Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kanzlerin Merkel stützt Gabriel
Israelische Medien kritisieren Netanjahu
JERUSALEM/BERLIN (dpa) - Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das von Israel kritisierte Treffen von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) mit Bürgerrechtlern in Jerusalem verteidigt. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte nun in Berlin, dass es möglich sein müsse, „in einem demokratischen Land auch kritische Nichtregierungsorganisationen zu treffen, ohne dass das solche Folgen hat“. Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte ein Treffen mit Gabriel deswegen abgesagt.
BERLIN/JERUSALEM - Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat nach dem Eklat bei seinem Antrittsbesuch in Israel parteiübergreifend Unterstützung erhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte sich hinter ihren Vizekanzler und verteidigte sein umstrittenes Treffen mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen bei seinem Besuch in Jerusalem. „Wir sind der Meinung, dass es möglich sein muss, in einem demokratischen Land auch kritische Nichtregierungsorganisationen zu treffen, ohne dass das solche Folgen hat“, ließ Merkel über ihren Regierungssprecher erklären. Auch die Kanzlerin treffe bei ihren Reisen regelmäßig Vertreter der Zivilgesellschaft. Merkel bedauere, dass das Gespräch zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Gabriel ausgefallen sei. Dies ändere nichts an „der überragenden Bedeutung“der deutsch-israelischen Beziehungen.
Israels Ministerpräsident und Außenminister Benjamin Netanjahu hatte am Dienstag eine Begegnung mit Gabriel kurzfristig abgesagt, weil der deutsche Außenminister während seiner Reise auch Mitglieder der Gruppen „Breaking the Silence“und „B’Tselem“getroffen hatte, die die Siedlungspolitik der israelischen Regierung in den palästinensischen Gebieten scharf kritisieren.
Kauder: „Nichts zu kritisieren“
Auch der Vorsitzende der CDU/CSUBundestagsfraktion, Volker Kauder (CDU), hat sich hinter Gabriel gestellt. „Am Reiseprogramm von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel gibt es nichts zu kritisieren“, sagte Kauder im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Wir erleben es leider in letzter Zeit immer häufiger, dass Staatsmänner über die Arbeit von Journalisten oder auch die Kontakte von ausländischen Politikern zu kritischen Gruppen in ihrem Land bestimmen wollen. Das können wir nicht akzeptieren, auch wenn in der Außenpolitik immer auch diplomatisch vorgegangen werden muss“, kritisierte Kauder.
Kritik kam von der Vizechefin der deutsch-israelischen Gesellschaft: „Ich hätte mir mehr Fingerspitzengefühl des Ministers gewünscht“, sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann (CDU). Gabriel hätte die Gesprächspartner sorgfältiger auswählen müssen.
„Netanjahu schadet Israel.“So betitelte Israels linksliberale „Haaretz“ihren Leitartikel zur Weigerung von Netanjahu, Gabriel zu empfangen. Sämtliche israelischen Medien widmeten dem Eklat ausführliche Kommentare. Überwiegender Tenor: Netanjahus Reaktion sei überzogen. Die rechtslastige Zeitung „Maariv“hingegen empörte sich, Gabriel habe „in Israels Gesicht gespuckt“.