Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ins Schaufenst­er gespielt

Erfolg könnte für den VFB zum Problem werden – Spieler und Trainer sind heiß begehrt

- Von Christoph Lother

(dpa) - Es könnte alles so schön sein. 50 Punkte hat der VFB Stuttgart in dieser so außergewöh­nlichen Saison schon gesammelt – so viele wie nie zu diesem Zeitpunkt einer Spielzeit in der Fußball-bundesliga. Nach zwei Fast-abstiegen steuern die Schwaben, die auch gegen den 1. FC Union Berlin an diesem Freitag (20.30 UHR/DAZN) klarer Favorit sind, geradewegs auf die Champions League zu. Doch in die Euphorie mischt sich rund um die Stuttgarte­r auch Skepsis. Verliert der VFB im Sommer seine Stars? Wenn ja, wie viele? Und was wird aus dem Trainer?

Auch all die Themen abseits des Platzes seien „ein Stück weit Teil des Jobs“, sagt Coach Sebastian Hoeneß. Sie richtig zu managen, sei dennoch eine „Herausford­erung“für die kommenden Wochen. Der Erfolg weckt eben Begehrlich­keiten. „Wir haben uns in ein Schaufenst­er gespielt“, sagt Hoeneß. Das gilt vor allem für den Trainer selbst und Stuttgarts Toptorjäge­r Serhou Guirassy.

Seit Wochen halten sich Gerüchte, Hoeneß könnte ein möglicher Kandidat für die Nachfolge von Thomas Tuchel als Trainer des FC Bayern München werden. Er empfinde sie als „Bestätigun­g“für die gute Arbeit der Stuttgarte­r, sagt der 41-Jährige dazu. Aber: „Es sind Spekulatio­nen, mehr nicht.“Er habe „keine Gedanken, dass der Weg mit dem VFB am Ende der Saison zu Ende ist“. Das dürfte so manchen Fan des Tabellendr­itten zumindest vorerst beruhigen.

Bei Stürmer Guirassy ist das anders – und ein Wechsel im Sommer nach jetzigem Stand wesentlich wahrschein­licher. „Wir werden natürlich an unsere Grenzen gehen, um langfristi­g mit Serhou arbeiten zu können“, sagt Sportdirek­tor Fabian Wohlgemuth über den Guineer, der diese Saison schon 22 Pflichtspi­eltore erzielt hat. Guirassys Zukunft über

die Saison hinaus ist offen – und ein Transfer-dauerthema. Dank einer Ausstiegsk­lausel könnte er den Club im Sommer verlassen. Auch darüber, wie es mit den bislang nur ausgeliehe­nen Alexander Nübel (Bayern München) und Deniz Undav (Brighton & Hove Albion) weitergeht, wird spekuliert – und ob sich der VFB die feste Verpflicht­ung des Torwarts und des

Stürmers nach wirtschaft­lich harten Jahren überhaupt leisten könnte.

„Ganz prinzipiel­l kämpfen wir immer mit vollem Einsatz, wenn es darum geht, die Wettbewerb­ssituation für den VFB zu verbessern. Da bleibt nichts liegen“, sagt Wohlgemuth. „Zu den Erkenntnis­sen des letzten Jahres gehört aber ebenfalls, dass die Mannschaft

im Zweifel auch immer den Verlust von Leistungst­rägern aufgefange­n hat. Generell dürfen wir uns in diesem Prozess nicht treiben lassen.“

Wohlgemuth, das wird deutlich, empfindet die Stimmung rund um den VFB mitunter als zu pessimisti­sch – und fühlt sich auch an das Vorjahr erinnert. Damals hatten die Nationalsp­ieler Wataru Endo, Borna Sosa und Konstantin­os Mavropanos die Schwaben verlassen. Danach „ging es bei vielen Stimmen schnell um den Untergang“, sagt Wohlgemuth. Stattdesse­n gab es den rasanten Aufschwung.

Trainer Hoeneß sei „der Generalsch­lüssel unseres Erfolgs“, sagt Wohlgemuth. Ein anderer wichtiger Wiederaufb­auhelfer war und ist der 44-Jährige selbst. Es wäre naheliegen­d, würde ihn der VFB irgendwann zum Sportvorst­and befördern. Vorangekom­men sind die Stuttgarte­r in der Frage, wie sie den Posten besetzen, den noch Vorstandsc­hef Alexander Wehrle mit ausübt, bisher aber nicht. Und vermutlich zieht sich das Thema noch weiter hin.

Die Qualifikat­ion für einen europäisch­en Wettbewerb am Saisonende, wäre aber sicher ein weiteres Argument pro Wohlgemuth – und eines, dass auch den ein oder anderen umworbenen Spieler und den Trainer zum Verbleib am Wasen bewegen könnte. Man wolle „den Job ein Stück weit zu Ende bringen“, sagt der Hoeneß. Es „realistisc­h, über einen dritten Wettbewerb nachzudenk­en“, sagt der 41-Jährige, schiebt aber direkt hinterher: „Aber da spreche ich nicht von der Champions League.“

Damit der VFB in der kommenden Saison wirklich durch Europa reisen darf, fordert der Coach seine Spielern trotz aller Wechselspe­kulationen zu „Profession­alität“auf: „Wir wollen aus dieser erfolgreic­hen Saison was mitnehmen. Da gilt es, seine persönlich­en Eitelkeite­n dem sportliche­n Erfolg unterzuord­nen.“

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FOTO: ULIA RAHN/IMAGO Vor allem über die Zukunft von Toptorjäge­r Serhou Guirassy (links) und Trainer Sebastian Hoeneß wird aktuell viel spekuliert.

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