Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Bewegender Gottesdienst zur Fasnetszeit
Mäschkerle und Moorochsen in der Bad Buchauer Stiftskirche – Stehende Ovation für Predigt
- Wieder ein bewegender Höhepunkt war der 51. Gottesdienst zur Fasnetszeit in der übervollen Bad Buchauer Stiftskirche. Unter dem Thema „Gegensätze“durften die Gottesdienstbesucher an einem einmaligen Gottesdienst teilnehmen.
Als vor genau 51 Jahren der damalige Stadtpfarrer Prälat Erich Endrich zum ersten Mal einen Gottesdienst zur Fasnetszeit zelebrierte, zu jener Zeit ein Novum in der ganzen Region, ahnte wohl niemand, dass dies 51 Jahre später schon überall so sein wird.
Damals ein fast ungeheuerlicher Vorgang, Mäschkerle und Moorochsen im Häs in der Kirche, die Musikkapelle närrisch gekleidet und am Schluss das Moorochsenlied gesungen und geschunkelt. Die Narrenwelt stand damals Kopf, was die in Bad Buchau fertigbrachten. In den höchsten Narrengremien war die „Fasnetskirch“in aller Munde und die Meinungen darüber gingen weit auseinander.
Doch die Narrenzunft Moorochs war auf dem richtigen Weg, und alle nachfolgenden Pfarrer nach Prälat Endrich haben ohne Ausnahme diese Tradition weiter geführt. So auch am Fasnetssonntag wieder. Schon der feierliche Einzug lässt erahnen, dass dies keiner der üblichen Gottesdienste wird. Der gesamte Zunftrat der Moorochsen mit der Moorochsenfahne steht im Altarraum, Bürgermeister, Ehrenmitglieder der Zunft und natürlich Pfarrer Martin Dörf linger und auch seine Ministranten im Moorochsenhäs. Auf der Empore die Stadtkapelle die mit „Olympic Spirit“den Gottesdienst eröffnet. Gedanken zum Gottesdienst sprach zunächst Karl Josef Schneck und Mitglieder der Zunft verlasen die Fürbitten.
Mit Spannung erwartet, die Predigt von Pfarrer Dörflinger. Hoch oben in der Kanzel, mit der Ziehharmonika singt Pfarrer Dörflinger seine Predigt auf Schwäbisch, und die Gläubigen dürfen sogar den Refrain dazu singen. Die Gesellschaft entferne sich immer weiter von Gott. Darum treibe sie
auch zielsicher in den Bankrott. Wo man hinschaue sei Krise angesagt. Bildungsmisere, Energiekrise, Parteienkrise und nicht zu vergessen der Bauernaufstand. „Power to the Bauer“und sagt, dass er auch für die Kirche eine Gefahr sehe. Wie bei den Bauern liege es in der Kirche an den Leuten. Die Kirche
hätte derzeit auch dieselben Gegner gegen Kuhglocken und Kirchengeläut. Passend dazu der Refrain, von allen gesungen: „Normal isch des fai itt normal, des isch total verkehrt! Im Gegadoil wärs optimal, wenn jeder sich bekehrt.“
Stehende Ovation für eine Predigt, gibt es halt nur an der Fasnetsmesse. Und Pfarrer Dörflinger war sichtlich gerührt. Zunftmeister Uwe Vogelgesang dankt in seinen Schlussworten allen die dabei waren, und meint, dass die schönste Harmonie durch das Zusammenbringen der Gegensätze entstehe und überreichte Pfarrer Dörflinger ein Präsent und die Stadtkapelle stimmte das Moorochsenlied an.
Das gibts nur in der Fasnet, dass die Besucher schunkeln und klatschen und lautstark mitsingen. Ein etwas anderer Gottesdienst eben, der für die Einheimischen schon lange selbstverständlich ist, Kur- und Feriengäste aber immer ins Staunen versetzt.