Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Angeklagter hetzt brutal gegen Flüchtlinge
23-jähriger Facebook-Benutzer wird zu einer hohen Geldstrafe verurteilt
SIGMARINGEN/MESSKIRCH - Wegen Volksverhetzung ist am Montag ein 23-Jähriger vor dem Sigmaringer Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 4800 Euro verurteilt worden. Er hatte im Sommer vergangenen Jahres auf der öffentlichen Facebookseite „Blaulichtreport Sigmaringen, Bad Saulgau und Umgebung“einen böswilligen, gewaltverherrlichenden Post verfasst, der in den Augen von Richterin Nadine Zieher gegen die Menschenwürde verstößt und als Aufruf für Gewalt gegen Asylbewerber zu verstehen ist.
Bezugnehmend auf eine Polizeimeldung über einen tödlichen Macheten-Angriff eines Asylbewerbers auf eine Frau in Reutlingen hatte der Angeklagte aus Meßkirch einen brutalen und rassistischen Kommentar verfasst: Man solle dem Täter jeden Finger einzeln abhacken, dann die Hände, die Unterarme, ihn schließlich häuten, seine Haut in der Sonne trocknen, diese als Kondom verwenden und dessen Familie vergewaltigen. „Solche Menschen“bräuchten keine Hilfe. Und dann wundere man sich, schloss der Angeklagte seine Hassparole ab, dass es Deutsche gebe, die angeblich rassistisch seien.
„Das war halt dumm“, sagte der wortkarge Angeklagte, der von Anfang an einräumte, die Zeilen getippt zu haben, aber Wert darauf legte, kein Rassist zu sein. Auf einer Geburtstagsfeier mit drei Freunden hatte er über Facebook ein Handy verkaufen wollen, woraufhin er auf den Polizeireport aufmerksam wurde. In angetrunkenem Zustand tippte er die detaillierten Gewaltfantasien.
„Mir war klar, dass das Blödsinn war. Nach einiger Zeit wollte ich den Kommentar wieder herausnehmen, aber da war er schon gelöscht.“Der Verfasser habe selbst erkannt, dass der Text „ein bisschen zu heftig“gewesen sei. Zwischenzeitlich hatte ihn eine Mitarbeiterin des Landeskriminalamtes gelesen, die den Vorfall zur Anzeige brachte.
Unklar ist, wann der Angeklagte versucht haben soll, den Text wieder zu löschen. Laut Richterin Zieher wurde die Bestätigung, dass der Kommentar gelöscht wurde, erst am nächsten Morgen verschickt. „In der Zwischenzeit wurde der Kommentar auch geteilt“, so Zieher. „Jedes Kind weiß doch, dass sich solche Posts rasend schnell verbreiten und ihn Millionen von Menschen lesen und teilen können.“Besonders ärgerte sich Richterin Zieher über die Formulierung „solche Menschen“, die auf alle Asylbewerber schließen lasse, was nahelege, dass es sich um eine verachtenswerte, minderwertige und unwürdige Personengruppe handele, welcher er das Lebensrecht absprechen würde.
Die Äußerungen des 23-Jährigen seien nicht nur auf die Tat des Flüchtlings bezogen. Er habe zu einem Anschlag auf die körperliche Unversehrtheit dieser Menschen aufgerufen. Auch die Aussage, der sechsfach vorbestrafte Angeklagte habe die Anzeige für einen „Witz“gehalten, empörte die Richterin. „Was ist daran witzig? Das ist ein absolutes No-Go.“Am Liebsten, so die Richterin, wolle sie ihm seine Schilderungen als Bild vor Augen halten, um den Gehalt seines Internet-Kommentars zu verdeutlichen. Abermals las sie den Kommentar vor. „Ich kann es kaum in Worte fassen, was ich darüber denke“. Solche Aussagen verbreite man nicht einmal verbal im privatesten Kreis. „Das hat nichts mehr mit Meinungsäußerung zu tun“, sagte die Richterin.