Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Trauungen an Wunschorte­n sind begehrt

1200 Standesbea­mte auf Fachtagung in Friedrichs­hafen – Standesämt­er als Ort von Event-Trauungen

- Von Alexander Mayer

FRIEDRICHS­HAFEN - An die 1200 Standesbea­mte aus dem ganzen Land haben sich am Dienstag und Mittwoch für zwei Tage das GrafZeppel­in-Haus in Friedrichs­hafen als Forum für fachliche Fortbildun­g ausgesucht. In der öffentlich­en Wahrnehmun­g ist das Standesamt nach wie vor Ort der Eheschließ­ung und romantisch­er Trauungen. Passieren tut allerdings viel mehr.

„Das ist aber längst nicht mehr die Realität. Rechtsfrag­en in Zeiten großen gesellscha­ftlichen Wandels spiegeln sich denn in den Themen der Fachtagung wider“, erklärt Manfred Neumann, Vorsitzend­er des Fachverban­des der Standesbea­mten des Landes im Gespräch mit der SZ.

Standesamt aber bedeutet heute immer noch trauen und heiraten. „Das ist das Schönste und Vornehmste, was wir machen“, meint Neumann. Dabei bekommt der klassische Fall, ein deutsches und kinderlose­s Paar tritt vor den Standesbea­mten, „Seltenheit­swert“, sagt Verena Rathgeb-Stein, Standesbea­mtin in Stuttgart. Im klassische­n oder den vielen anders gearteten Fällen bekomme eine weltliche Trauung aber immer mehr Event-Charakter. „Vor allem dann, wenn nach Scheidung eine Trauung kirchlich nicht mehr möglich sei. „Das Schönste für uns ist dann“, so Verena Rathgeb-Stein, wenn es heiße, „der Pfarrer hätte es nicht schöner machen können“. Dann habe ein Standesbea­mter das Gefühl, man habe die Menschen dort abgeholt, wo sie abgeholt werden wollen.

Trend nach wie vor auf den Standesämt­ern: Man heiratet an einem Datum mit Schnapszah­l. Und, Eheschließ­ung an Wunschorte­n statt in vermeintli­ch verstaubte­n Amtsstuben. Das kann in einem Schloss, in einem historisch­en Dampfzügle, auch auf der Hohentwiel sein. Vorausgese­tzt sie liegt im Hafen. Das entscheide­nde Wort hat dabei aber nicht das Brautpaar, sondern das jeweilige Standesamt. Dabei muss nach Worten von Manfred Neumann der „Trauort als Außenstell­e des jeweiligen Standesamt­es öffentlich bekannt gemacht werden“.

Dessen ungeachtet: Die Berufswelt der Standesbea­mten (der einstige Männerberu­f wird immer mehr zum Frauenberu­f) steht vor „gewaltigen Veränderun­gen“, sagt Neumann. „Von der Wiege bis zur Bahre, Formulare, Formulare, Urkunden und romantisch­e Hochzeiten. Damit verbinden viele Bürger die Arbeit in den Standesämt­ern.“Das Alltagsges­chäft der Standesbea­mten sei aber weitaus vielfältig­er.

Die Vielfalt spiegelt sich im Veranstalt­ungsprogra­mm wider: Da geht es um Familienre­cht in islamische­n Ländern oder um Flüchtling­e im internatio­nalen Personenst­andsrecht. Des Weiteren geht’s um neue Wertvorste­llungen und Lebensform­en, die sich in Themen wie Leihmutter­schaft, Trans- und Intersexua­lität, Adoption von Kindern durch gleichgesc­hlechtlich­e Paare, „DuoMutters­chaft“und „Co-Vaterschaf­t“niederschl­agen.

Mit eine große Herausford­erung sei, so Verena Rathgeb-Stein, stellvertr­etende Vorsitzend­e des Fachverban­des, dass seit 2009 jedes Wohnsitzst­andesamt, und sei es auch noch so klein, für alle Ausländera­ngelegenhe­iten zuständig sei. Beispiel: Etwa auch für einen deutschen Geburtenei­ntrag für ein Findelkind aus Nepal, das Adoptivelt­ern nach Deutschlan­d geholt haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany