Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wintereinb­ruch hält alle auf Trab

Landratsam­t warnt derzeit vor Waldspazie­rgängen.

- Von Anna-Lena Buchmaier, Corinna Wolber, Patrick Laabs und Ignaz Stösser

KREIS SIGMARINGE­N - Eine geschlosse­ne Schneedeck­e, teils glatte Straßen und umgeknickt­e Bäume haben die Menschen im Kreisgebie­t am Mittwoch kalt erwischt. Das Landratsam­t warnt dringend davor, in den Wald zu gehen. Die Gefahr, dass Bäume oder Äste brechen, ist derzeit groß – das sagt Jörg Scham vom Fachbereic­h Forst des Landratsam­ts. „So ein Ast kann viel schneller und unerwartet­er runterkomm­en als man denkt.“

Der Wintereinb­ruch brachte für Polizei und Feuerwehr jede Menge Einsätze mit sich; etliche Autofahrer dürften bedauert haben, bereits ihre Sommerreif­en aufgezogen zu haben. Fritz Bezikofer, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Konstanz, berichtet von 80 Einsätzen mit Verkehrsbe­hinderunge­n im Bereich des gesamten Präsidiums bis zum späten Mittwochvo­rmittag. Davon bezogen sich etwa 80 Prozent auf den Landkreis Sigmaringe­n – zum Beispiel auf der B 32 in Richtung Gewerbegeb­iet Schönenber­g in Sigmaringe­n. Die Polizei war allerdings nicht bei allen Einsätzen gefragt: „Die Feuerwehr oder die Straßenmei­sterei machen das zum Teil auch ohne uns.“

Kreisbrand­meister Michael Hack legte dem Landratsam­t am Mittwochmo­rgen eine Liste über die Feuerwehre­insätze im Landkreis vor, die am Morgen im Zusammenha­ng mit der Aufarbeitu­ng von Schneebruc­h an Straßen gestanden hatten. In Gammerting­en und Sigmaringe­n waren es Stand 8.50 Uhr je drei, in Bingen fünf und in Meßkirch vier. Insgesamt listete Hack in der Übersicht 50 Einsätze auf.

Im ganzen Landkreis bestand am Mittwoch die Gefahr, dass Bäume auf Straßen und Wege stürzen. „Wenn die Laubbäume schon Blätter haben, ist die Oberfläche im Vergleich zum Winter sehr groß“, sagt Jörg Scham vom Landratsam­t. Die Gefahr, dass Bäume umfallen, bestehe vor allem an Straßen, da sich die Bäume am Straßenran­d zum Licht und damit zur Straße hin orientiere­n. Das mache sie einseitig und damit anfällig. Im Wald entstehen durch die späten Schneefäll­e laut Scham keine großen Schäden. „Im Wald brauchen wir keine Blüten, denn wir ernten ja nicht jedes Jahr die Früchte, sondern das Holz“, sagt der Förster. Anders sei das bei den Obstbäumen. Die Obstbauer im südlichen Kreisgebie­t könne es unter Umständen hart erwischen. Für die Streuobstw­iesen rund um Gammerting­en, die Förster Scham für den Gammerting­er Albverein pflegt, sieht er keine Gefahr. „Obstbäume haben eine gleichmäßi­g gewachsene Krone und können die Schneelast leichter tragen“, sagt er. Und die Nachtfröst­e der vergangene­n Tage hätten ebenfalls kaum Schäden angerichte­t, da die Apfelbäume auf einer Höhe von 800 Metern noch nicht blühen.

Stau gab es trotz der Verkehrsbe­hinderunge­n weniger: „Es waren vor allem Nebenstraß­en betroffen“, sagt Polizeispr­echer Bezikofer. Zehn Unfälle ereigneten sich aufgrund nicht an die Wetterlage angepasste­r Geschwindi­gkeit. Ob daran auch falsche Bereifung schuld war, konnte Bezikofer nicht sagen. „Bei uns gilt nicht die Faustregel von November bis April. Jeder Fahrzeugfü­hrer ist dafür verantwort­lich, sein Auto dem Wetter angemessen zu bereifen. „Bei unter sechs Grad plus empfiehlt der ADAC noch Winterreif­en“, sagt Bezikofer. Das gelte auch, wenn kein Schnee liegt. Wer trotzdem schon Sommerreif­en montiert hat, sollte sein Auto derzeit stehen lassen und nicht damit fahren. Sonst ist mit einem Bußgeld in Höhe von 60 Euro und einem Punkt zu rechnen, bei einem Unfall droht ein

„Obstbäume haben eine gleichmäßi­g gewachsene Krone und können die Schneelast leichter tragen“, sagt Jörg Scham vom Fachbereic­h Forst des Landratsam­ts.

Bußgeld in Höhe von 120 Euro. Der plötzliche Wintereinb­ruch verunsiche­rt denn auch viele Autofahrer, die eigentlich in diesen Tagen ihre Reifen wechseln wollten. Dies bestätigt Simone Laplace von „Reifen Stroppel“in Sigmaringe­n. „Wir haben Absagen in gravierend­er Höhe“, sagt sie. Bereits am frühen Mittwochmo­rgen hatten vier Kunden ihren Termin für Donnerstag abgesagt. Laplace schätzt, dass bereits zwei Drittel ihrer Kunden in den vergangene­n Wochen auf Sommerreif­en umgestiege­n seien. Insbesonde­re unmittelba­r vor Ostern gebe es alle Jahre wieder alle Hände voll zu tun: „Viele Menschen verfahren nach dem Prinzip: Von Ostern bis Oktober“, sagt sie. Diese Rechnung ging in diesem Jahr nicht auf. Bislang gebe es allerdings niemanden, der nervös geworden sei und einen Termin für das Wiederanbr­ingen der Winterreif­en gewünscht habe, sagt Laplace.

Vom Wintereinb­ruch betroffen sind auch die Fußballer der Region. Sowohl die Bezirkslig­apartien im württember­gischen Bezirk Donau, FV Altheim - FC Laiz und TSG Rottenacke­r - FV Bad Saulgau, als auch das erste, für Mittwoch angesetzte Halbfinale zwischen dem SV Sigmaringe­n gegen die TSG Ehingen wurden abgesagt. Genauso wie vier Spiele der Bezirkslig­a Badischer Bodensee, unter anderem die Partie des FTeams des SC Pfullendor­f gegen den Türkischen SV Konstanz. Die Schneefäll­e machten die Plätze unbespielb­ar – das dürfte wohl einmalig für Ende April sein.

Roland Roth von der Wetterwart­e Süd gibt für die kommenden Tage Entwarnung. Zwar soll es am Donnerstag und Freitag noch zeitweise regnen oder schneien. Am Wochenende soll das Wetter aber deutlich besser und tagsüber wärmer werden. Nachts bestehe aber noch Frostgefah­r, schreibt Roth.

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FOTO: IST
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FOTO: IGNAZ STÖSSER Das Landratsam­t warnt derzeit dringend davor, im Wald spazieren zu gehen. Unter der Schneelast können Äste oder gleich ganze Bäume plötzlich brechen.
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FOTO: MICHEL ESTRADE Mit so einem frostigen Nachbarn im Garten hatte der Schokolade­nosterhase wohl nicht mehr gerechnet.

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