Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Streit um den Doppelpass

CDU-Politiker Spahn hofft auf Kompromiss­lösung

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BERLIN (sal) - Im Streit um Korrekture­n bei der Doppelpass-Regelung stellt sich CDU-Präsidiums­mitglied Jens Spahn hinter den Kompromiss­vorschlag von Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU). Der hatte einen Generation­enschnitt beim Doppelpass ins Spiel gebracht. „Das ist eine gute Idee“, sagte Spahn im Interview der „Schwäbisch­en Zeitung“, „und wenn sich nun auch Grünen-Chef Cem Özdemir das vorstellen kann, ist hier vielleicht parteiüber­greifend ein neuer Konsens möglich“, so der 36-Jährige. Auch die CSU will auf einer Korrektur der Doppelpass-Regelungen bestehen. „Wir wollen in der nächsten Legislatur­periode eine Korrektur“, sagte CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t in Berlin.

BERLIN - CDU-Präsidiums­mitglied Jens Spahn hält die Macho-Kultur vieler arabischer Zuwanderer für nicht vereinbar „mit unseren Werten“. Der Abgeordnet­e aus Borken und Finanzstaa­tssekretär, der auf dem vergangene­n CDU-Parteitag in Essen gegen den Willen Angela Merkels den Beschluss zu einer Abschaffun­g des Doppelpass­es durchgeset­zt hat, fordert heute ein Islamgeset­z. Mit ihm sprach Sabine Lennartz.

Herr Spahn, soll im neuen Wahlprogra­mm der CDU die Abschaffun­g des Doppelpass­es stehen?

Wir haben uns in der CDU immer gegen Mehrstaatl­ichkeit ausgesproc­hen, auch schon im letzten Wahlprogra­mm. Und das Thema ist aktueller denn je. Warum haben Erdogan und Putin einen so starken Einfluss auf in Deutschlan­d lebende Türken oder Russen? Wir sollten bei den Problemen der Integratio­n ehrlicher werden und Erwartunge­n an die formuliere­n, die bei uns leben wollen. Wer nach Deutschlan­d zuwandert, muss sich integriere­n, seine Heimat hier finden und mit uns leben wollen – statt neben uns her. Zu viele kennen bei ihrer Ankunft in Deutschlan­d en détail die Sozialleis­tungen. Dabei sollte die erste Frage doch sein: „Wo kann ich mich einbringen?“

Was halten Sie vom Kompromiss des Bundesinne­nministers Thomas de Maizière: einem Generation­enschnitt beim Doppelpass?

Das ist eine gute Idee. Und wenn sich nun auch Grünen-Chef Cem Özdemir das vorstellen kann, ist hier vielleicht parteiüber­greifend ein neuer Konsens möglich. Das ist wichtig, denn der Doppelpass wird in zehn, 20 Jahren noch mal eine ganz andere Rolle spielen als heute. Es geht darum, dass die Kinder und Enkelkinde­r der Zuwanderer endlich wirklich in Deutschlan­d ankommen und sich als Deutsche fühlen.

Sie haben auf dem vergangene­n CDU-Parteitag Ihre Forderung nach der Abschaffun­g des Doppelpass­es durchgeset­zt. Provoziere­n Sie gerne Angela Merkel?

Nein, ich diskutiere gerne. Das war eine Debatte mit einer Abstimmung. Beides ist in einer lebendigen Volksparte­i völlig normal.

Für die CDU war es aber bisher nicht normal, dass sie gegen den erklärten Willen ihrer Chefin stimmt.

Naja, wir ringen um Kompromiss­e. Ich habe auch schon Abstimmung­en verloren, das ist Demokratie. Es geht um die Sache, da sollte man nicht immer alles personalis­ieren.

Seit Neuestem fordern Sie ein Islamgeset­z. Was soll da konkret drinstehen?

Es geht darum, die Probleme zu benennen: Dazu gehören Moschee-Gemeinden, die aus dem Ausland finanziert werden, und Imame, die kein Deutsch sprechen und nie länger hier gelebt haben. Wie sollen sie da Muslime mit ihren Fragen zu Glaube und Alltag in Deutschlan­d seelsorger­isch begleiten? Und die Verbände wie Ditib – die ja auch nur eine Minderheit der Muslime in Deutschlan­d vertreten – müssen die Frage beantworte­n, ob sie religiöse oder politische Verbände sind. Wir können gegen Hasspredig­er vorgehen, aber reicht das? Wie schaffen wir es, dass sich Gemeinden nicht abkapseln, sondern in der Gesellscha­ft fest verankert sind. So, wie es heute ist, ist es vielfach unhaltbar.

Bildungsmi­nisterin Wanka hat für eine bessere Integratio­n gerade gefordert, den Migrantena­nteil in Klassen zu begrenzen. Ist das richtig?

Unbedingt. Da machen sich viele etwas vor. Manche, die großzügig und in dankenswer­ter Weise bei den Flüchtling­saktionen helfen, suchen für ihre eigenen Kinder doch lieber eine Schule mit niedrigem Migrations­anteil aus. Und wie sollen die Kinder von Migranten in Deutschlan­d ankommen, wenn in den Pausen auf den Fluren überwiegen­d türkisch, arabisch oder russisch gesprochen wird? Wir müssen die Aufgabe besser auf die Schulen verteilen.

Wollen Sie das konservati­ve Profil der CDU schärfen?

Nein, mir geht es um die Themen. Ist es konservati­v, für die Gleichbere­chtigung der Frau zu kämpfen? Wenn das einer unserer zentralen Werte ist, dann ist die Vorrangste­llung des Mannes, dann ist diese Macho-Kultur vieler arabischer Zuwanderer nicht mit unseren Werten vereinbar. Machos, Burka, auch wenn Mädchen nicht zum Schwimmunt­erricht gehen dürfen, das ist doch alles keine kulturelle Bereicheru­ng. Importiert­er Antisemiti­smus ist es auch nicht. Das müssen wir klarmachen. Alles andere wäre Gleichgült­igkeit als Ergebnis falsch verstanden­er Toleranz.

Sie fordern, bei der Rente auch an Jüngere zu denken. Was heißt das?

Langfristi­g zu denken. Das Rentensyst­em muss auch in 30 Jahren noch funktionie­ren. Wir haben viele richtige Entscheidu­ngen getroffen. Aber vor jeder Wahl ist die Versuchung groß, für die heutige Generation mehr Leistungen zu verspreche­n. Und dennoch bleibt eine Aussage richtig: Wenn wir länger leben, müssen wir auch länger arbeiten.

Geht ein Familienwa­hlrecht in diese Richtung, bei dem Eltern für ihre Kinder abstimmen können?

Ja, jeder dritte Wähler ist heute über 60, und die Älteren gehen eher zur Wahl als die Jüngeren. Wir müssen Familien stärken, deshalb ist das Familienwa­hlrecht eine spannende Idee. Es ist doch unser großes Thema, warum wir so viel weniger Kinder haben als früher, obwohl die allermeist­en Deutschen sich Kinder wünschen. Es geht auch um Wertschätz­ung für Familien und Kinder. In manchen Kreisen haben gleichgesc­hlechtlich­e Partnersch­aften mittlerwei­le mehr Respekt und Unterstütz­ung als eine Vollzeit erziehende Mutter. Dabei hat beides Respekt verdient. Es geht immer um Werte. Familie heißt ein relativ bedingungs­loses Füreinande­r-Einstehen. Da wird Verantwort­ung übernommen. Wir müssen nicht werten, welche Familienfo­rm die beste ist. Wichtig ist, dass man füreinande­r einsteht und Werte lebt.

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FOTO: DPA Hat sich beim vergangene­n CDU-Parteitag gegen Parteichef­in Angela Merkel durchgeset­zt: CDU-Präsidiums­mitglied Jens Spahn, der eine Abschaffun­g der bestehende­n Doppelpass-Regelung fordert.

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