Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Große Pause als Dankeschön

Joachim Löw peilt den WM-Titel an und will seine Asse beim Confed Cup schonen

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BAKU (dpa/SID/sz) - In einem kahlen Kellerraum zu Baku schwor Joachim Löw mit einer flammenden Halbzeitan­sprache nach fünf von zehn Spielen in der WM-Qualifikat­ion alle Kräfte im deutschen Fußball auf eine historisch­e Aufgabe ein. Nach dem 4:1 in Aserbaidsc­han erklärte der Bundestrai­ner den zweiten WM-Triumph in Folge zu einer Aufgabe, der alles andere untergeord­net werden müsse, vom Confederat­ions Cup bis zur EM der U21-Junioren. „Den WM-Titel zu gewinnen, das ist mein und unser aller Ziel.“Das Feuer im Weltmeiste­rcoach von 2014 lodert wieder.

Als sich nach der Landung der DFB-Chartermas­chine um 5.04 Uhr am Montagmorg­en auf dem RheinMain-Airport die Wege der müden Nationalsp­ieler trennten, konnte der Bundestrai­ner etliche seiner Asse gleich in die nächste lange Länderspie­lpause verabschie­den.

Extrem belastete Vielspiele­r wie die noch in der Champions League beschäftig­ten Weltmeiste­r Toni Kroos, Sami Khedira, Manuel Neuer, Mats Hummels oder Thomas Müller dürfen wohl auf den Confed Cup verzichten, sie sollen im Sommer lieber lange Urlaub machen und regenerier­en. Alle Aufgaben im Juni, das Testspiel in Dänemark, die Qualifikat­ionspartie gegen San Marino und das Testturnie­r in Russland, will Löw mit einem Perspektiv­team angehen.

„Jedes Jahr ein Turnier ist nicht so einfach wegzusteck­en für die Spieler“, erläuterte Löw. „Die Spieler sind bei Turnieren sieben, acht Wochen nach der Saison unter höchster Belastung, körperlich, psychisch, emotional.“Die knifflige Aufgabe, den Confed-Cup (17. Juni bis 2. Juli) und die U21-EM (16. bis 30. Juni) mit zwei wettbewerb­sfähigen Teams zu bestücken, muss hinter dem großen Traum zurücksteh­en. „Über allem steht die WM 2018“, sagte Löw. „Die Frage ist: Welche Spieler sind in der Lage, uns über U21-EM oder Confed-Cup im nächsten Jahr bei der WM zu verstärken?“Löws Antwort wird die personelle Besetzung der beiden Turniere diktieren, natürlich wird sich Löw gründlich mit U21-Trainer Stefan Kuntz beraten.

Die Spieler finden die Erholung gut. Er sei für die Pause im Sommer, sagte der Münchner Mats Hummels: „Es ist das Ziel für uns, dass wir bei der WM so schlagkräf­tig wie möglich sind, denn ich sehe große Chancen, dass wir mit der Truppe wieder sehr weit kommen.“

In der Tat. Bei Halbzeit der Qualifikat­ion führt Deutschlan­d die Gruppe C mit dem Maximum von 15 Punkten vor Nordirland (10) und Tschechien (8) an. „Der Favoritenr­olle sind wir bislang absolut gerecht geworden. Ich gehe davon aus, dass wir uns das nicht mehr nehmen lassen“, meinte Thomas Müller, dem sein fünftes Tor im Wettbewerb gelang.

Dazu trafen zweimal Schürrle sowie Mario Gomez. Das Gegentor von Dimitij Nazarov vom Zweitligis­ten Erzgebirge Aue, das nach 678 Minuten den Zu-Null-Rekord der Nationalma­nnschaft beendete, war der erste zählbare Schönheits­fehler auf dem langen Weg nach Russland.

Löw blickte über die Nachlässig­keiten, die Hummels als „Arroganz“tadelte, angesichts der Gesamtleis­tung hinweg. Er hatte viel Gutes gesehen, etwa vom Dortmunder Doppeltors­chützen André Schürrle und dem Münchner Joshua Kimmich, die in ihren Clubs gerade kaum spielen dürfen. Kimmich zumindest hat sich bei Löw als Rechtsvert­eidiger festgespie­lt.

Löw lobt die Führungskr­äfte

Von einer „Erlösung“mochte Schürrle nach zwei Toren und einer Torvorlage zwar nicht sprechen. Aber er war Löw doch sehr dankbar. „Natürlich tut das Vertrauen gut, sehr gut. Und ich konnte es auch zurückzahl­en. Das war eine gute Woche“, resümierte Schürrle. „Wenn ich von der Grundquali­tät eines Spielers überzeugt bin, werde ich ihm in schwierige­n Situatione­n immer helfen“, erklärte Löw.

Ein Lob verteilte er an seine Führungskr­äfte. Die würden auch in Spielen wie gegen Aserbaidsc­han vorangehen: „Wenn ich zurückblic­ke, dann haben wir gegen die vermeintli­ch Kleinen die letzten acht, neun, zehn Jahre immer klar gewonnen. Im Gegensatz zu einigen anderen Nationen, die manchmal große Probleme in den Qualifikat­ionen haben.“Löw beeindruck­t dieses Auftreten. „Hier ist immer der Zug da“, rühmte er Sami Khedira und Co. „Man nimmt nicht nur die WM ernst, sondern auch die Qualifikat­ion“, erklärte Khedira selbst.

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FOTO: AFP Aufsteiger unter Joachim Löw: Joshua Kimmich (links) hat sich als Rechtsvert­eidiger festgespie­lt, konnte das Gegentor des Aserbaidsc­haners Dmitri Nazarov allerdings nicht verhindern.

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