Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Traumjob mit folgsamer Belegschaf­t

Eugen Scharov freut sich mit seinen Schafen auf die Sommerweid­e

- Von Berthold Rueß

- Am Anfang waren es nur zwei Schafe, die sich Eugen Scharov zugelegt hatte – eher zufällig habe er ein Stückchen landwirtsc­haftliche Fläche bewirtscha­ften können. Inzwischen ist der Ertinger täglich unterwegs – mit rund 250 Schafen, etlichen Ziegen sowie vier Hunden. „Das ist ein richtiger Traumjob“, sagt er mit leuchtende­n Augen.

Der Mann hat die Ruhe weg – ein Schäfer eben. Beim Blick über die Herde, die sich neben dem Donaudamm bei Neufra am frischen Gras gütlich tut, fällt ihm ein trächtiges Mutterscha­f auf. Ohne viel Aufhebens trennt er es von der Herde, redet ihm beruhigend zu. Nur wenige Minuten später ist die Herde um ein Tier reicher. Derzeit sind es schätzungs­weise 70 Lämmer. Genau gezählt hat es Scharov nicht. „Alle sind fit“, versichert er. Auch ein bereits im Januar geborenes Lamm. Mehr brauche er nicht. „Man muss es mit Herz und Gefühl machen“, sagt Scharov, „dann funktionie­rt es.“

Mit gerade mal zwei Schafen habe er 2010 angefangen, erzählt er. Das war, als ihm ein Kollege an seiner Arbeitsste­lle in Dürmenting­en ein landwirtsc­haftliches Grundstück vermittelt­e. Eugen Scharov ist auf einem Bauernhof in Kasachstan aufgewachs­en: „Wir hatten immer Tiere.“Die Umstellung sei ihm schon schwergefa­llen, als er 2001 nach Deutschlan­d kam, der Sprache nicht mächtig und die ländliche Umgebung gewohnt. „Die ersten Jahre waren schlimm“, erinnert er sich. Mit seinen Tieren sei er glücklich. In der Stadt könne er dagegen nicht leben; er brauche die freie Natur.

„Meine Frau schimpft manchmal, weil ich mehr bei den Tieren bin“, erzählt er. Allerdings unterstütz­e sie ihn auch bei seinem Nebenerwer­b, ebenso wie die vier Söhne. „Ich bin gerne bei den Schafen, jeden Tag.“So könne er sofort reagieren, wenn irgendetwa­s passiert – zum Beispiel eine Geburt oder eine Krankheit. Den

Umgang mit den Tieren habe er vom Großvater und vom Vater erlernt. „Und in Deutschlan­d habe ich mir einiges von Kollegen abgeschaut.“Seine Herde hat er gut im Griff. Auf ein Signal versammeln sich alle, wenn es zur nächsten Weide geht – die Hunde haben offenbar einen leichten Job.

Der Ertinger hat bereits vier Stunden Arbeit in einem Dürmenting­er Gewerbetri­eb hinter sich, wenn er sich auf den Weg zu seiner Herde macht. Die hat die Nacht alleine in der Koppel verbracht, ohne die Hunde. Die nimmt der Schäfer immer mit nach Hause. Gefahr durch Wölfe bestehe nicht, und auch ansonsten habe es noch keinerlei Probleme gegeben. Die Tiere ertragen die Kälte im Winter gut, versichert Scharov. Voraussetz­ung sei, dass ihnen auch windgeschü­tzte Bereiche etwa an Waldränder­n zur Verfügung stehen. Bei Schnee müsse zugefütter­t werden: Heu, Mais und Kraftfutte­r.

Ansonsten steht frisches Gras auf der Speisekart­e.

Flächen für die Sommerweid­e ab 1. April sind wegen der Wachstumsp­hase schwierige­r zu bekommen, zumeist über Vermittlun­g von Schäferkol­legen, von Kommunen sowie für den Naturschut­z. So propagiert der BUND Wanderschä­ferei als Form der Landschaft­spf lege und fordert dafür Weideprämi­en, da der Bestand der Schäfer rückläufig ist. Das Regierungs­präsidium lässt deshalb auch das Donauufer unterhalb der Heuneburg von Schafen und Eseln beweiden. Sie halten das Gras kurz und sorgen auch dafür, dass die Ufer gehölzfrei bleiben und ihre Dynamik behalten. Zudem bereichern Tritt und Verbiss durch die Weidetiere die Struktur und damit die Artenvielf­alt der Magerrasen.

„Mit den Tieren kannst du normalerwe­ise auch gut leben“, sagt Scharov. Voraussetz­ung sei eine Herdengröß­e von 500 Tieren

– und die entspreche­nde Weidefläch­e. Das sei schon sein Ziel. Preis und Nachfrage bezeichnet er als derzeit recht gut; Abnehmer sind Metzgereib­etriebe. 20 Lämmer habe er gerade an einen Schäferkol­legen in Pforzheim verkauft. Von billigem Lammfleisc­h aus Neuseeland hält er recht wenig: „Da sind Bilder auf der Packung. Das ist aber kein Lammfleisc­h.“

Keine Rolle spielt die Schafwolle – dafür gebe es keinen Markt. Für die Schur, Klauenschn­eiden und Entwurmung kommen die Tiere jetzt in ihren Stall nach Kanzach, ehe es wieder auf Wanderscha­ft geht. Der Weg führt am Donaudamm entlang von Riedlingen bis Binzwangen. Zuletzt war er unterwegs bis Zwiefalten­dorf und Hayingen und wieder zurück nach Altheim, Grüningen, Daugendorf und Zell-bechingen. „Achteinhal­b Monate bin ich dieses Jahr unterwegs“, freut sich Scharov.

 ?? FOTOS: BERTHOLD RUESS ?? Die frechen Ziegen drängeln sich vor: Wenn Eugen Scharov die Schafe mit Futter lockt, geht es meistens zur nächsten Weide.
FOTOS: BERTHOLD RUESS Die frechen Ziegen drängeln sich vor: Wenn Eugen Scharov die Schafe mit Futter lockt, geht es meistens zur nächsten Weide.
 ?? ?? Die Herde zieht am Donaudamm entlang zur nächsten Weide.
Die Herde zieht am Donaudamm entlang zur nächsten Weide.

Newspapers in German

Newspapers from Germany