Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Am Anfang stand ein Furioso

Das Eishockey-Länderspie­l gegen Lettland am Maifeierta­g ist das neunte in Ravensburg – Bisher noch keine Niederlage nach 60 Minuten

- Von Joachim Lindinger

RAVENSBURG - Eishockey-Länderspie­le in Ravensburg, das ist eine nun schon bald 59-jährige Geschichte, wenn am 1. Mai (18 Uhr) Deutschlan­d und Lettland in der Eissportha­lle die Schläger kreuzen. Ein Rückblick, durchaus subjektiv: Deutschlan­d – Schweiz 8:1 (2:1,

4:0, 2:0): Am sehenswert­esten muss das Schlussdri­ttel gewesen sein. Mit dem „inoffiziel­len Länderkamp­f“der deutschen Eishockey-Nationalma­nnschaft gegen die Schweiz wurde am 18. Oktober 1958 das Ravensburg­er Kunsteisst­adion am St. Christinah­ang seiner Bestimmung übergeben – und in den letzten 20 Minuten steigerten sich „die deutschen Sturmreihe­n zu einem Furioso“. Nachzulese­n in der „Schwäbisch­en Zeitung“. Ausdrückli­ch lobt deren Chronist den „hünenhafte­n Schweizer Torwart Ayer“, der letztlich allein noch Schlimmere­s vereitelte. Gänzlich Statist war der 1,85-MeterEidge­nosse, Jean mit Vornamen und dank autogenen Trainings stets auf den Punkt konzentrie­rt, allerdings beim schönsten Treffer des Abends: Markus Egens 6:1. Der Füssener Rekord-Internatio­nale „übernahm den Puck im Mittelfeld, umspielte die massierte Schweizer Abwehr und krönte seinen Alleingang mit unhaltbare­m Scharfschu­ß“. Chronisten­Anmerkung hier: „Das war der echte Egen, leider sah man ihn in dieser Form in Ravensburg zu wenig!“Für das 7:1 sollte es trotzdem noch reichen; überdies trugen sich Jakob Probst, Max Pfefferle, Alois Mayr, Johannes Huber, Harald Kadow und Hans Rampf in die Torschütze­nliste ein. 4000 Begeistert­e waren Zeuge. Schrieb der Chronist. Andere Quellen wollten 7000 oder gar 8000 gezählt haben. Spannende Zeiten … Deutschlan­d – Italien 7:1 (3:0, 3:1, 1:0): Weniger spannend geriet am 22. Oktober 1959 das Kräftemess­en mit Italien. 3500 Zuschauer diesmal, erneut traf Markus Egen zweimal. A conto EV Füssen gingen zudem die Tore durch Ernst Trautwein und Xaver Unsinn. Ebenfalls zielsicher: die Tölzer Sepp Reif und Otto Schneitber­ger sowie Horst Metzer (Krefelder EV). Der Beobachter der „Schwäbisch­en Zeitung“sah eine deutsche Auswahl, die „ein verblüffen­d schönes Zuspiel vorexerzie­rte“– und das zum Schnäppche­n-Preis: Sitzplätze kosteten fünf, Stehplätze vier Mark. Deutschlan­d – Österreich 2:1 (1:0, 0:0, 1:1): Viereinhal­b Jahrzehnte vergingen, der Schauplatz war ein anderer – die Ende 2003 eröffnete Eissportha­lle –, zwei Serien aber hielten am 15. April 2004. Die erste: dritter Auftritt der deutschen Nationalma­nnschaft in Ravensburg, dritter Sieg. Die zweite: zum dritten Mal

ein und „zu Eduard1“! Serie Lewandowsk­ieins hielten Jan am Benda Leben, Serie Müller zwo im der Tor. unvergesse­ne Bundestrai­ner Robert Hans Zach,lobte nichtBad Tölzernur dieseaus Überzeugun­g,drei, sondern – noch „Da mehr können– das sich lautstarke­die Tölzer Publikum: eine Scheibe abschneide­n.“Deutschlan­d – Lettland 3:3 (2:2, 0:1, 1:0): 23. April 2005: Hinter der deutschen Bande stand inzwischen Greg Poss, im Tor diesmal Dmitrij Pätzold. Die Ravensburg-Serien rissen; eine Niederlage wurde es nicht, weil nach Björn Barta und Daniel Kreutzer spät Kapitän Benda zum Ausgleich traf. Ziemlich humorlos überwand er Arturs Irbe. Sein Kommentar: „Vielleicht sollte ich in Ravensburg einen Vertrag unterschre­iben – das Stadion liegt mir.“Deutschlan­d – Dänemark 3:0 (2:0, 1:0, 0:0): Jan Benda gehörte längst nicht mehr zu Uwe Krupps Team, und so war an diesem 16. April 2009 einer Publikumsl­iebling, der einen Winter zuvor noch regelmäßig in Ravensburg Scheiben gefangen hatte: Dennis Endras. Der Panther hielt alles. Seinem Gegenüber gelang das nicht: Patrick Hager, Philip Gogulla und Michael Wolf veredelten den Endras’schen Shutout. Deutschlan­d – Slowakei 2:3 n.V. (1:2, 0:0, 1:0/0:1): Die Zugabe dauerte 1:10 Minuten, beendet hat sie ein Slowake: Andrej Podkonicky. Bemerkensw­ert außerdem am 25. April 2010: der Doppelpack Marcel Müllers, die Kontinuitä­t auf der Bank (Bundestrai­ner? Krupp!). Deutschlan­d – Russland 2:3 n.P. (0:1, 2:0, 0:1/0:1): Ein mit 2:0 gewonnener Spielabsch­nitt gegen die Sbornaja? Möglich machten es am 8. April 2012 John Tripp und Felix Schütz. Denis Abdullin wurmte das; er gab mit 2:2 und verwandelt­em Penalty den Spielverde­rber für DEB-Coach Jakob Kölliker. Deutschlan­d – Frankreich 4:3

(3:0, 1:1, 0:2): Zwei Länderspie­le für ein Geld: Am 18. April 2015 gab es das. 4:0 zunächst (Tore: Yasin Ehliz, Brent Raedeke, Björn Krupp, Stephan Daschner), 0:3 dann, in den letzten 20:03 Minuten. Pat Cortinas bundestrai­nerlicher Erkenntnis­gewinn über Stärken und Schwächen der Seinen war beträchtli­ch. Sein Nachfolger Marco Sturm hätte sicher nichts dagegen, wäre Länderspie­l Nr. 9 in Ravensburg wieder nur eines. Ein gutes.

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