Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Der Kampf um die Riedlinger Storchennester
Viele Störche haben ihre angestammten Nester besetzt – Das Paar an der Donautalbahn musste umsiedeln
- In vielen Storchennestern brüten die Störche ihren Nachwuchs aus. So auch in Riedlingen. Die meisten Tiere haben sich wieder in ihren angestammten Nestern eingefunden. Nur ein Pärchen schaute nach der Rückkehr aus dem Süden ein bisschen belämmert in die Gegend. Die beiden, die sich seit vielen Jahren einen Kampf mit der Bahn um einen Funkmasten an den Gleisen der Donautalbahn liefern, mussten sich einen anderen Platz suchen. Ihr ehemaliger Standort trägt eine Tarnkappe aus Metall und verhindert Nestbau und Eiablage.
Auf dem schmalen Funkmasten der Bahn gleich hinter dem Riedlinger Bahnhof ließ sich vor vier Jahren zum ersten Mal ein Storchenpaar nieder. Die beiden Tiere sind beringt, allerdings waren ihre Beine dermaßen verschmutzt, dass die Nummern damals nicht ablesbar waren. Sie bauten sich ein etwas windschiefes Nest und versuchten sich in der Brut. Nicht nur den Riedlingern fiel das Nest ins Auge. Es rückte auch in den Fokus der Deutschen Bahn. Denn als sich das Storchenpaar im Spätsommer auf den Weg in den Süden machte, holte sich die Bahn ihren Funkmasten zurück. In der Hoffnung, dass sich darauf kein Vogel mehr niederlasse, kam obendrauf eine Storchenabwehr – mit Zacken und aus Metall.
So einfach lassen sich Störche aber nicht von ihrem Brutplatz abbringen. Im Jahr darauf fanden sich die Tiere wieder auf dem Mast in luftiger Höhe ein. Dieses Mal mit sauberen Beinen, so dass der Storchenbeobachter sie mittels ihrer Marken zuordnen konnte. Der eine war 2017 am Salemener
Affenberg, der andere in Ölkofen geschlüpft. Fleißig schleppten die beiden Tiere Stöcke und Äste an und umbauten die metallene Storchenabwehr mit ordentlich viel Nistmaterial. Das Ergebnis der Liebe auf dem Funkmasten waren drei Jungstörche. Im Jahr darauf, das gleiche
Spiel: die Bahn vergrößerte ihre Abwehrmaßnahmen, die Störche ließen sich nicht beirren, ummantelten die Metallzacken mit Moos und brüteten 2023 wieder drei Junge aus. Bei der Rückkehr in diesem Jahr erlebten die Vögel allerdings eine böse Überraschung. Die Bahn hatte dem
Funkmast eine stählerne Haube mit steilem Dach verpasst. Die Störche versuchten zwar mit viel Geäst und Nistmaterial ein Nest zu bauen, mussten allerdings aufgeben und sich einen neuen Platz suchen.
Warum die Störche auf dem Masten nicht nisten sollen, fragte die Schwäbische Zeitung bei der Presseabteilung der Bahn an. Sicherheit habe immer die oberste Priorität, sagt die Bahnsprecherin. Die Bahn versuche, die Nutzung ihrer Maste als Neststandorte zu verhindern. „Das ist zur Aufrechterhaltung des sicheren Eisenbahnbetriebs erforderlich, denn durch den Nestbau kann es zum Beispiel zu Kurzschlussereignissen kommen. Grundsätzlich gilt, eine Gefährdung von Mensch und Tier zu vermeiden.“Neben dem Sicherheitsaspekt gebe es noch zwei weitere Gründe, warum die Bahn versuche, die Nutzung ihrer Maste als Neststandorte zu verhindern: Zum einen geht es darum, dass die Nester die Zugänglichkeit der Anlangen für Instandhaltungs- und Entstörungsmaßnahmen erschweren. Zum anderen führen sie zu einer erheblichen Verschmutzung der technischen Anlagen.
Den Kampf um den Standort scheint die Bahn gewonnen zu haben. Die Störche haben den Funkmasten aufgegeben. Stattdessen baut sich gerade ein Paar auf einem Baumstamm bei der Schwarzachbrücke einen Horst. Es könnten die beiden vertriebenen Bahnhofsstörche sein. Aber nicht nur diese Störche fanden in diesem Jahr ihr vertrautes Nest nicht mehr vor. Den Herbststürmen fielen einige Horste zum Opfer. Auf den Bäumen vor der Riedlinger Grundschule sind von den einst drei nur noch zwei Nester vorhanden. Auch in der Eichenau musste ein Storchenpaar neu bauen und hat sich dafür das Dach der Freikirche ausgesucht.