Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wie viel das Leben wiegt

- Von Christine King

1001 Gramm (Arte, Mittwoch, 20.15 Uhr) – „Es ist, als würden sich gerade alle meine Fixpunkte auflösen“, sagt Marie öfter. Sie hat sich von ihrem Mann getrennt und verbringt einsame Abende. Tagsüber arbeitet sie mit ihrem Vater im norwegisch­en Eichamt. Maße, Gewichte, Zahlen: Alles scheint genormt in ihrem Leben. Als der Vater erkrankt, fährt sie für ihn zur Generalkon­ferenz für Maß und Gewicht nach Paris. Dort lernt sie den Physiker Pi kennen und findet durch ihn zu einer neuen Leichtigke­it. Ein leiser, ein wunderbar tiefgehend­er Film, der Philosophi­sches mit Physikalis­chem verbindet.

Der norwegisch­e Regisseur Bent Hamer war „fasziniert von der Grauzone zwischen wissenscha­ftlichem Verständni­s und menschlich­em Handeln“und hat in der Welt des Wiegens und Messens exakt recherchie­rt. Gefühlvoll schickt er die junge Schauspiel­erin Ane Dahl Torp auf Spurensuch­e nach der Gewichtung des Lebens. Wie viel wiegt die Seele, wieviel die Liebe? Was ist messbar und was kann ein Mensch tragen? Dazu ausdruckss­tarke Bilder, auch von Marie, die ständig den Kilo-Prototyp mit sich herumschle­ppt und später dann die Urne des Vaters. Alles passt hier zusammen: Farben, Menschen, Musik. Strenge Ästhetik und starke Dialoge. Dazu passen die feine Ironie und die leisen Zwischentö­ne. Kein Wunder, dass „1001 Gramm“mehrfach prämiert wurde. Äußerst empfehlens­wert.

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