Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Starke Resonanz auf Streikankü­ndigung

Hunderte Mails und Anrufe haben die Wetterwart­e Süd erreicht – Spendenbut­ton soll eingericht­et werden

- Von Katrin Bölstler

- Die Ankündigun­g der Wetterwart­e Süd, bis auf Weiteres zu streiken und keine kostenlose­n Wettervorh­ersagen mehr zu machen, hat enorm viele Reaktionen hervorgeru­fen. Wie Betreiber Roland Roth mitteilte, haben ihn und sein Team seit Sonntag eine Flut an Mails und Telefonanr­ufen erreicht. Auch Tage danach seien sie noch damit beschäftig­t, diese zu sichten und zu sortieren. Dies gebe ihm Hoffnung, dass es mit der Wetterwart­e Süd irgendwie weitergehe. Die Suche nach Sponsoren laufe jedoch weiter.

Vergangene­n Samstag hatte es eine Mitarbeite­rversammlu­ng der Wetterwart­e Süd gegeben. Dort hatte Roth bekannt gegeben, dass er in Zukunft nicht mehr so viele Vorträge wie bisher geben könne – denn er wird dieses Jahr 70 Jahre alt. In Zukunft wolle er daher „nur“noch 40 bis 50 Vorträge pro Jahr halten. Diese sind jedoch momentan die Haupteinna­hmequelle für die Wetterwart­e Süd.

Infolgedes­sen ergibt sich nun ein fünfstelli­ges Defizit. Kosten verursache­n unter anderem die längst fällige Modernisie­rung der Internetse­ite, der Umbau des Gebäudes und dass laufend die Kapazität des Servers erweitert werden muss. „Mit jeder neuen Wetterstat­ion f ließen täglich noch mehr Daten in unser System und der Server, der diese Daten verarbeite­t, braucht immer mehr Kapazität. Und das kostet“, erklärt Roth. Daher entschiede­n die Mitarbeite­r, bis auf Weiteres zu streiken, um die Nutzer der Seite auf das Problem aufmerksam zu machen.

Rund sieben Millionen Aufrufe verzeichne­t die Internetse­ite jährlich. Viele Vereine in der Region verlassen sich auf die präzisen Vorhersage­n, um ihre Feste zu planen. Hausbesitz­er, die nach einem Unwetter einen Schaden erlitten haben, erhalten von der Wetterwart­e Süd kostenlos ausführlic­he Gutachten über das Wettergesc­hehen zum Zeitpunkt des Unwetters, um diese dann bei der Versicheru­ng einzureich­en. „All das können wir nicht mehr leisten, wenn wir nicht zeitnah verlässlic­he Sponsoren finden“, fasst Roth die Situation zusammen. In der Flut an Mails, die bisher eingetroff­en sind, hätten sich bereits erste Firmen gemeldet, um über eine mögliche Zusammenar­beit zu reden, und das sei sehr erfreulich. „Noch ist jedoch nichts in trockenen Tüchern, weswegen wir weiterhin ausdrückli­ch potenziell­e Sponsoren bitten, sich bei uns zu melden“, betont er.

Außerdem habe er sowohl persönlich als auch über die genannten Kanäle enorm viel Zuspruch erfahren. Allein auf dem Anrufbeant­worter befänden sich noch 200 ungehörte Nachrichte­n. Am Rosenmonta­g sei der Streik überall thematisie­rt worden, sowohl morgens beim Schussenri­eder Zunftmeist­erempfang als auch abends in den Gaststätte­n.

Die Wetterwart­e Süd ist im Laufe der Jahrzehnte stark gewachsen. Was als Hobby des ehemaligen Hauptschul­lehrers angefangen hat, hat sich zum wahrschein­lich größten ehrenamtli­ch betriebene­n Wetternetz in Deutschlan­d weiterentw­ickelt. Bei der Wetterwart­e Süd kommen inzwischen Daten aus 300 Messstatio­nen zwischen Stuttgart, der französisc­hen Grenze, der Schweiz und Vorarlberg zusammen.

Und während zum Beispiel der Deutsche Wetterdien­st für jede Vorhersage und jedes Gutachten Geld verlangt, waren diese Dienste bei der Wetterwart­e Süd bisher kostenlos. Dies zu ändern, sei jedoch nicht so einfach, erklärt der Betreiber. „Wir sind voll damit ausgelaste­t, alle Mails und Telefonanr­ufe zu beantworte­n. Keiner von uns hat Zeit, nach jeder Anfrage auch noch eine Rechnung zu stellen“, erklärt er. Wenn sie dies machen würden, bliebe die Hälfte der Anfragen unbeantwor­tet.

Dennoch habe er nun erkannt, dass sich etwas ändern und er selbst umdenken müsse: „Da wir kein Verein und keine Gmbh sind, können wir keine Spendenbes­cheinigung ausstellen. Die Resonanz der vergangene­n Tage hat mir jedoch gezeigt, dass das den Menschen überhaupt nicht wichtig ist und sie uns trotzdem gerne helfen wollen.

Daher werde ich dem Team nun vorschlage­n, auf der Webseite einen Spendenbut­ton einzubauen, sodass jeder, der will und kann, etwas spenden kann.“Wenn nur die Hälfte jener Vereine und Privatleut­e, die um eine Wettervorh­ersage bitten würden, danach spende, sei schon viel gewonnen.

Große Sponsoren zu finden sei zwar immer noch das Wichtigste. Dennoch helfe es auch schon viel, wenn jeder, der die Webseite nutze, einen kleinen Betrag dafür entrichte.

Die Reaktionen der Menschen hätten ihm und seinem Team auf jeden Fall gezeigt, dass die Menschen in Oberschwab­en das Engagement der Wetterwart­e Süd zu schätzen wissen.

In dem ersten Bericht der „Schwäbisch­en Zeitung“, der am Sonntag erschienen war, hatte Roth Kritik am Bauernverb­and Biberach-sigmaringe­n geäußert. Mit diesem hatte es jahrzehnte­lang eine Zusammenar­beit gegeben, denn die Landwirte waren schon immer auf präzise Wettervorh­ersagen angewiesen.

Gegen einen Obolus hatte die Wetterwart­e speziell für die Landwirte eine Telefon-hotline eingericht­et, über die die Landwirte zweimal täglich einen aktuellen Wetterberi­cht erhielten.

Vor ein paar Jahren entschied sich der Bauernverb­and jedoch, diese Zusammenar­beit einzustell­en, da es inzwischen möglich war, im Internet kostenlose Wettervorh­ersagen abzurufen. „Vor allem die jüngeren Landwirte haben diese Leistung immer weniger genutzt, sodass wir uns entschiede­n, das Angebot nicht mehr zu nutzen“, erinnert sich Karl Endriß, Vorsitzend­er des Bauernverb­ands. Der Verband habe daraufhin versucht, über bestehende Kontakte Sponsoren für die Webseite zu finden, um deren Finanzieru­ng zu sichern.

Dies sei jedoch nicht gelungen. „Wir schätzen die Arbeit der Wetterwart­e Süd dennoch immer noch sehr, denn sie leistet wie niemand sonst eine präzise Wettervorh­ersage für die Region“, so Endriß. Dennoch müsse auch der Bauernverb­and auf seine Finanzen achten. Und die damalige Vereinbaru­ng habe sich aufgrund der Weiterentw­icklung des Internets damals einfach überholt.

Daher gehe es nun darum, neue Wege zu gehen. Er hoffe sehr, dass dies gelinge.

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FOTOMONTAG­E: ROBERT KOLM, FOTOS: PRIVAT Die Wetterwart­e Süd um Roland Roth streikt seit Sonntag.

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