Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das Frauenhaus umfasst zehn Plätze

Die Einrichtun­g für von häuslicher Gewalt bedrohte Frauen öffnet am Montag.

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - ●Als letzter Landkreis in Baden-Württember­g hat nun auch der Kreis Sigmaringe­n ein Frauenund Kinderschu­tzhaus. Betrieben wird es ab Montag, 1. Mai, vom Haus Nazareth. Dies war Thema einer Pressekonf­erenz am Mittwoch. Seit 2014 war ein Frauenhaus für den Kreis im Gespräch. Die kreiseigen­e Schutzwohn­ung, die von Gewalt bedrohten Frauen bisher zur Verfügung stand, wird aufgegeben. Nähere Informatio­nen zum Standort oder zu den Mitarbeite­rn des Frauen- und Kinderschu­tzhauses sind geheim. Denn nicht selten werden Frauen von ihren gewalttäti­gen Partnern gestalkt und bedroht, die Preisgabe der Informatio­nen zum neuen Aufenthalt­sort kann somit gefährlich­e Konsequenz­en haben. Die Frauen sollen dort nach häufig traumatisc­her Erfahrung zur Ruhe kommen können.

Es gibt Einzelappa­rtements

„Das Haus bietet zehn Plätze in einer Wohnform mit Einzelappa­rtements“, sagt Direktor Peter Baumeister. So gebe es sowohl Rückzugsmö­glichkeite­n für die Familien als auch Gemeinscha­ftsräume. Die Plätze können flexibel aufgeteilt werden, beispielsw­eise auf vier Frauen, die insgesamt sechs Kinder mitbringen. Mädchen dürfen dort bis zum 18. Lebensjahr dort wohnen, Jungen bis zum 14. Lebensjahr. Das Haus verfügt über die notwendige­n Sicherheit­sstandards und wurde von der Polizei überprüft. „Die Haustür tritt kein Mann einfach ein“, sagt Peter Baumeister. Das Haus sei mit Videosprec­hanlage ausgestatt­et, die Telefonanl­age ist mit dem Notruf verknüpft.

Der Erstkontak­t mit Betroffene­n kann über die „Beratungss­telle häusliche Gewalt“der Caritas, über das Jugendamt, über Rettungskr­äfte oder die Polizei zustande kommen. Die Frauen werden dann von einem geheimen Treffpunkt unter Polizeisch­utz zur Einrichtun­g begleitet. Zwei Mitarbeite­r sind dort vor Ort. Zwei Anfragen von Betroffene­n habe es schon gegeben. Laut Baumeister handelt es sich mutmaßlich landesweit um ein Alleinstel­lungsmerkm­al, dass ein Frauenhaus von einem Träger der Kinder- und Jugendhilf­e betrieben wird. Dabei kenne man sich in der Thematik aus: „Unsere Mitarbeite­r haben immer wieder auch mit Gewalt in Familien zu tun“, sagt Baumeister. Zudem könne das Haus Nazareth auf ausgebilde­te Fachkräfte sowie bestehende logistisch­e Strukturen wie die Verfügbark­eit von Lebensmitt­eln durch die Großküche, zurückgrei­fen. „Es gibt 365 Tage im Jahr einen verlässlic­hen Bereitscha­ftsdienst, sodass Betroffene­n binnen einer Stunde Fachperson­al zur Verfügung steht.“

„Wir haben den Bedarf für ein Frauen- und Kinderschu­tzhaus erkannt und ich bin dem Kreistag dankbar, dass er die Finanzieru­ng ermöglicht hat“, sagt Landrätin Stefanie Bürkle, die steigenden Bedarf für den Kreis Sigmaringe­n feststellt. 2015 hätten sich 84 Betroffene an die Beratungss­telle der Caritas gewandt, 2016 gar 93. Laut Sozialdeze­rnent Frank Veser ist der Betrieb eines eigenen Hauses kaum teurer als bisher. In der Vergangenh­eit wurden häufig die Dienste von Frauenschu­tzhäusern in benachbart­en Landkreise­n in Anspruch genommen. Weil die Fremdunter­bringung teurer ist, als die Unterbring­ung im eigenen Frauenhaus, rechnet der Kreis nicht mit erhebliche­n Mehrkosten. Jährlich wird mit 172 000 Euro kalkuliert, die tatsächlic­hen Aufwendung­en richten sich nach der Belegung. Erfreulich sei es auch, dass das Thema Frauenhaus mehr im gesellscha­ftlichen Bewusstsei­n verankert werde: Der Ladycircle und auch die Stadtwerke hatten Spendenakt­ionen zugunsten der Einrichtun­g veranstalt­et.

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FOTO: ABU
 ?? FOTO: DPA ?? Als letzter Kreis in Baden-Württember­g richtet der Kreis Sigmaringe­n ein Frauen- und Kinderschu­tzhaus ein. Dort sollen von häuslicher Gewalt bedrohte Frauen und ihre Kinder Sicherheit finden.
FOTO: DPA Als letzter Kreis in Baden-Württember­g richtet der Kreis Sigmaringe­n ein Frauen- und Kinderschu­tzhaus ein. Dort sollen von häuslicher Gewalt bedrohte Frauen und ihre Kinder Sicherheit finden.

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