Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Starke Resonanz auf Streikankündigung
Hunderte Mails und Anrufe haben die Wetterwarte Süd erreicht – Spendenbutton soll eingerichtet werden
- Die Ankündigung der Wetterwarte Süd, bis auf Weiteres zu streiken und keine kostenlosen Wettervorhersagen mehr zu machen, hat enorm viele Reaktionen hervorgerufen. Wie Betreiber Roland Roth mitteilte, haben ihn und sein Team seit Sonntag eine Flut an Mails und Telefonanrufen erreicht. Auch Tage danach seien sie noch damit beschäftigt, diese zu sichten und zu sortieren. Dies gebe ihm Hoffnung, dass es mit der Wetterwarte Süd irgendwie weitergehe. Die Suche nach Sponsoren laufe jedoch weiter.
Vergangenen Samstag hatte es eine Mitarbeiterversammlung der Wetterwarte Süd gegeben. Dort hatte Roth bekannt gegeben, dass er in Zukunft nicht mehr so viele Vorträge wie bisher geben könne – denn er wird dieses Jahr 70 Jahre alt. In Zukunft wolle er daher „nur“noch 40 bis 50 Vorträge pro Jahr halten. Diese sind jedoch momentan die Haupteinnahmequelle für die Wetterwarte Süd.
Infolgedessen ergibt sich nun ein fünfstelliges Defizit. Kosten verursachen unter anderem die längst fällige Modernisierung der Internetseite, der Umbau des Gebäudes und dass laufend die Kapazität des Servers erweitert werden muss. „Mit jeder neuen Wetterstation f ließen täglich noch mehr Daten in unser System und der Server, der diese Daten verarbeitet, braucht immer mehr Kapazität. Und das kostet“, erklärt Roth. Daher entschieden die Mitarbeiter, bis auf Weiteres zu streiken, um die Nutzer der Seite auf das Problem aufmerksam zu machen.
Rund sieben Millionen Aufrufe verzeichnet die Internetseite jährlich. Viele Vereine in der Region verlassen sich auf die präzisen Vorhersagen, um ihre Feste zu planen. Hausbesitzer, die nach einem Unwetter einen Schaden erlitten haben, erhalten von der Wetterwarte Süd kostenlos ausführliche Gutachten über das Wettergeschehen zum Zeitpunkt des Unwetters, um diese dann bei der Versicherung einzureichen. „All das können wir nicht mehr leisten, wenn wir nicht zeitnah verlässliche Sponsoren finden“, fasst Roth die Situation zusammen. In der Flut an Mails, die bisher eingetroffen sind, hätten sich bereits erste Firmen gemeldet, um über eine mögliche Zusammenarbeit zu reden, und das sei sehr erfreulich. „Noch ist jedoch nichts in trockenen Tüchern, weswegen wir weiterhin ausdrücklich potenzielle Sponsoren bitten, sich bei uns zu melden“, betont er.
Außerdem habe er sowohl persönlich als auch über die genannten Kanäle enorm viel Zuspruch erfahren. Allein auf dem Anrufbeantworter befänden sich noch 200 ungehörte Nachrichten. Am Rosenmontag sei der Streik überall thematisiert worden, sowohl morgens beim Schussenrieder Zunftmeisterempfang als auch abends in den Gaststätten.
Die Wetterwarte Süd ist im Laufe der Jahrzehnte stark gewachsen. Was als Hobby des ehemaligen Hauptschullehrers angefangen hat, hat sich zum wahrscheinlich größten ehrenamtlich betriebenen Wetternetz in Deutschland weiterentwickelt. Bei der Wetterwarte Süd kommen inzwischen Daten aus 300 Messstationen zwischen Stuttgart, der französischen Grenze, der Schweiz und Vorarlberg zusammen.
Und während zum Beispiel der Deutsche Wetterdienst für jede Vorhersage und jedes Gutachten Geld verlangt, waren diese Dienste bei der Wetterwarte Süd bisher kostenlos. Dies zu ändern, sei jedoch nicht so einfach, erklärt der Betreiber. „Wir sind voll damit ausgelastet, alle Mails und Telefonanrufe zu beantworten. Keiner von uns hat Zeit, nach jeder Anfrage auch noch eine Rechnung zu stellen“, erklärt er. Wenn sie dies machen würden, bliebe die Hälfte der Anfragen unbeantwortet.
Dennoch habe er nun erkannt, dass sich etwas ändern und er selbst umdenken müsse: „Da wir kein Verein und keine Gmbh sind, können wir keine Spendenbescheinigung ausstellen. Die Resonanz der vergangenen Tage hat mir jedoch gezeigt, dass das den Menschen überhaupt nicht wichtig ist und sie uns trotzdem gerne helfen wollen.
Daher werde ich dem Team nun vorschlagen, auf der Webseite einen Spendenbutton einzubauen, sodass jeder, der will und kann, etwas spenden kann.“Wenn nur die Hälfte jener Vereine und Privatleute, die um eine Wettervorhersage bitten würden, danach spende, sei schon viel gewonnen.
Große Sponsoren zu finden sei zwar immer noch das Wichtigste. Dennoch helfe es auch schon viel, wenn jeder, der die Webseite nutze, einen kleinen Betrag dafür entrichte.
Die Reaktionen der Menschen hätten ihm und seinem Team auf jeden Fall gezeigt, dass die Menschen in Oberschwaben das Engagement der Wetterwarte Süd zu schätzen wissen.
In dem ersten Bericht der „Schwäbischen Zeitung“, der am Sonntag erschienen war, hatte Roth Kritik am Bauernverband Biberach-sigmaringen geäußert. Mit diesem hatte es jahrzehntelang eine Zusammenarbeit gegeben, denn die Landwirte waren schon immer auf präzise Wettervorhersagen angewiesen.
Gegen einen Obolus hatte die Wetterwarte speziell für die Landwirte eine Telefon-hotline eingerichtet, über die die Landwirte zweimal täglich einen aktuellen Wetterbericht erhielten.
Vor ein paar Jahren entschied sich der Bauernverband jedoch, diese Zusammenarbeit einzustellen, da es inzwischen möglich war, im Internet kostenlose Wettervorhersagen abzurufen. „Vor allem die jüngeren Landwirte haben diese Leistung immer weniger genutzt, sodass wir uns entschieden, das Angebot nicht mehr zu nutzen“, erinnert sich Karl Endriß, Vorsitzender des Bauernverbands. Der Verband habe daraufhin versucht, über bestehende Kontakte Sponsoren für die Webseite zu finden, um deren Finanzierung zu sichern.
Dies sei jedoch nicht gelungen. „Wir schätzen die Arbeit der Wetterwarte Süd dennoch immer noch sehr, denn sie leistet wie niemand sonst eine präzise Wettervorhersage für die Region“, so Endriß. Dennoch müsse auch der Bauernverband auf seine Finanzen achten. Und die damalige Vereinbarung habe sich aufgrund der Weiterentwicklung des Internets damals einfach überholt.
Daher gehe es nun darum, neue Wege zu gehen. Er hoffe sehr, dass dies gelinge.