Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Doppelpass

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Seit Ende 2014 erhalten in Deutschlan­d geborene und aufgewachs­ene Kinder von Ausländern in der Regel zwei Pässe. Mit diesem Kompromiss, auf den sich die Große Koalition geeinigt hatte, entfiel die seit dem Jahr 2000 geltende Optionspfl­icht. Diese Regelung hatte vorgesehen, dass sich Kinder ausländisc­her Eltern spätestens mit 23 Jahren für eine der beiden Staatsbürg­erschaften entscheide­n mussten. Vor 2000 galt: Deutscher ist, wer einen deutschen Elternteil hat – das sogenannte Abstammung­soder ius-sanguinisP­rinzip –, oder sich nach 15 Jahren im Land einbürgern lässt.

Kritiker sehen im Doppelpass ein Integratio­nshinderni­s. Sie bemängeln die fehlende Loyalität der Doppelstaa­tler für Deutschlan­d – gerade im Fall der Deutschtür­ken. Dabei gibt es keine Daten darüber, wie die Deutschtür­ken (mit zwei Pässen) beim Referendum in der Türkei abgestimmt haben.

Laut Mikrozensu­s des Statistisc­hen Bundesamte­s von 2015 haben rund 1,8 Millionen Menschen in Deutschlan­d eine doppelte Staatsange­hörigkeit, rund 246 000 von ihnen besitzen einen deutschen und türkischen Pass. Verglichen mit den 1,5 Millionen Türken in Deutschlan­d oder den drei Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln sind das eher wenige.

Um die doppelte Staatsbürg­erschaft nicht auf Dauer vererbbar zu machen, hat Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) einen Generation­enschnitt vorgeschla­gen: Spätestens die zweite Generation soll nur noch eine Staatsange­hörigkeit erhalten. Ob er damit Erfolg haben wird, ist fraglich. Das entscheide­t wohl die künftige Regierungs­koalition nach der Bundestags­wahl. Abgesehen davon: Auch in Zukunft wird es Doppelstaa­tler in Deutschlan­d geben. Denn Ausnahmen gelten für die EU-Staaten, die Schweiz und für Länder, die ihre Bürger nicht aus der Staatsbürg­erschaft entlassen wollen – etwa Afghanista­n oder Tunesien. (clak)

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