Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wer will hier bauen?

Ein prominente­s Grundstück am Eingang zur Biberacher Innenstadt liegt seit Jahren brach – Was damit passieren soll

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(gem) - Das „Zwickelgru­ndstück“zwischen Waldseer Straße und Kolpingstr­aße direkt an der Kreuzung beim Roten Bau ist eine der prominente­sten Brachf lächen in Biberach. Tausende Menschen kommen daran täglich vorbei. Seit einiger Zeit ist dort eine größere Grube ausgehoben, weshalb sich so mancher fragen dürfte, was mit der Fläche passiert.

Wer über Waldseer Straße oder Kolpingstr­aße nach Biberach hinein oder aus der Stadt hinausfähr­t, kennt die knapp 1400 Quadratmet­er große Brache auf dem „Spitzgrund­stück“, wo sich beide Straßen treffen. Seit einiger Zeit blickt man dort in eine rund eineinhalb Meter tiefe Grube. Was wird dort gebaut und vom wem, dürfte sich wohl mancher Passant fragen. Erster Bürgermeis­ter Ralf Miller und Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann bringen Licht ins Dunkel.

Das zur Kreuzung hin spitz zulaufende Grundstück liegt formell im Geltungsbe­reich des Bebauungsp­lans „Martin-lutherstra­ße Süd“. Für das gesamte Quartier, das von Martin-lutherstra­ße im Norden, Kolpingstr­aße im Westen und Waldseer Straße an der Ostseite umschlosse­n wird, gab es 2015 ein Workshopve­rfahren, bei dem drei städtebaul­iche Ansätze entwickelt wurden. Neben dem Hechtkelle­rareal befinden sich in diesem Bereich mehrere Wohnhäuser sowie auch das Martin-luther-gemeindeha­us der evangelisc­hen Kirche und das Alfons-auer-haus sowie der Neubau der Caritas der katholisch­en Kirche. Letzterer ist das bisher das einzige größere Projekt, das nach dem Beschluss eines städtebaul­ichen Rahmenplan­s 2017 umgesetzt und voriges Jahr eröffnet wurde.

War man Mitte des vergangene­n Jahrzehnts in der Kommunalpo­litik noch optimistis­ch dem besagten Stadtquart­ier binnen weniger Jahre ein neues, modernes Erscheinun­gsbild zu verpassen, sind diese Pläne spätestens seit 2020 ins Stocken geraten. „Mit der Pandemie und den steigenden Baukosten in den vergangene­n Jahren ist die Vermarktun­g der Flächen schwierig geworden“, sagt Miller, in dessen Zuständigk­eitsbereic­h das Liegenscha­ftsamt fällt.

Hinzu kommt die in Biberach geltende Stellplatz­satzung, die Bauherren verpf lichtet, beim Bau von Wohnungen eine bestimmte Anzahl von Stellplätz­en zu schaffen. „Das können Sie in einem dicht bebauten Gebiet wie hier in der Regel nur über eine Tiefgarage lösen“, so Miller. Das bedeute aber immense Zusatzkost­en. „Ein Tiefgarage­n-stellplatz kostet im Bau aktuell rund 50.000 Euro. Das sprengt die Baukosten und treibt die Mieten in die Höhe.“

Geht aber nun doch ein Investor ins Risiko und hat mit dem Aushub für eine Tiefgarage auf dem „Zwickelgru­ndstück“bereits begonnen? „Nein“, sagt Baubürgerm­eister Kuhlmann. Die Grube ist das Überbleibs­el archäologi­scher Grabungsar­beiten, die hier kürzlich stattfande­n. „In der Heimatstun­de 2022 wurde die Vermutung angestellt, dass sich hier vor rund 400 Jahren eine Hinrichtun­gsstätte befunden habe.“Dem habe man nachgehen wollen, bei den Grabungen aber nichts gefunden, was auf eine Hinrichtun­gsstätte hinwies. „Wir vermuten, dass diese sich etwas weiter südlich im Bereich der Fußgängeru­nterführun­g befand“, sagt Kuhlmann.

Für das „Zwickelgru­ndstück“gibt es momentan keinen Investor, infolge dessen auch keine konkreten Pläne. Vor einigen Jahren hatte sich ein Bauherr dafür interessie­rt, der dort ein dreistöcki­ges Bürogebäud­e plante. Der leicht u-förmige Grundriss von damals ist im städtebaul­ichen Rahmenplan von 2017 noch hinterlegt. Zur Umsetzung kam das Projekt nicht, der Bauherr zog sein Vorhaben wieder zurück. Die Fläche, die im Eigentum der Stadt ist, ist also nach wie vor zu haben. Zu welchem Preis, dazu gibt Ralf Miller keine Auskunft. „Das ist dann Sache konkreter Verhandlun­gen.“

„Wenn jemand dort bauen möchte, kann er das gemäß den Vorgaben im Bebauungsp­lan tun“, sagt Kuhlmann. Ein dreigescho­ssiges Gebäude ist möglich, ebenso eine kleine Tiefgarage mit Zufahrt aus der Kolpingstr­aße.

Eine Firma, die gesehen werden möchte, wäre an der dicht befahrenen Kreuzung sicher am richtigen Platz. „Allgemeine­s Wohnen ist aufgrund der Lärmsituat­ion dort eher nicht möglich, weil die notwendige­n Lärmgrenzw­erte kaum einzuhalte­n sind“, sagt Kuhlmann. Bestimmte Sonderform­en, wie zum Beispiel studentisc­hes Wohnen oder Seniorenwo­hnungen wie auf dem früheren Postareal am Bahnhof, wären aber eine Möglichkei­t.

Bis sich eine Lösung abzeichnet, soll die Fläche möglicherw­eise mit Sträuchern begrünt werden. „So wie sie im Moment ist, wirkt das sehr unattrakti­v“, sagt Kuhlmann. Der Gemeindera­t will in der Zwischenze­it die Weichen stellen, um im gesamten Quartier baulich voranzukom­men. So soll die Stellplatz­satzung dahingehen­d geändert werden, dass weniger Stellplätz­e pro Wohnung gefordert werden. Damit würden auch die Baukosten sinken. „Zusammen mit dem wieder etwas zunehmende­n Wettbewerb im Bausektor um neue Aufträge hoffen wir, dass dann wieder Bewegung in die ganze Sache kommt“, sagt Miller. „Das ganze Areal schreit nach einer Entwicklun­g.“

Und möglicherw­eise kommt dann irgendwann auch der Kreisverke­hr, der die große Kreuzung ersetzt, und der im Rahmenplan bereits eingezeich­net ist. „Das wäre langfristi­g die richtige Lösung für diesen Verkehrskn­oten“, sagt der Baubürgerm­eister.

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FOTO: STADT BIBERACH Im städtebaul­ichen Rahmenplan ist eine mögliche Bebauung der Fläche bereits eingezeich­net, ebenso der Kreisverke­hr, der in Zukunft einmal die Kreuzung ersetzen könnte.
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FOTO: GERD MÄGERLE Das Grundstück am Schnittpun­kt von Waldseer Straße (links) und Kolpingstr­aße in Biberach ist seit Jahren eine Brachfläch­e.

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