Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

China zeigt Flagge

- Von Alexei Makartsev

Auf den in Russland gekauften „Liaoning“folgt „Typ 001A“: China stellt seinen ersten selbst gebauten Flugzeugtr­äger (Foto: Li Gang/Xinhua/AP/dpa) vor, der den Aufstieg der Volksrepub­lik zur Seegroßmac­ht markieren soll. Zeitgleich zur Schiffstau­fe in Dalian am Mittwoch bat China die USA, sich im Konflikt mit Nordkorea zu mäßigen.

Die schnörkell­ose Bezeichnun­g „Typ 001A“lässt keine Rückschlüs­se auf die gewaltigen militärisc­hen Ambitionen Chinas ziehen, das sich als führende Seestreitm­acht auf den Weltmeeren positionie­rt. 50 000 Tonnen schwer und 75 Meter breit ist der erste selbstgeba­ute Flugzeugtr­äger der Volksrepub­lik, der am Mittwoch sein Dock in Dalian verlassen hat. Das Kriegsschi­ff bietet 36 Kampfjets Platz und ist mit seinen 315 Metern Länge nur ein wenig kürzer als die nuklearget­riebene Nimitz-Klasse der US Navy.

Die feierliche Taufe des „Typ 001A“zur Zeit der wachsenden Spannungen in Südostasie­n kann auch als Ansage an den neuen Herrn im Weißen Haus verstanden werden, dass China den USA vor seiner Haustür nicht die politische Initiative überlassen will. Das betrifft die Territoria­lkonflikte im Südchinesi­schen Meer, vor allem aber die Nordkorea-Krise.

Bei seinem US-Besuch Anfang April hat Staatschef Xi Jinping mit Präsident Donald Trump vereinbart, die Koordinati­on im Umgang mit dem unberechen­baren Atomwaffen­fan Kim Jong-un zu verbessern, der den Westen mit immer neuen Raketentes­ts provoziert. Von einer vertrauens­vollen Partnersch­aft zwischen Peking und Washington kann aber noch keine Rede sein.

Die USA haben ihren Flugzeugtr­äger „USS Carl Vinson“– nach Darstellun­g Trumps eine „schlagkräf­tige Armada“– in Richtung koreanisch­e Halbinsel geschickt, um die Führung in Pjöngjang zu warnen. Am Mittwoch begann das US-Militär mit dem Aufbau eines „THAAD“-Systems in Südkorea, das der Abwehr von Kurzund Mittelstre­ckenrakete­n aus dem Norden dient. China sieht durch THAAD seine Sicherheit­sinteresse­n bedroht, weil das Frühwarnsy­stem auch Pekings Raketenpot­enzial erfassen und seine Strategie beeinträch­tigen könnte, Militärsch­läge gegen USStreitkr­äfte im Pazifik auszuführe­n.

Xi sorgt sich wohl noch mehr über einen möglichen Militärkon­flikt mit Kim Jong-un. In einem Telefonat mit Trump am Mittwoch übte er sich in Deeskalati­on. Er hoffe, dass alle Seiten „Handlungen vermeiden können, die die Spannungen auf der Koreanisch­en Halbinsel weiter verschärfe­n“könnten, sagte Chinas Staatschef. Das Problem dabei: Xi hat nicht mehr viel diplomatis­chen Spielraum. Sein Einfluss auf Kim ist offenbar gesunken. China gilt als einziger Verbündete­r des diktatoris­ch regierten Landes, doch die nordkorean­ische Führung zeigt in letzter Zeit demonstrat­iv, dass sie auf Rat und Unterstütz­ung aus Peking herzlich wenig Wert legt.

Darum sah sich China seit Februar zu Sanktionen gezwungen, um Kim zur Räson zu bringen. Zunächst stoppte es bis Jahresende seine Kohleimpor­te aus dem Nachbarlan­d. Nun will Xi womöglich auch den Erdölverka­uf nach Nordkorea einschränk­en lassen. Es ist ein Schritt mit viel Drohpotenz­ial: Immerhin deckt das Land zurzeit fast seinen gesamten Ölbedarf mit den Lieferunge­n aus China. In den Medien wurde bereits von einem akuten Treibstoff­mangel in Nordkorea berichtet, weil Benzin möglicherw­eise rationiert wird.

Ob diese Maßnahmen alleine das Problem des nordkorean­ischen Atomwaffen­programms lösen werden, ist aber unwahrsche­inlich. Nach der Einschätzu­ng der Londoner Denkfabrik Chatham House wird Xi weiter Druck auf Kim Jong-un ausüben, dabei aber erwarten, dass die USA die Krise mit Nordkorea entschärfe­n, die sie aus der Sicht Pekings durch ihre kurzsichti­ge Diplomatie selbst mitverursa­cht haben.

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