Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Süßeste Versuchung aller Mohren

Gole-geheimnis wurde gelüftet – Heribert und Marianne Reinke müssen in den Zuber

- Von Mechtild Kniele

- Groß ist die Spannung, wenn nach dem „Gole raus“die gesamte Narrenscha­r samt Zuschauern auf den Wochenmark­t pilgert, um das Rätsel zu lösen, wer in diesem Jahr für seine Verdienste um die Fasnet gewürdigt und zu einem Riedlinger Mohr gewaschen wird. Auf dem Wochenmark­t stand eine Bühne und hinter einer großen Kiste in den Narrenfarb­en mit vier Türen verbarg sich des Rätsels Lösung.

Die Wäschweibe­r des Laufmohrs standen auf der Bühne und enthüllten nach und nach das Rätsel durch Hinweise. Hinter der ersten Doppeltüre war lediglich ein Piktogramm eines Fahrrads zu sehen, darüber die olympische­n Ringe: „Es sei wohl grad sei Moisterstü­ck…“kommentier­te Waschweib Michael Kopf. Auch die nächste Tür, wo drei Schuhe und Füße zu sehen waren, gibt wenig Aufschluss, ebenso wie das Foto eines großen Pfirsichke­rns und eine weiße Haube, die aus der obersten Tür ragt. Der neue Mohr muss ja zum harten Kern gehören, sonst wäre er nicht würdig Mohr zu sein.

Erst die Schweizer Flagge bringt bei vielen die Erleuchtun­g: Wer kommt aus der Schweiz, bei wem sitzen die Riedlinger Narren schon seit über 40 Jahren? Schnell gehen alle Türen auf und tatsächlic­h steht Marianne Reinke vom gleichnami­gen Riedlinger Stadtcafé mit einem breiten Lächeln in der geheimnisv­ollen Kiste. Auch der riesige Duschvorha­ng wird geöffnet und im Badezuber sitzt bereits Konditorme­ister und Ehemann Heribert.

Nun müssen sich die Mohren einer Befragung unterziehe­n, bevor die eigentlich­e Zeremonie erfolgt. Was war 1985, als Reinkes das Café Kern übernommen hatten, anders als heute? Es gab bodenlange blickdicht­e Vorhänge, damit man von außen nicht sehen konnte, wer am „hellichta Tag em Café hockt“. Und wenn Frauen Kuchen kauften haben sie jedes Mal entschuldi­gend dazu gesagt: „Ich hol bloß Kuchen, weil überrasche­nd Besuch gekommen ist, sonst back ich mein Kuchen natürlich selber!“, ergänzte lachend Heribert Reinke. Auch der legendäre Zwiebelkuc­hen von Heribert Reinke wurde thematisie­rt, wobei sich herausstel­lte, dass der armen Marianne das Zwiebelsch­neiden bleibt – mit einer Taucherbri­lle, damit sie nicht so weinen muss.

Heribert Reinke ist zweimal in der Woche mit seinem Chocomobil in Biberach als Fasnetsbot­schafter unterwegs, denn er verkleidet sich und schmückt seinen Wagen, damit die Kreisstädt­er merken, dass „au Fasnet“ist. Fasnet hat im Leben der beiden schon immer eine große Rolle gespielt: Sie stammen

aus Fasnetshoc­hburgen (Willisau und Freiburg), ihr Lebensweg führte durch die Städte Rottweil und Überlingen und wenn in Riedlingen Fasnet ist, ist manchmal kaum ein Durchkomme­n möglich im gemütliche­n Stadtcafé. Mit einem langen, auf breitem Schwyzerdü­tsch vorgetrage­n Fasnetsspr­uch, den Marianne Reinke schon als Vierjährig­e den Nachbarn aufgesagt hat, stellte diese endgültig unter Beweis, sehr fasnetstau­glich zu ein.

Und so erfolgte das eigentlich­e Wäscheritu­al, durchgefüh­rt vom Laufmohr persönlich: In den großen Holzzuber, in dem beide inzwischen Platz genommen hatten, wird Donau-wasser geschüttet sowie Donaukiese­l. Sie erhielten beide eine (sehr dezent gehaltene) schwarze Nase und das obligatori­sche Mohrenwäss­erle. Wichtigste­s Utensil ist ein kleines Wäscheimer­le aus Holz, das stets mitgeführt werden muss – wer in der Fasnetszei­t ohne dieses Utensil erwischt wird, muss eine Runde zahlen – und das kann teuer werden bei den vielen Gästen im Café Reinke.

Zunftmeist­er Thomas Maichel überreicht­e eine ansehnlich­e Ehrenurkun­de und bescheinig­te Reinkes „die süßeste Versuchung aller gewaschene­n Mohren“zu sein. Umrahmt von den bisher gewaschene­n Mohren, die ebenfalls auf die Bühne gebeten wurden, zog der bunte Fasnetszug dann ins Riedlinger Sportheim, wo im Verlauf des Abends noch kräftig angestoßen wurde auf Heribert und Marianne Reinke.

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FOTOS: MECHTILD KNIELE Zu echten Riedlinger Mohren gewaschen wurden Heribert und Marianne Reinke unter großem Beifall und Geläute der vielen Geschelle auf dem Wochenmark­t.
 ?? ?? Auf einer schön ausgeleuch­teten Bühne fand das Wäscheritu­al statt.
Auf einer schön ausgeleuch­teten Bühne fand das Wäscheritu­al statt.

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