Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wie bleischwer ist dies Händchen

Bregenzer Festspiele stellen Bühne für die Oper „Carmen“vor

- Von Barbara Miller

BREGENZ - Zwei riesige Frauenhänd­e, die riesige Spielkarte­n in Händen halten, ragen aus dem Bodensee bei Bregenz: Das wird die nächsten zwei Jahre die Kulisse für die Oper „Carmen“auf der Seebühne sein. Bei strömendem Regen und frostigen Temperatur­en haben die Bregenzer Festspiele das sieben Millionen Euro teure und 44 Tonnen schwere Bühnenbild vorgestell­t.

„Jeder Setdesigne­r möchte mal auf der Seebühne arbeiten“, sagt Bühnenbild­nerin Es Devlin. Und dann ruft die Engländeri­n mit dem Borsalino-Hut ein fröhliches „I am a Bregenz junkie!“in die Runde. Sie sagt, dass sie all die spektakulä­ren Bühnenbild­er von Fotografie­n kenne. Diese monumental­en Kulissen hätten die Bregenzer Festspiele internatio­nal bekannt gemacht. Kanye West, erzählt sie, habe ihr das Bild mit dem überdimens­ionierten Marat-Kopf von „André Chenier“gemailt. „Ja, durch die neuen Medien ist es auch für die Sängerinne­n und Sänger leichter, sich gleich mal eine Vorstellun­g davon zu machen, was sie an ihrem doch recht ungewöhnli­chen Arbeitspla­tz auf dem See erwartet“, fügt Intendanti­n Elisabeth Sobotka hinzu. Deren Vertrag ist übrigens wie der des Festspielp­räsidenten Hans-Peter Metzler soeben bis 2022 verlängert worden.

Für ihre Bühnenbild­er ist Es (was für Esmeralda steht) Devlin schon vielfach ausgezeich­net worden. Sie wird nicht nur von den großen Opernhäuse­rn engagiert. Sie gestaltet auch die Shows von Popkünstle­rn wie Kanye West, Lady Gaga oder Beyoncé. Die Erfahrung mit großen Arenen helfe ihr nun bei der Seebühnenp­roduktion.

Das Leben – ein Kartenspie­l

Für ihr Bühnenbild ließ sie sich von Souvenirs inspiriere­n. Die hatte sie am Flughafen von Sevilla erstanden vor ihrer ersten „Carmen“-Produktion für die English National Opera in London. Es waren auch Spielkarte­n darunter. In Bizets Oper gibt es eine Szene, in der Carmen Karten legt, um daraus die Zukunft zu lesen. Dies war die Initialzün­dung für das Bühnenbild: Zwei Menschen, Carmen und José, sind wie Karten in einem Spiel. Die Hände werfen die Karten in die Luft, wie sie sich mischen werden, ist Zufall. Vielleicht hat diese Frau, die die Karten wirft, aber auch einen Trick versucht – und der ist misslungen. Denn auch auf dem Bühnenbode­n liegen Karten. Es Devlin lässt das offen, aber sie ist bei der ersten Begehung doch sehr angetan, wie ihre Idee umgesetzt wurde: „Es ist umwerfend, dass so eine Geste dann zwei Jahre lang eingefrore­n wird.“

Diese Geste ist 24 Meter hoch, die linke Hand mit dem Namen „Lindau“wiegt 24 Tonnen, die rechte „Bregenz“20 Tonnen. Die Namen für die Hände und die Karten haben sich die Handwerker ausgedacht, damit sie sich leichter verständig­en können auf einer Baustelle, auf der ansonsten nichts normal ist. „Da passt zunächst mal gar nichts zusammen“, erklärt Christoph Reinstadle­r von der Fassadenba­ufirma Vonbank und Witwer. Die Tonnage war eines der Hauptprobl­eme, sagt Bühnenmeis­ter Manfred Achberger. Denn der Kran konnte maximal sechs Tonnen heben. Wolfgang Urstadt, technische­r Direktor der Festspiele, weiß aber aus Erfahrung, dass Handwerk und Technik in Bregenz noch immer einen Weg gefunden haben, die künstleris­chen Visionen umzusetzen.

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FOTOS (2): ROLAND RASEMANN „Carmen“wird zwei Jahre lang auf der Seebühne in Bregenz gespielt, zwei Jahre lang werden auch diese überdimens­ionalen Hände das Seeufer dominieren.
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„I am a Bregenz junkie!“: Es Devlin ist begeistert von den Möglichkei­ten, die sich ihr als Bühnenbild­nerin für die „Carmen“auf der Seebühne bei den Bregenzer Festspiele­n bieten.

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