf die Demo gegen rechts am Samstag vor acht Tagen redete der OB den Stadträten ins Gewissen: „Wenn wir hier nichts hinbringen, dann dürfen wir nicht auf andere mit dem Finger zeigen. Demokratie lebt vom Kompromiss.“Er persönlich hätte sich weitergehe­nde Beschlüsse vorstellen können, dafür gebe es aktuell aber keine Mehrheit. „Ich werde mich wohl mit kleineren Schritten zufriedeng­eben müssen“, so Zeidler.

Magdalena Bopp (Freie Wähler) formuliert­e es kurz und knapp. Ihre Fraktion habe bereits im September den vorgeschla­genen Maßnahmen zugestimmt und tue dies auch jetzt. „Wir sind mit dem Kompromiss einverstan­den.“

„Es ist ein verwirrend­er Weg, bis in Biberach ein paar Kübel und Fahrradbüg­el aufgestell­t werden“, sagte Waltraud Riek (SPD). Ihre Fraktion sei enttäuscht vom Ergebnis. „Wir hatten viel vor, es

ist wenig herausgeko­mmen. Eigentlich will man’s nur noch hinter sich bringen.“Sie beantragte, die für die Evaluation in zwei Jahren angekündig­te, mögliche Parkzeitve­rkürzung schon jetzt umzusetzen. Dieser Antrag fand aber ebenso keine Mehrheit wie der Antrag, die Sondernutz­ung des Gehwegs für die anliegende­n Geschäfte aufzuheben. Man werde die Sondernutz­ung künftig genau kontrollie­ren, sagte Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann.

Seine Fraktion sei immer für mehr Grün auf Kosten einiger Parkplätze gewesen, sagte Günter Warth (FDP) und kritisiert­e die seiner Meinung nach „verdrehte Presseberi­chterstatt­ung“hierzu. Stellplätz­e aus der Innenstadt herauszune­hmen,

sei eine hochsensib­le Entscheidu­ng. Als Negativbei­spiel nannte er Ravensburg, wo „nach gewaltigen Frequenzei­nbrüchen in Gastronomi­e und Handel“jetzt ein Umdenken stattfinde. „Die führen jetzt die erste Stunde kostenlose­s Parken ein. So falsch kann unsere Politik in Biberach also nicht gewesen sein.“Die FDP stimme allen Punkten zu, keinesfall­s dürften aber Bäckereien und Metzgerei gegen ihren Willen zu Außengastr­onomiefläc­hen auf den Parkplätze­n gezwungen werden.

„Wir drehen mit diesem Thema eine Extrarunde nach der anderen“, sagte Paul Lahode (CDU). „Wir sind genervt und die Bürger sind es auch.“Was hier passiere,

sei einem Außenstehe­nden kaum noch zu vermitteln, gab er sich selbstkrit­isch. „Das müssen wir uns alle hinter die Ohren schreiben. Wir dürfen in diesem Gremium keinen Beitrag dazu leisten, dass die Bürger sich von demokratis­chen Gremien abwenden.“Er appelliere deshalb, diesem Kompromiss zuzustimme­n. Die CDU tue dies. „Sorgen Sie dafür, dass die Maßnahmen schnell im Frühjahr umgesetzt werden. Das sind wir den Bürgern schuldig“, sagte er an die Adresse der Verwaltung.

Christoph Kapfer (Grüne) nahm Bezug auf den Beteiligun­gsprozess „Platz für alle“, an dem viele Bürger mitgewirkt hatten. Ergebnisse davon seien die Forderunge­n nach mehr Grün, mehr Sitzgelege­nheiten und einer Verkehrswe­nde in der Innenstadt gewesen. „Diese Punkte sind in der Vorlage minimalisi­ert oder gar nicht abgebildet. Wieso dieser Prozess für ein paar Parkplätze weniger und ein paar Kübel und Sitzgelege­nheiten? Wir sehen die Anliegen der Bürger nicht umgesetzt und stimmen deshalb nicht zu“, so Kapfer.

Parkplätze für Außengastr­onomie freizugebe­n, sei „oberf lächlich sympathisc­h“, meinte Ralf Heidenreic­h (Linke). Er äußerte die Befürchtun­g, Einzelhänd­ler oder die Werbegemei­nschaft könnten Einfluss auf Bäcker und Metzger nehmen, von der Außengastr­o-regelung keinen Gebrauch zu machen, damit möglichst wenig Stellplätz­e wegfallen. Er stimme dem Kompromiss trotzdem schweren Herzens zu.

 ?? FOTO: GERD MÄGERLE ?? Baumkübel, neue Fahrradbüg­el, neue Sitzbänke und möglicherw­eise auch Außengastr­onomie, für die einige Parkplätze wegfallen – das gibt es ab Frühjahr auf der Südseite des westlichen Marktplatz­es.
FOTO: GERD MÄGERLE Baumkübel, neue Fahrradbüg­el, neue Sitzbänke und möglicherw­eise auch Außengastr­onomie, für die einige Parkplätze wegfallen – das gibt es ab Frühjahr auf der Südseite des westlichen Marktplatz­es.

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