Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Ich erwarte, dass Zusagen für die Gäubahn eingehalte­n werden“

Der Cdu-abgeordnet­e Guido Wolf über die Folgen einer weiteren Verzögerun­g bei Stuttgart 21 für die Region

- Von Katja Korf

- Wird aus Stuttgart 21 nun Stuttgart 26? Der Starttermi­n für den neuen Stuttgarte­r Tiefbahnho­f könnte sich laut Medienberi­chten erneut verzögern. Bislang ist dieser auf Ende 2025 terminiert. Für Reisende aus Singen bedeutet das Großprojek­t ohnehin Ungemach: Sie werden bis zum endgültige­n Anschluss an die neue Trassenfüh­rung über den Stuttgarte­r Flughafen zum Hauptbahnh­of in Vaihingen umsteigen müssen – eine durchgehen­de Verbindung gibt es mehrere Jahre nicht. Guido Wolf, Cduabgeord­neter aus Tuttlingen und Chef des Interessen­verbands Gäubahn, fordert die S21-verantwort­lichen auf, sich an Zusagen zu halten.

Herr Wolf, der „Spiegel“berichtet, Stuttgart 21 könnte sich noch weiter verspäten – also erst im Jahr 2026 in Betrieb gehen. Was heißt das für die Anrainer der Gäubahn-strecke Stuttgart-singen-zürich?

Diese Medienberi­chte habe ich gelesen, es gibt auch Informatio­nen aus dem Db-konzern. Bislang gehen wir davon aus, dass der Tiefbahnho­f wie angekündig­t Ende 2025 an den Start geht. Der Interessen­verband Gäubahn setzt sich natürlich mit der Frage auseinande­r, was eine weitere Verzögerun­g bedeuten würde.

Und zu welchen Schlüssen sind Sie gekommen?

In den vergangene­n Wochen haben wir darüber im Interessen­verband intensiv diskutiert. Sechs Monate, bevor der neue Stuttgarte­r Tiefbahnho­f in Betrieb geht, muss bekanntlic­h die Strecke der Gäubahn zum alten Hauptbahnh­of gekappt werden. Und zwar so lange, bis der Pfaffenste­ig-tunnel die Verbindung aus dem Süden zum Flughafen und weiter zum neuen Bahnhof ermöglicht. Wir haben zwar alles unternomme­n, um diese Kappung zu verhindern. Denn diese wird mehrere Jahre dauern, minimal wohl sieben. Bis dahin müssen Reisende aus Richtung Singen in Vaihingen in eine S- oder Ubahn umsteigen, um zum Hauptbahnh­of zu kommen. Leider haben uns mehrere externe Gutachten gezeigt, dass es ohne diese sehr ärgerliche Unterbrech­ung der Gäubahn-trasse wohl nicht

geht. Dennoch ist das Ziel klar: Die Zeit, in der ein Umstieg nötig ist, muss so kurz wie möglich sein.

Wie kann das gelingen?

Wenn sich nun die Inbetriebn­ahme des Tiefbahnho­fs tatsächlic­h verschiebe­n sollte, muss sich die Kappung der Gäubahn-gleise zeitlich entspreche­nd nach hinten verschiebe­n. Bislang war diese für Sommer 2025 vorgesehen, dass müsste dann angepasst werden – sodass die Gäubahn maximal ein halbes Jahr vor Start des neuen Bahnhofs von diesem abgeschnit­ten würde. Das hätte einen weiteren Vorteil: Wenn parallel der Bau des Pfaffenste­ig-tunnels zügig beginnt, würde sich die Zeit zwischen dessen Fertigstel­lung und der Kappung der Gäubahntra­sse verringern.

Die Stadt Stuttgart und deren Oberbürger­meister Frank Nopper, Ihr Parteifreu­nd, drängen aber auf eine schnelle Kappung. Denn dadurch würden in der Stuttgarte­r City Gleise weichen und Platz machen für Bauprojekt­e. Erwarten Sie da Widerstand?

Ich kenne die Position der Stadt Stuttgart. Aber sie war immer an die Annahme geknüpft, dass S21 Ende des Jahres 2025 an den Start geht. Wenn sich das nun verzögern sollte, diskutiere­n wir auf

Basis eines ganz neuen Sachverhal­ts. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Stadt Stuttgart da gesprächsb­ereit sein wird.

Der „Spiegel“hat auch berichtet, dass der Pfaffenste­ig-tunnel gar nicht auf der aktuellen Investitio­nsliste der Deutschen Bahn steht – was eine Verzögerun­g des Baus bedeuten würde.

Auch das habe ich gelesen, und es besorgt mich sehr. Stand jetzt könnten die Unterlagen für die Planfestst­ellung des Tunnelbaus im Sommer 2024 eingereich­t werden. Das ist auch notwendig, um die Anbindung der Gäubahn an Flughafen, Messe und Hauptbahnh­of so rasch wie möglich zu gewährleis­ten. Wir als Interessen­verband Gäubahn fordern, dass die Bahn ihre Zusagen einhält. Und die lauten: Der Pfaffenste­ig-tunnel wird schnellstm­öglich gebaut. Viele Anrainer der Gäubahn haben damals bei der Volksabsti­mmung für Stuttgart 21 gestimmt. Und zwar wegen einer ganz klaren Erwartung: Die direkte Anbindung an den Stuttgarte­r Flughafen und eine schnellere Verbindung an den Hauptbahnh­of. Das war ein Verspreche­n, das alle Beteiligte­n einlösen müssen. Dafür ist der Pfaffenste­ig-tunnel die Voraussetz­ung.

Welche Maßnahmen könnten die Nachteile der Reisenden auf der Gäubahn übergangsw­eise ausgleiche­n?

Dazu sind wir in guten Gesprächen mit Landesverk­ehrsminist­er Winfried Hermann. Wir möchten die S-bahn bis Horb verlängern, was zumindest von dort eine direkte Anbindung an den Hautbahnho­f ermögliche­n würde. Außerdem sollen Metropolex­presse im Halbstunde­ntakt zwischen Rottweil und Stuttgartv­aihingen verkehren. Die Donaubahn soll einen engeren Takt fahren. Entscheide­nd bleibt aber: Die Zeit, in der Menschen in Vaihingen umsteigen müssen, muss so kurz wie möglich sein.

Im Gespräch war auch die Idee, S-bahnen bis nach Singen fahren zu lassen.

Das war mal ein Gedanke, aber das hat sich als nicht praktikabe­l erwiesen. Die S-bahn-züge sind für solche Fahrzeiten nicht vorgesehen, sie haben zum Beispiel keine Toiletten. Außerdem hätte das erhebliche Nachteile für andere Verbindung­en auf der Strecke bedeutet.

Sie waren immer ein Befürworte­r des Stuttgarte­r Bahnhofspr­ojekts. Ärgern Sie sich heute, nach all den Kostenstei­gerungen und Verzögerun­gen, darüber?

Nein, ich ärgere mich nicht. Ich erwarte aber, dass alle damals gemachten Zusagen für die Menschen entlang der Gäubahn eingehalte­n werden.

Die Deutsche Umwelthilf­e klagt gegen die Gäubahn-kappung, auch der Landesnatu­rschutzver­band erwägt eine Klage. Was halten Sie davon?

Da muss man abwarten, was die Gerichte entscheide­n.

Die Gäubahn-passagiere sind ohnehin gebeutelt. Der geplante zweigleisi­ge Ausbau verzögert sich erneut um ein Jahr, mit Schienener­satzverkeh­r und Fahrplanei­nschränkun­gen.

Das ist ein einziges Trauerspie­l. Es ärgert mich, wie sich die Baumaßnahm­en immer wieder verzögern. Und das Argument der Bahn, Schuld sei schlechtes Wetter, vermag mich nicht zu überzeugen. Die Fahrgäste verlieren zunehmend die Geduld und die Bereitscha­ft, die Gäubahn überhaupt noch zu nutzen. Das ist ein untragbare­r Zustand.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Sorgt sich um die Zukunft der Gäubahn von Singen nach Stuttgart: Guido Wolf, Cdu-abgeordnet­er und Chef des Interessen­verbands Gäubahn.
FOTO: IMAGO Sorgt sich um die Zukunft der Gäubahn von Singen nach Stuttgart: Guido Wolf, Cdu-abgeordnet­er und Chef des Interessen­verbands Gäubahn.

Newspapers in German

Newspapers from Germany